11.4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr bei Abhilfe
Zur Frage, welches Organ im Falle der Abhilfe für die Entscheidung über die Rückzahlung zuständig ist, ist die durch G 3/03 ABl. 2005, 344) und J 32/95 (ABl. 1999, 733) begründete Rechtslage nunmehr in R. 103 (6) EPÜ festgeschrieben (s. T 625/09, T 206/10). Hält das erstinstanzliche Organ den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr im Falle der Abhilfe für nicht begründet, so muss es den Rückzahlungsantrag der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorlegen (J 32/95). In G 3/03 entschied die Große Beschwerdekammer, wie folgt: Wird einer Beschwerde gemäß Art. 109 (1) EPÜ 1973 abgeholfen, so ist das erstinstanzliche Organ, dessen Entscheidung angefochten wurde, nicht dafür zuständig, einen Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurückzuweisen. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag liegt bei der Beschwerdekammer, die nach Art. 21 EPÜ 1973 in der Sache für die Beschwerde zuständig gewesen wäre, wenn ihr nicht abgeholfen worden wäre. G 3/03 wurde z. B. in T 1379/05, T 1315/04, T 245/05, T 1863/07 und T 2352/13 angewendet.
In T 21/02 unterschied die Kammer die Sachlage von der in G 3/03 und J 32/95 und erklärte, dass sie nicht befugt sei, über den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zu entscheiden, da der Antrag ohne eine anhängige Beschwerde gestellt worden sei und somit nicht als Nebensache im Rahmen des Beschwerdeverfahrens behandelt werden könne. Eine Beschwerde, der die erste Instanz vollständig abgeholfen hatte, war somit nicht mehr anhängig, als ein Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr eingereicht wurde (s. auch T 1703/12, T 2134/12, T 2008/14).
In T 242/05 stellte die Kammer fest, dass sobald einer Beschwerde abgeholfen wird, diese res judicata ist. Mangels anhängiger Beschwerde ist jeder nach der Abhilfeentscheidung gestellte Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr – sei es vor der Prüfungsabteilung oder vor der Beschwerdekammer, die für die Beschwerde zuständig gewesen wäre – unzulässig (s. auch T 70/08).
In T 893/13 wich die Kammer von T 21/02 und T 242/05 ab und stellte Folgendes fest: Da die Prüfungsabteilung nicht befugt ist, zu entscheiden, dass die Beschwerdegebühr nicht zurückgezahlt wird, kann eine Abhilfe ohne Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht als Entscheidung aufgefasst werden, die Gebühr nicht zurückzuzahlen. Die Kammer erklärte weiter, dass die Rückzahlung der Beschwerdegebühr auch nach der Abhilfe noch wirksam beantragt werden kann, denn gemäß R. 103 (3) EPÜ (jetzt R. 103 (6) EPÜ) entscheiden in allen anderen Fällen die Beschwerdekammern über die Rückzahlung, und zwar unter lediglich zwei Voraussetzungen: nämlich dass die Entscheidung berichtigt und die Beschwerdegebühr nicht durch die Prüfungsabteilung zurückgezahlt wurde.
In T 657/17 gewährte die Prüfungsabteilung Abhilfe, doch wurde die Angelegenheit an die Kammer verwiesen, die über die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entscheiden sollte, ohne dass ein Antrag auf Rückzahlung vorlag. Die Kammer berief sich auf G 3/03 (Nr. 3 der Gründe), wonach – wenn kein Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr gestellt wurde – die erste Instanz in ihrer Abhilfeentscheidung nach Art. 109 (1) EPÜ nicht auf die Frage der Rückzahlung der Beschwerdegebühr eingehen sollte und der Beschwerdeführer durch die Entscheidung nicht beschwert würde. In der vorliegenden Sache hätte die Frage der Rückzahlung der Beschwerdegebühr daher nicht an die Kammer verwiesen werden dürfen, und die Kammer war nicht befugt, darüber zu entscheiden.
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