2.2. Formanforderungen an den Einspruch und fristgerechte Einlegung
Die Große Beschwerdekammer wies in G 9/91 (ABl. 1993, 408) darauf hin, dass eine Beschränkung des Einspruchs auf einen bestimmten Teil (Gegenstand) des Patents in der Praxis eher ungewöhnlich ist. In der Regel wird das Patent in seinem gesamten Umfang angefochten. Zu dem Fall, dass aus der Erklärung nach R. 55 c) EPÜ 1973 (R. 76 (2) c) EPÜ) eindeutig hervorgeht, dass das Patent nur in gewissem Umfang angefochten wird, stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass ein Einsprechender, der seinen Einspruch auf einzelne Gegenstände des Patents beschränkt, damit ganz bewusst auf die Ausübung seines im EPÜ vorgesehenen Rechts verzichtet, auch die übrigen unter das Patent fallenden Gegenstände anzugreifen. Diese Gegenstände unterliegen daher genau genommen keinem "Einspruch" im Sinne der Art. 101 und 102 EPÜ und auch keinem "Verfahren" im Sinne der Art. 114 und 115 EPÜ. Die Erklärung in der Einspruchsschrift dazu, in welchem Umfang gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt wird, ist so auszulegen, wie der Adressat sie unter den gegebenen Umständen verstehen würde (T 376/90, ABl. 1994, 906; s. auch T 1/88, in der die Kammer bei der Auslegung nicht eindeutiger Verfahrenshandlungen auf den "objektiven Erklärungswert" abstellte). Die gängige Praxis, das Fehlen dieser Erklärung dahin gehend auszulegen, dass der Einsprechende gegen das Patent als Ganzes Einspruch einzulegen beabsichtigt, wurde jedoch in Anbetracht der Entscheidung G 9/91 kritisch hinterfragt. In T 376/90 bezweifelte die Kammer, dass diese "liberale" Praxis fortgesetzt werden kann. Wenn ernsthafte Zweifel über den Umfang bestehen, in dem gegen das Patent Einspruch eingelegt wird, könnte dieser Ansatz im Extremfall dazu führen, dass der Einspruch als unzulässig verworfen wird (T 376/90). In T 764/06 schloss die Kammer jedoch aus dem Fehlen einer Erklärung nach R. 55 c) EPÜ 1973, wonach das Patent nur in gewissem Umfang angefochten wird, dass das Streitpatent als Ganzes angefochten wurde. In T 570/14 war die Kammer der Auffassung, dass die Frage, ob die Ansprüche 5 bis 7 unter den Einspruchsumfang fielen, keine Frage der Zulässigkeit sei.