3. Vom EPA erteilte Auskünfte
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern erfordert der Grundsatz des Vertrauensschutzes, der das Verfahren zwischen EPA und Anmelder beherrscht, dass Bescheide für den Anmelder klar und unmissverständlich sind, d. h., dass Bescheide so abgefasst sein müssen, dass Missverständnisse bei einem vernünftigen Adressaten ausgeschlossen sind. Eine Mitteilung des EPA mit einer falschen Auskunft, die den Anmelder zu einer Handlung verleitet, die die Zurückweisung seiner Patentanmeldung zur Folge hat, ist in vollem Umfang nichtig und wirkungslos (J 2/87, ABl. 1988, 330). Vertraut ein Anmelder einem missverständlichen Bescheid, so darf ihm daraus kein Nachteil erwachsen (J 3/87, ABl. 1989, 3; J 23/14). Er ist vielmehr so zu behandeln, als ob er die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt hätte, wenn er die missverständliche Benachrichtigung zur Grundlage seines Verhaltens macht (J 1/89, ABl. 1992, 17).
In T 2092/13 kam die Kammer zu dem Schluss, dass eine Mitteilung der Prüfungsabteilung missverständlich war und den Beschwerdeführer irregeführt hatte. Unter den gegebenen Umständen hatte die Mitteilung eine realistische und angemessene Erwartung geweckt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer späteren Verneinung der Neuheit und/oder erfinderischen Tätigkeit informiert würde, bevor eine negative Entscheidung erginge. Die angefochtene Entscheidung wurde aufgehoben und die Sache zur weiteren Bearbeitung zurückverwiesen. S. auch T 1423/13.
In J 17/04 stellte die Juristische Beschwerdekammer fest, es liege in der Verantwortung des EPA, Formblätter bereitzustellen, die allen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten klar und eindeutig Rechnung tragen. Im betreffenden Fall sei es dem Anmelder nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes gestattet, sich auf eine mögliche Auslegung des Wortlauts des EPA-Formblatts zu stützen, auch wenn eine andere Auslegung geläufiger sei.