5.2. Unterscheidende Merkmale
Overview
In T 4/83 (ABl. 1983, 498) vertrat die Kammer die Auffassung, dass bei der Prüfung auf Neuheit berücksichtigt werden sollte, dass alle Informationen in einer Patentschrift, die dem Fachmann eine technische Lehre vermitteln, zum Offenbarungsgehalt gehören, und zwar unabhängig davon, ob sie unter den Schutzbereich der Patentansprüche fallen und welchem Zweck sie dienen.
Nach T 223/05 ist die Auslegung des Schutzumfangs eines Patents nicht Aufgabe des EPA, sondern gemäß Art. 64 und 69 EPÜ 1973 Aufgabe der für Verletzungsklagen zuständigen nationalen Gerichte (T 740/96, T 442/91). Insbesondere bietet Art. 69 EPÜ 1973 keine Grundlage dafür, bei der Beurteilung der Neuheit in einen Anspruch Merkmale hineinzulesen, die sich in der Beschreibung finden (T 1208/97).
- T 857/20
Catchword:
Neuheitsschädlich sind nur solche Vorrichtungen, deren offenbarte Merkmale all jene der Erfindung vorwegnehmen, einschließlich etwaiger Strukturen und Funktionalitäten, die durch ein Verfahrensmerkmal bedingt sind. Wenn eine Vorrichtung ihre beanspruchte Funktionalität im Zusammenwirken mit einer nicht mitbeanspruchten Gegenstruktur entfalten kann, so ist auch diese Erfindung nur neuheitsschädlich vorweggenommen, wenn ihre strukturellen und funktionalen Merkmale bereits vor dem Anmeldetag unmittelbar und eindeutig offenbart worden sind. Auch wenn die Gegenstruktur nicht mitbeansprucht ist, erscheint es im Rahmen der Prüfung von Artikel 54 EPÜ unzulässig, sich eine beliebige Struktur auszudenken, die für die Erreichung der Funktionalität eingesetzt werden könnte, wenn eine solche im Stand der Technik nirgends auch nur ansatzweise gezeigt ist. (Siehe Gründe 3.5 bis 4.2)
- Sammlung 2023 “Abstracts of decisions”