MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilung vom 1. Dezember 2001 über die Änderung der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen und der Gebührenordnung
Mit Beschluß vom 28. Juni 2001 hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation die Ausführungsordnung zum EPÜ und die Gebührenordnung geändert1. Die Änderungen treten am 2. Januar 2002 in Kraft.
1. Die Ergänzung der Überschrift - "Erfordernisse für den Eintritt in die europäische Phase" - verdeutlicht den Regelungsgegenstand.
Neue Einheitsfrist von 31 Monaten für den Eintritt in die europäische Phase vor dem EPA
2. In Regel 107 selbst wurde der erste Absatz geändert: Die derzeit geltenden unterschiedlichen Fristen für den Eintritt einer Euro-PCT-Anmeldung in die europäische (regionale) Phase werden durch die Einheitsfrist von einunddreißig Monaten nach dem Anmeldetag oder (wenn eine Priorität in Anspruch genommen worden ist) nach dem frühesten Prioritätstag ersetzt, bis zu deren Ablauf die in den unveränderten Buchstaben a bis h aufgeführten Handlungen vorzunehmen sind.
3. Die ab 2. Januar 2002 geltende Regelung führt dazu, daß
- der Anmelder für den wirksamen Eintritt in die europäische Phase nunmehr statt der bisherigen 21-Monatsfrist immer2 die 31-Monatsfrist für die Erfüllung der vorgeschriebenen Erfordernisse zu beachten hat, und
- das EPA eine internationale Anmeldung nicht vor Ablauf der neuen Einheitsfrist von einunddreißig Monaten nach ihrer Einreichung oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, nach dem frühesten Prioritätstag, prüfen oder bearbeiten darf (Artikel 23 (1) PCT) - gleichgültig, ob das EPA als Bestimmungsamt (nach Kapitel I PCT) oder als ausgewähltes Amt (nach Kapitel II PCT) tätig wird.
Übergangsbestimmung
4. Die Übergangsbestimmung sieht vor, daß die neue Einheitsfrist von einunddreißig Monaten für alle internationalen Anmeldungen gilt, für die am 2. Januar 2002 die nach Regel 107(1) EPÜ vorgeschriebenen Handlungen noch nicht wirksam vorgenommen worden sind, und die Frist für deren Vornahme nach Regel 107(1) EPÜ in der bisherigen Fassung noch nicht abgelaufen ist.
Vorgezogener Eintritt in die europäische Phase
5. Auf ausdrücklichen Antrag des Anmelders hin kann das EPA die Bearbeitung einer internationalen Anmeldung vor Ablauf der bisher geltenden Frist von 21 Monaten aufnehmen (Artikel 23 (2) PCT). Ein derartiger Antrag gilt vom Inkrafttreten der Neuregelung am 2. Januar 2002 an als gestellt, wenn der Anmelder alle Erfordernisse für den Eintritt in die europäische Phase bereits vor Ablauf der bisher geltenden 21-Monatsfrist vollständig erfüllt hat. Hat der Anmelder jedoch diese Erfordernisse nicht alle erfüllt, nimmt auch das EPA die Bearbeitung vor Ablauf der neuen Einheitsfrist von 31 Monaten nicht auf.
Wichtiger Hinweis: Fortgeltung der 20-Monatsfrist vor anderen Bestimmungsämtern
6. Die neue Einheitsfrist von 31 Monaten gilt vom 2. Januar bis zum 1. April 2002 nur für den Eintritt in die europäische Phase vor dem EPA. Vor allen anderen Bestimmungsämtern müssen die Anmelder für den Eintritt in die jeweilige nationale (regionale) Phase zumindest bis zum 1. April 2002 (siehe 7) weiterhin die kurze Mindestfrist von 20 Monaten3 nach Artikel 22 PCT einhalten, es sei denn, sie haben vor Ablauf von 19 Monaten seit dem frühesten Prioritätstag eine internationale vorläufige Prüfung beantragt, wodurch sich die Frist für den Eintritt in die nationale Phase auf 30 Monate verlängert.
7. Mit Beschluß der Versammlung der PCT-Union vom 4. Oktober 20014 ist nunmehr auch Artikel 22 (1) PCT geändert worden. Danach wird mit Wirkung zum 1. April 2002 die Frist zum Eintritt in die nationale (regionale) Phase generell von 20 auf 30 Monate verlängert. Allerdings können Bestimmungsämter übergangsweise (bis zur Anpassung ihrer nationalen Regelungen) an der alten Frist festhalten; das Internationale Büro der WIPO wird die fraglichen Ämter rechtzeitig bekannt geben5.
Formblatt 1200
8. Mit dem Inkrafttreten der Änderung zum 2. Januar 2002 wird eine Neufassung des Formblatts 1200 bereitgestellt6, dessen Verwendung nachdrücklich empfohlen wird.
9. Regel 108 EPÜ betraf bisher nur die Folgen der Nichtzahlung der nationalen Gebühr. Künftig umfaßt sie auch die Folgen der Nichterfüllung anderer Grunderfordernisse für den Eintritt in die europäische Phase, die früher an verschiedenen Stellen im PCT und im EPÜ geregelt waren. Die Überschrift der Regel ist entsprechend geändert worden.
10. Regel 108(1) EPÜ wurde dahin ergänzt, daß die europäische Patentanmeldung auch dann als zurückgenommen gilt, wenn die Übersetzung der internationalen Anmeldung nicht rechtzeitig eingereicht, oder der Prüfungsantrag nicht rechtzeitig gestellt, oder die Recherchengebühr nicht rechtzeitig entrichtet, oder keine Benennungsgebühr rechtzeitig entrichtet worden ist.
11. Mit dem neuen Absatz 3 ist eine Spezialvorschrift geschaffen worden, die an die Stelle der bisher anwendbaren Regeln 85a, 85b und 69 EPÜ tritt. Das EPA kann künftig, eine Euro-PCT-Akte nach Absendung einer einzigen Mitteilung schließen, wenn der Anmelder kein Interesse an der Einleitung der europäischen Phase hat.
12. Vorrangiger Zweck der Änderung ist es, ein effizienteres und dennoch für die Anmelder sicheres Verfahren einzurichten, wenn die nach Regel 107(1) EPÜ vorgeschriebenen Handlungen nicht rechtzeitig vorgenommen worden sind. In diesem Fall ergeht eine Mitteilung, wonach die Anmeldung als zurückgenommen gilt (wegen der Benennungsgebühren siehe 14 - 16). Gleichzeitig erhält der Anmelder den Hinweis, daß der Rechtsverlust als nicht eingetreten gelten wird, wenn innerhalb einer Nachfrist von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung die versäumten Handlungen nachgeholt werden und eine Zuschlagsgebühr entrichtet wird. Werden diese Erfordernisse rechtzeitig erfüllt, wird die Anmeldung normal weiterbearbeitet. Andernfalls wird die Rechtsverlustmitteilung rechtskräftig, und die Akte wird geschlossen.
13. Dieses neue Verfahren schließt erstmalig auch den Fall der nicht rechtzeitigen Einreichung der Übersetzung der Anmeldung ein: der Anmelder erhält die Möglichkeit der Nachreichung der Übersetzung unter Zahlung einer Zuschlagsgebühr wie im Fall der nicht rechtzeitigen Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühren. Er muß nicht mehr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, es sei denn, daß er auch versäumt hat, diese Nachreichungsmöglichkeit zu nutzen.
Benennungsgebühren
14. Regel 108(2) EPÜ ist unverändert geblieben.
15. Eine Mitteilung nach Regel 108(3) EPÜ ergeht, wenn der Anmelder bei Eintritt in die europäische Phase die Absicht erklärt hat,
- entweder den siebenfachen Betrag einer Benennungsgebühr zu entrichten (EPO Form 1200, Feld 10.1),
- oder Benennungsgebühren für bis zu sechs eingetragene Staaten zu entrichten (EPO Form 1200, Feld 10.2),
und tatsächlich weniger Benennungsgebühren innerhalb der 31-Monatsfrist der Regel 107(1) EPÜ entrichtet hat als angegebengeben oder Benennungsgebühren für andere Vertragsstaaten als die eingetragenen innerhalb derselben Frist entrichtet hat.
16. Anmelder, die eine Erklärung nach Feld 10.2 des genannten Formblatts abgeben, verzichten auf eine Mitteilung nach Regel 108(3) EPÜ hinsichtlich der Vertragsstaaten, die nicht eingetragen werden. Diese Angabe vereinfacht den weiteren Verfahrensablauf. Es besteht trotzdem die Möglichkeit, Benennungsgebühren für die in dieser Erklärung nicht aufgeführten, jedoch in der internationalen Anmeldung bestimmten Vertragsstaaten innerhalb der Frist der Regel 107(1) EPÜ zu entrichten. Regel 85a(2) EPÜ ist nicht anwendbar.
Erstreckungsgebühren
17. Ein Antrag auf Erstreckung einer Euro-PCT-Anmeldung und des darauf erteilten europäischen Patents gilt als gestellt, sofern in der internationalen Anmeldung das EPA für ein europäisches Patent und ein oder mehrere Erstreckungsstaaten für ein nationales Patent bestimmt wurden (s. Richtlinien A-III, 13). Für jeden Erstreckungsstaat ist innerhalb der für die Zahlung der Benennungsgebühren geltenden Fristen der Regel 107 (1) EPÜ eine Erstreckungsgebühr zu entrichten. Wird eine Erstreckungsgebühr nicht innerhalb dieser Frist oder der in Regel 85a (2) EPÜ genannten Nachfrist (mit Zuschlag von 50 %) entrichtet, so gilt der Erstreckungsantrag als zurückgenommen. Eine Mitteilung nach Regel 108(3) EPÜ ergeht nicht.
Folgeänderungen
18. Die Zuschlagsgebühr nach Regel 108(3) EPÜ ist ähnlich wie in den Fällen der Regeln 85a und 85b EPÜ festgesetzt worden. Der Höchstbetrag von 715 EUR in Artikel 2 Nummer 3b GebO in der geltenden Fassung wurde auf 650 EUR herabgesetzt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß für Anmeldungen mit einem Anmeldetag ab 1. Juli 1999 höchstens sieben Benennungsgebühren zu entrichten sind. Dies ergibt einen rechnerischen Höchstbetrag der Zuschlagsgebühren von insgesamt 674,50 EUR. Der neue Höchstbetrag der Zuschlagsgebühr liegt mit E 650 UR etwas darunter. Dieselbe Berechnung liegt der Zuschlagsgebühr von höchstens 1 750 EUR nach der neuen Nummer 3c zugrunde, einschließlich einer Gebühr von 500 EUR für die verspätete Einreichung der Übersetzung der Anmeldung. Damit wurde ein Betrag gewählt, der deutlich unter der rechnerischen Gesamtsumme aller Zuschlagsgebühren liegt.
19. Die Regeln 85a und 85b EPÜ, die im Fall von Euro-PCT-Anmeldungen nicht mehr anwendbar sind (sie werden durch Regel 108(3) EPÜ als Spezialregelung ersetzt), sind durch Streichung des Hinweises auf Regel 107(1) Buchstaben c, d und e bzw. f angepaßt worden.
Übergangsbestimmung
20. Regel 108 EPÜ sowie Artikel 2 Nummer 3c der Gebührenordnung, jeweils in der geänderten Fassung, gelten für alle internationalen Anmeldungen, für die am 2. Januar 2002 die in Regel 107(1)a) und c) bis f) EPÜ vorgeschriebenen Handlungen noch nicht vorgenommen worden sind und die dort vorgesehene Frist noch nicht abgelaufen ist.
1 siehe ABl. EPA 2001, 373 ff.
2 Künftig spielt es also keine Rolle, ob vor Ablauf der 19-Monatsfrist nach Artikel 39 (1)a) PCT ein Antrag auf internationale vorläufige Prüfung gestellt wurde.
3 Diese Frist beträgt für eine Reihe von Bestimmungsämtern 21 Monate; die jeweils geltende Fristenregelung ist z.B. dem von der WIPO herausgegebenen PCT-Leitfaden für Anmelder zu entnehmen (siehe auch im Internet unter www.wipo.int/pct/en/index.html).
4 PCT Newsletter 10/2001.
5 Z.B. im Internet unter www.wipo.int/pct/en/index.html.
6 siehe ABl. EPA 2001, 564.