T 0275/89 (Stahlradiatoren) 03-05-1990
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1. Bei einem Antrag auf Verlegung eines Termins für eine mündliche Verhandlung reicht die von einem Vertreter abgegebene Begründung, der vertretene Beteiligte (hier Patentinhaberin) sei akut erkrankt, seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sei jedoch erforderlich, jedenfalls ohne Darlegung näherer Umstände, weshalb die Teilnahme des vertretenen Beteiligten notwendig ist, nicht aus, um eine Aufhebung des Termins zu rechtfertigen.
2. Die Vorschriften des Artikels 101 (2) EPÜ und der Regel 58 (3) EPÜ können nicht dahingehend ausgelegt werden, daß die Einspruchsabteilung verpflichtet ist, in jedem Fall mindestens einen Bescheid zu erlassen.
Antrag auf Aufhebung eines Termins für eine mündliche Verhandlung
Verfahrensfehler (nein)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Antrag auf Kostenerstattung (abgelehnt)
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 85 100 650.2, die am 23. Januar 1985 unter Inanspruchnahme der Priorität aus einer Voranmeldung vom 21. März 1984 (DE-84 085 99U) angemeldet worden war, ist am 28. Oktober 1987 das europäische Patent Nr. 0 158 010 mit einem einzigen Patentanspruchs erteilt worden. Dieser Anspruch lautet:
"Glied für Stahlradiatoren, das aus zwei aneinanderliegenden Stahlblechen (1; 1'; 1") verschweißt ist, von denen jedes im Bereich jeder Stirnseite eine Nabe (3), zwischen den Naben mindestens zwei parallel verlaufende Rinnen (4; 4'; 4") und zwischen je zwei Rinnen eine mit der anliegenden Längssicke (5) des anderen Stahlblechs verschweißte Längssicke aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß eine von einem Teil der äußeren Rinne (4') gebildete äußere Seitenwand (7') des einen Stahlblechs (1) höher ist, eine von einem Teil der äußeren Rinnen (4") gebildete niedrigere Seitenwand (7") des anderen Stahlblechs (1") übergreift und mit ihrem Rand (6') unter Bildung einer Schweißnaht (9) direkt mit der anliegenden äußeren Rinne (4") des anderen Stahlblechs (1") verschweißt ist."
II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) am 14. April 1988 Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit beantragt. Zur Stützung ihres Vorbringens hat sie u. a. auf folgende Dokumente verwiesen:
DE-U-1 994 815 (D1)
DE-U-1 915 661 (D2).
III. Mit Entscheidung vom 11. April 1989 hat die Einspruchsabteilung abteilung das Patent widerrufen. In der Entscheidung wird ausgeführt, daß ausgehend von einem Glied für Stahlradiatoren gemäß D1 die verbleibenden Merkmale nach Anspruch 1 von der D2 nahegelegt sind.
IV. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer (Patentinhaber) am 19. April 1989 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 22. Juli 1989 eingereicht.
Der Beschwerdeführer beantragt:
1. Die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten.
2. Die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
3. Die Sache an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
4. Über die vorstehenden Anträge Nr. 2 und 3 vorab zu entscheiden.
5. Hilfsweise, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
V. Was den Antrag auf Zurückzahlung der Beschwerdegebühr anbelangt, wurde vorgetragen, daß seitens der Einspruchsabteilung
i) Artikel 101 (2) sowie Regel 58 (3) EPÜ nicht beachtet und
ii) der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden sei und somit schwerwiegende Verfahrensfehler vorlägen.
Zur näheren Begründung wurde vom Beschwerdeführer ausgeführt, daß die Vorschriften gemäß Artikel 101 (2) und Regel 58 (3) EPÜ nur dahingehend aufgefaßt werden könnten, daß vor Beschlußfassung dem Patentinhaber in zumindest einem Bescheid die der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehenden Gründe mitgeteilt werden sollten. Dies wurde im vorliegenden Fall unterlassen. Weiter sei die Zeit zwischen dem am 10. März 1989 eingegangenen Schreiben der Einsprechenden vom 22. Februar 1989 und der am 11. April 1989 ausgefertigten Beschlußfassung zu kurz gewesen, um eine rechtzeitige sachliche Äußerung hierauf zu ermöglichen. Zudem sei der Beschluß tatsächlich lange vor dem Ausfertigungstag gefaßt worden. Die Eingabe vom 10. April 1989 sei in dem Beschluß nicht mehr berücksichtigt worden.
VI. Zur Frage der von der Einspruchsabteilung verneinten erfinderischen Tätigkeit führte der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung und weiteren Schriftsätzen im wesentlichen folgendes aus:
Unbestritten sei, daß D1 alle im Oberbegriff des Anspruches enthaltenen Merkmale zeige.
Was D2 anbetreffe, werde bestritten, daß die von der Einsprechenden mit Eingabe vom 22. Februar 1989 zu dieser Druckschrift vorgelegte Fotografie zum Stand der Technik gehöre. Die D2 betreffe einen Plattenheizkörper und kein Glied für einen Stahlradiator. Die Angaben in D2 zu den Rändern und der Verschweißung der Blechtafeln erlaubten weder die Schlußfolgerung, daß die Seitenwand des äußeren Stahlblechs höher ist als die Seitenwand des inneren Stahlblechs, noch daß die äußere Seitenwand mit ihrem Rand unter Bildung einer Schweißnaht direkt mit der anliegenden äußeren Rinne des anderen Stahlblechs verschweißt sei.
Selbst für den Fall, daß die zu D2 vorgelegte Fotografie ebenfalls zum Stand der Technik zu rechnen sei, werde bestritten, daß hieraus "Rinnen", wie sie im kennzeichnenden Teil des Anspruchs des Streitpatents angegeben sind, bekannt seien. Auch sei hier nicht ersichtlich, daß die übergreifende Seitenwand des äußeren Stahlblechs höher als die Seitenwand des inneren Stahlblechs sei. Daher seien selbst in Anbetracht der Fotografie wesentliche Teile des Kennzeichens des Anspruchs nicht bekannt.
Der Fachmann habe somit nicht dazu angeregt werden können, ein aus D1 bekanntes Glied für Stahlradiatoren so auszubilden, wie es im Anspruch des Streitpatents gefordert werde.
Weiter sollte beachtet werden, daß der Fachmann zwar bei ebenen Plattenheizkörpern, wie in D2 gezeigt, an Unsymmetrie gewöhnt sei, jedoch Glieder für Stahlradiatoren bisher immer aus zwei gleichen profilierten Hälften gefertigt worden seien. Die Abkehr von diesem System unter Inkaufnahme zweier ineinandergesteckter ungleicher Hälften, dafür aber Erzielung von Vorteilen bezüglich der Verminderung vorspringender Kanten und einfacher Schweißung, spreche für eine erfinderische Leistung.
Auch die unterschiedliche Fertigungsweise des Plattenheizkörpers aus D2, wobei die Bleche abgekantet und nicht durch Tiefziehen profiliert werden wie bei dem Glied nach dem Streitpatent, habe den Fachmann davon abgehalten, bei Plattenheizkörpern bekannte Ausbildungen auf Stahlradiatoren zu übertragen. Zu beachten sei zudem noch, daß aus Gliedern gemäß der Erfindung aufgebaute Stahlradiatoren inzwischen viele Auszeichnungen erhalten hätten und seit sehr langer Zeit die erste wirkliche Weiterentwicklung auf diesem Gebiet darstellten. Die neuen Radiatorglieder seien für den Austausch von DIN-Radiatoren geeignet und wiesen diesen gegenüber noch zusätzliche Vorteile, wie z. B. eine erleichterte Reinigung auf.
VII. In der einer Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 3. Mai 1990 beiliegenden Mitteilung der Kammer vom 22. Januar 1990 wurden die Parteien davon unterrichtet, daß nach vorläufiger Auffassung der Kammer bei dem Gegenstand des einzigen Patentanspruchs aufgrund der Offenbarungen der D1 und D2 eine erfinderische Tätigkeit zu fehlen scheine.
VIII. In einem am 30. April 1990, 15.16 Uhr beim EPA eingegangenen Telefax beantragte der Vertreter des Beschwerdeführers, den Termin für die mündliche Verhandlung aufzuheben, mit der Begründung, daß der Patentinhaber akut erkrankt, seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung jedoch erforderlich sei.
In der mündlichen Verhandlung, welche nach Ablehnung des obigen Antrags durch die Kammer am 3. Mai 1990 stattfand, ist seitens des Beschwerdeführers niemand erschienen.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung folgendes vorgetragen:
Ausgehend von dem aus der D1 bekannten Stand der Technik bestehe die Aufgabe nur noch darin, das Schweißen zu vereinfachen, denn die Bleche aus D1 hätten ebenfalls keine vorspringenden Kanten.
Die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 seien aus der D2 bekannt. Aus der Beschreibung und insbesondere auch aus den Ansprüchen der D2 gehe hervor,
daß die zu verschweißenden Teile ineinandergesteckt und, von der Vorderseite unsichtbar, an der Rückseite verschweißt werden, so daß selbst ohne Berücksichtigung der Fotos die Offenbarung der Beschreibung für den Fachmann eindeutig sei. Der Stand der Technik gemäß D1 und D2 richte sich an denselben Fachmann, denn beide Arten von Heizkörpern würden üblicherweise in demselben Betrieb hergestellt. Im Hinblick auf die in D2 angesprochene rationelle Fertigung, welche auch die Schweißung betreffe, habe eine Übertragung der Lehre nach der D2 auf die D1 nahegelegen.
Weiter seien gegenüber dem Stahlradiator gemäß D1 die vorgebrachten Effekte bezüglich Design, Reinigung, Vermeidung von scharfen Kanten nicht oder zumindest nicht im geltend gemachten Umfang vorhanden.
Auch treffe die Behauptung, daß der Fachmann bei ebenen Plattenheizkörpern an Unsymmetrie gewöhnt sei, nicht zu, denn auch Plattenheizkörper würden normalerweise mit umlaufendem Steg und symmetrisch liegender Einprägung hergestellt, wie dies bei DIN-Radiatoren üblich sei.
Ebenfalls könne die Tatsache, daß D2 schon etwa 18 Jahre vor der Anmeldung des Patentgegenstands offenbart wurde, nicht für eine erfinderische Tätigkeit sprechen. Wirtschaftliche Faktoren, wie z. B. die nötigen Investitionen für neue Fertigungsstraßen zur Herstellung der geänderten Radiatorteile, könnten hierfür von Bedeutung sein.
X. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde des Patentinhabers. Sie stellte ferner in der mündlichen Verhandlung Antrag auf Erstattung der ihr durch diese Verhandlung entstandenen Kosten. Diesen Antrag begründete sie damit, daß sie bei Kenntnis über das Wegbleiben des Vertreters des Patentinhabers im Hinblick auf die vorläufige Stellungnahme im Bescheid der Kammer sich die Reise nach München ebenfalls erspart hätte.
Sie habe vor ihrem Reiseantritt am Nachmittag des 1. Mai 1990 weder ein Telefax noch irgend eine andere Nachricht von der Beschwerdeführerin erhalten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
Verfahrensrechtliche Fragen.
2. Antrag auf Aufhebung der mündlichen Verhandlung seitens des Beschwerdeführers.
2.1 In der Mitteilung der Vizepräsidenten der Generaldirektionen 2 und 3 vom 14. Februar 1989 über mündliche Verhandlungen vor dem EPA (ABl. EPA , 1989, 132) wird darauf hingewiesen, daß das Amt grundsätzlich bestrebt ist, die Verfahren möglichst rasch zum Abschluß zu bringen (wie dies übrigens auch von der Beschwerdeführerin in Punkt VIII der Beschwerdebegründung ausdrücklich verlangt wurde).
Dies setzt nach Auffassung der Kammer voraus, daß nach Ergehen einer Ladung zur mündlichen Verhandlung einem Antrag auf Änderung des festgesetzten Termins nur stattgegeben werden kann, wenn unvorhergesehene, außergewöhnliche Umstände eintreten, die eine Verhandlung entweder unmöglich machen (z. B. akute Erkrankung des Vertreters bzw. eines unvertretenen Beteiligten) oder für den Verfahrensablauf entscheidungswesentliche Folgen nach sich ziehen können (z. B. unvorhergesehene Verhinderung eines wichtigen Zeugen oder Sachverständigen).
Im vorliegenden Fall machte die Erkrankung des Patentinhabers die Verhandlung nicht unmöglich, denn er hatte ja einen durch allgemeine Vollmacht bestellten Vertreter, durch den seine prozessuale Anwesenheit gesichert gewesen wäre. Daß der Patentinhaber trotz Bestellung eines Vertreters auch unmittelbar im Verfahren vor der Kammer hätte handeln können, steht dem nicht entgegen. Hinsichtlich der Frage, ob die Anwesenheit des Beschwerdeführers für die zu treffende Entscheidung möglicherweise hätte wesentlich sein können, stellt die Kammer fest, daß in dem am 30. April 1990 eingegangenen Telefax jegliche Begründung für die Behauptung, daß die Teilnahme des Beschwerdeführers an der mündlichen Verhandlung erforderlich ist, fehlt. Die Kammer kann von sich aus bei dem sachlich klaren technischen Sachverhalt und im Hinblick auf die umfangreichen schriftlichen Äußerungen des Beschwerdeführers zu den anstehenden technischen und patentrechtlichen Fragen keine Umstände erkennen, die eine Anwesenheit des Patentinhabers bei der Verhandlung hätten erforderlich machen können.
Hierbei ist zu beachten, daß etwaige Handlungen oder Äußerungen des Patentinhabers im Verfahren nicht als Handlungen oder Erklärungen eines Zeugen oder Sachverständigen betrachtet werden können.
Zusammenfassend ist die Kammer der Auffassung, daß bei einem Antrag auf Verlegung eines Termins für eine mündliche Verhandlung die von einem Vertreter abgegebene Begründung, der vertretene Beteiligte (hier Patentinhaber) sei akut erkrankt, seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sei jedoch erforderlich, jedenfalls ohne Darlegung näherer Umstände, weshalb die Teilnahme des vertretenen Beteiligten notwendig ist, nicht ausreicht, um eine Aufhebung des Termins zu rechtfertigen.
Der Antrag auf Aufhebung der mündlichen Verhandlung war somit zurückzuweisen.
Aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit war eine vorherige schriftliche Entscheidung über diesen Antrag ausgeschlossen.
Bei dieser Sachlage war gemäß Regel 71 (2) das Verfahren ohne den Beschwerdeführer fortzusetzen.
3. Anträge 2 bis 4 des Beschwerdeführers
3.1 Im Hinblick auf diese Anträge ist es nach Auffassung der Kammer zweckmäßig, vor der Prüfung der eigentlichen Beschwerde zu untersuchen, ob ein Verfahrensfehler der Einspruchsabteilung vorliegt, der eine Zurückverweisung an diese Instanz und die Zurückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen würde.
3.2 Die zur Stützung seines Einwands der Verletzung des rechtlichen Gehörs geäußerte Ansicht des Beschwerdeführers, daß er gemäß Artikel 101 (2) und Regel 58 (3) EPÜ vor Beschlußfassung Anspruch auf mindestens einen Bescheid hätte, in dem ihm die der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehenden Gründe hätten mitgeteilt werden müssen, findet in diesen Vorschriften keine Stütze.
Artikel 101 (2) EPÜ fordert nach Auffassung der Kammer nämlich nicht grundsätzlich, in allen Fällen die der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehenden Gründe in einem Bescheid mitzuteilen, sondern nur in den Fällen, in denen dies "erforderlich" ist. Ein derartiges "Erfordernis" kann sich aus der Sicht der Kammer nur im Hinblick auf eine weitere Sachaufklärung oder aufgrund der Vorschrift des Artikels 113 (1) EPÜ ergeben, wonach die Entscheidung sich nur auf Gründe stützen darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Einspruchsabteilung muß also nur dann einen Bescheid erlassen, wenn sie dies für erforderlich hält, um beispielsweise neue, noch nicht vorgebrachte sachliche oder rechtliche Gründe aufzugreifen oder etwa bestehende Unklarheiten aufzuzeigen. Die Regel 58 (3) EPÜ, welche lediglich Anweisungen bezüglich des Inhalts der ggf. zu erlassenden Bescheide gibt, trägt zu der vorstehenden grundsätzlichen Überlegung nichts bei.
Die Vorschriften des Artikels 101 (2) EPÜ und der Regel 58 (3) EPÜ können daher nach Auffassung der Kammer nicht dahingehend ausgelegt werden, daß die Einspruchsabteilung verpflichtet ist, in jedem Fall mindestens einen Bescheid zu erlassen.
3.3 Die Überprüfung der Sachumstände ergibt im vorliegenden Fall, daß die in der Entscheidung aufgeführten Dokumente DE-U-1 994 815 (D1) und DE-U-1 915 661 (D2) und ihre sachliche und rechtliche Würdigung schon im Einspruchsschriftsatz vom 11. April 1988 enthalten waren. Der Patentinhaber hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu diesem Vorbringen zu äußern (siehe die Eingabe vom 18. Januar 1989). Die Entscheidung der Einspruchsabteilung ist im übrigen nur auf den eindeutigen Offenbarungsgehalt von D1 und D2 gestützt, insbesondere nimmt sie zu D2 nur auf die schriftlichen Unterlagen (also ohne Zuhilfenahme des später eingereichten Fotos) Bezug. Eine Verletzung des Artikels 113 EPÜ hat daher insoweit nicht stattgefunden. Hinsichtlich des hierzu erhobenen weiteren Einwands, die Zeit zwischen Zustellung einer Eingabe der Einsprechenden und Beschlußfassung sei zu kurz gewesen, als daß sie noch eine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt hätte, ist zu bemerken, daß die Einspruchsabteilung etwas mehr als einen Monat gewartet hat, bevor sie ihre Entscheidung traf, wobei es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht darauf ankommt, wann sie möglicherweise mit den Entscheidungsvorbereitungen begonnen hat, sondern allein auf den Ausfertigungstag, bis zu dem ein etwaiges weiteres Vorbringen der Beteiligten berücksichtigt werden konnte. Eine (im vorliegenden Fall überschrittene) einmonatige Frist für ein ohne Fristsetzung lediglich zur Kenntnisnahme zugestelltes Schreiben ist nach Auffassung der Kammer in der Regel noch ausreichend, auch in dieser Hinsicht den Erfordernissen des Artikels 113 EPÜ zu entsprechen. Jedenfalls sind im vorliegenden Fall keine Umstände erkennbar oder geltend gemacht worden, die es dem Beschwerdeführer unmöglich gemacht haben könnten, zu den sich im Rahmen der bisherigen Diskussion haltenden Argumenten der Beschwerdegegnerin Stellung zu nehmen.
Im Hinblick auf die obenstehenden Feststellungen kann den Anträgen 2 und 3 des Beschwerdeführers nicht stattgegeben werden.
Sachliche Prüfung der Beschwerde
4. Der geltende einzige Patentanspruch der EP-B-158 010 geht auf die ursprünglichen Ansprüche 1 und 3 der EP-A-158 010 zurück und erfüllt somit das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ. Auch sonst bestehen gegen ihn keine Einwände in formaler Hinsicht.
5. Neuheit
5.1 Der nächstkommende Stand der Technik ist nach Auffassung der Kammer in der D1 offenbart. Diese Druckschrift beschreibt ein Glied für Stahlradiatoren, das aus zwei aneinanderliegenden Stahlblechen verschweißt ist (Fig. 4), von denen jedes im Bereich jeder Stirnseite eine Nabe besitzt, und das zwischen den Nuten mindestens zwei parallel verlaufende Rinnen und zwischen je zwei Rinnen eine mit der anliegenden Längssicke des anderen Stahlblechs verschweißte Längssicke aufweist (siehe Seite 2, erster Absatz). Die D1 entspricht mithin dem Oberbegriff des Anspruchs.
5.2 Das Glied nach dem Anspruch des Streitpatents unterscheidet sich von diesem bekannten Glied durch die kennzeichnenden Merkmale, nämlich, daß eine von einem Teil der äußeren Rinne (4') des einen Stahlblechs (1') gebildete Seitenwand höher ist als eine von einem Teil einer Rinne (4") des anderen Stahlblechs (1") gebildete Seitenwand (7") und diese übergreift und mit ihrem Rand (6') unter Bildung einer Schweißnaht (9) direkt mit der anliegenden Rinne (4") des anderen Stahlblechs (1") verschweißt ist.
Die Glieder gemäß D1 bestehen dagegen aus symmetrisch ausgebildeten und mit ihren rechtwinklig abgebogenen Außenrändern aneinanderstoßenden und mittels einer Stumpfnaht verschweißten Halbschalen.
Der Gegenstand des Anspruchs ist somit neu.
Da die Neuheit nicht bestritten wurde, erübrigt es sich, auf diese Frage näher einzugehen.
6. Erfinderische Tätigkeit
6.1 Die kennzeichnenden Merkmale führen im Vergleich zu dem aus der D1 bekannten Glied zu einer Vereinfachung des Schweißens und so zu einer weiteren Rationalisierung der Herstellung dieses Massenprodukts.
Die Vereinfachung des Schweißens wird dadurch erreicht, daß durch das Ineinanderstecken der Gliedhälften eine einfache Kehlschweißnaht möglich wird. Gegenüber der bekannten Stumpfnahtschweißung kann auf die genaue Positionierung der Stahlbleche mit rundherum gleichmäßigem Spalt zwischen den Rändern verzichtet werden (siehe auch Spalte 2, Zeilen 50 bis 53 der Streitpatentschrift).
6.2 Ausgehend von D1 stellt sich die objektive Aufgabe, das Schweißverfahren zur Verbindung der Gliedhälften unter Beibehaltung des bereits bei D1 erzielten Vorteils der Vermeidung von vorspringenden scharfen Kanten zu rationalisieren.
Die in der Patentschrift enthaltene Aufgabe gilt daher nur noch insoweit, als sie mit der Verschweißung der Gliedhälfte zu tun hat. Das aus der D1 bekannte Glied, weist nämlich ähnlich wie es in Fig. 2 des Patents gezeigt ist, keinen umlaufenden Steg auf (wie er bei den aus DIN 4722 bekannten Gliedern vorhanden ist), welcher eine scharfe Kante und damit eine Unfallgefahr bildet.
6.3 Im Hinblick darauf, daß die Fachwelt ständig bemüht ist, die Fertigung von Massenprodukten weiter zu optimieren, kann das Stellen der obenstehende Aufgabe nach Ansicht der Kammer nichts zu einer erfinderischen Leistung beitragen.
6.4 Es ist zu unterstellen, daß ein Fachmann, der mit dieser Aufgabenstellung konfrontiert wird, sich auf dem gesamten Gebiet der Heizkörperherstellung näher umsieht, um Anregungen zur Lösung zu erhalten, und dabei insbesondere diejenigen Heizkörper in Betracht zieht, die aus zwei zu verschweißenden Blechtafeln aufgebaut sind. Er wird dabei nach Auffassung der Kammer mit Sicherheit auf die Druckschrift D2 stoßen, denn D2 enthält klare Hinweise auf die Vermeidung von scharfen Kanten und auf eine rationelle Fertigung (siehe Mitte der Textseite).
Durch die Beschreibung der D2 wird er darauf hingewiesen, daß durch Ineinanderstecken der Blechtafeln die Nachteile der genauen Positionierung vor dem Verschweißen der bekannten Stahlbleche vermieden werden.
Dabei sollen nach Absatz 2 der Textseite und gemäß dem dortigen Patentanspruch 1 die zwei ineinandergesteckten Blechtafeln an der Rückseite unsichtbar verschweißt sein. Dies kann vom Fachmann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, wonach die schriftliche Offenbarung der D2 auch die Möglichkeiten gleich hoher Seitenteile oder eines höheren Seitenteils einschließe, nur so verstanden werden, daß die äußere Seitenwand des einen Stahlblechs höher sein muß als die Seitenwand des anderen Stahlblechs, dieses übergreift und mit ihrem Rand unter Bildung einer Schweißnaht dicht mit der anliegenden Wand des anderen Stahlblechs verschweißt ist. Der Fachmann wird mithin schon aus dem Text der D2 unmittelbar auf eine Konstruktion gemäß dem kennzeichnenden Teil des vorliegenden Patentanspruchs hingewiesen.
Der Frage, ob das von der Beschwerdegegnerin eingereichte Foto zu der D2 zum Stand der Technik gehört, braucht daher nicht nachgegangen werden.
Die Anwendung der Lehre der D2 bei dem aus D1 bekannten Glied für Stahlradiatoren führt unmittelbar zu einem Glied, wie es im Streitpatent beansprucht ist.
6.5 Die Argumente des Beschwerdeführers, daß die Kombination der Lehre aus D1 und D2 nicht nahegelegen habe, weil
i) D2 kein Glied für Stahlradiatoren betreffe und daher der Fachmann D2 es nicht in Betracht ziehen würde;
ii) der Fachmann bei Plattenheizkörpern an Unsymmetrie gewohnt war, nicht jedoch bei einem Glied für Stahlradiatoren nach dem Streitpatent; die Abkehr von diesem System unter Inkaufnahme von Nachteilen, wie der Fertigung von zwei ungleichen Gliedhälften, daher ferngelegen habe;
iii) die andere Fertigung (Abkanten statt Formen) der Plattenheizkörperteile ein Hindernis dafür schaffe, Kenntnisse, die bei Plattenheizkörpern gewonnen wurden, bei Gliedern für Stahlradiatoren anzuwenden,
können nach Auffassung der Kammer nicht überzeugen.
Zu i):
Das Stahlradiatoren betreffende Fachgebiet darf, hier stimmt die Kammer mit der Beurteilung durch die Erstinstanz völlig überein, nicht so eng gesehen werden, daß bereits Plattenheizkörper einem anderen Fachgebiet zuzuordnen sind.
Vielmehr geht es in vorliegendem Fall sowohl bei Stahlradiatoren als auch bei Plattenheizkörpern um Heizkörper, welche, wie auch von der Beschwerdegegnerin vorgetragen wurde, in ein und demselben Werk hergestellt und auch von den gleichen Fachleuten entworfen werden.
Bloße Übertragungen von nicht spezifisch mit der speziellen Ausführung als Glied für Plattenheizkörper zusammenhängenden konstruktiven Lösungen, zu welchen die vorliegende Gestaltung der Gliederteile zur Vereinfachung der Schweißung gerechnet werden muß, können daher nach Auffassung der Kammer nicht als erfinderische Leistung gewertet werden.
Zu ii) und iii):
Es handelt sich hierbei um Ansichten bzw. unbewiesene Behauptungen des Beschwerdeführers, die von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung bestritten wurden. Plattenheizkörper würden gewöhnlich genauso wie die DIN Radiatorenglieder aus zwei profilierten Hälften mit einem umlaufenden verschweißten Steg hergestellt. Letztere Auffassung kann überzeugen, denn die Ausführungen in D2 zur Vermeidung von scharfen Kanten dürften ebenfalls, wie im Streitpatent, die Vermeidung eines solchen umlaufenden Steges betreffen.
Auch die Ansicht der Beschwerdegegnerin, daß der Verwendung ungleicher Hälften zur Herstellung eines Stahlradiatoren-Gliedes keine technischen Hindernisse oder gar Vorurteile entgegenstanden, sondern allenfalls ökonomische Überlegungen, da sie große Investitionen an bestehenden Fertigungsstraßen erfordere, erscheint überzeugend. Möglicherweise hat es aus diesen Gründen, obwohl die Vorteile der D2 Plattenheizkörper bekannt waren, offenbar auch keine allgemeine Umstellung auf das aus D2 bekannte Verfahren bei der Herstellung von Plattenheizkörpern gegeben.
6.6 Die weiter von der Beschwerdeführerin angeführten Vorteile, wie verringerte Umfallgefahr, leichtere Reinigung, Formschönheit durch plane Frontfläche, gleiche Nabenabstände wie bei DIN Stahlradiatoren für problemlosen Austausch, einfache Lagerhaltung und Nippelbarkeit, schnelle Regelbarkeit der Temperatur, Verwendungsmöglichkeit für Niedertemperaturbetrieb, unterscheiden nach Auffassung der Kammer den beanspruchten Gegenstand nicht von dem aus D1 bekannten Glied und können daher zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit nichts beitragen.
Hierbei muß beachtet werden, daß die besondere Position der Schweißnaht, wie sie in der Ausführungsform nach Fig. 3 des Streitpatents gezeigt ist, im Anspruch nicht zum Ausdruck kommt und daher für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit des Anspruchsgegenstands nicht in Betracht gezogen werden kann.
6.7 Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß es für den Fachmann naheliegend war, die Lehren von D1 und D2 zu kombinieren, um die objektiv verbleibende übereinstimmende Aufgabe zu lösen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent beruht daher nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ und ist somit nicht patentfähig.
7. Antrag der Beschwerdegegnerin auf Erstattung der ihr durch die mündliche Verhandlung entstandenen Kosten
7.1 Grundsätzlich gilt nach Artikel 104 (1) EPÜ, daß jeder im Einspruchsverfahren Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen hat.
Ein Abweichen von diesem Grundsatz kann nur gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine einseitige Konstenauferlegung billig erscheinen lassen. Diese Umstände können sich aus dem prozessualen Verhalten eines Beteiligten ergeben, z. B. aus einem mißbräuchlichen Verhalten (vgl. T 170/83, ABl. EPA, 1984, 605, Punkt 9).
Im vorliegenden Fall hat der Vertreter des Beschwerdeführers einen Antrag auf Vertagung der auf den 3. Mai, 9.00 Uhr anberaumten mündlichen Verhandlung so spät gestellt, nämlich erst am 30. April 1990 nachmittags, daß wegen des darauffolgenden Feiertags 1. Mai die Beschwerdegegnerin nicht mehr rechtzeitig amtsseitig von diesem Antrag verständigt werden konnte. Nach Aussage der Beschwerdegegnerin war bis zu der bereits am Nachmittag des 1. Mai erfolgten Abreise auch das in dem Antragsschreiben des Beschwerdeführers erwähnte Telefax nicht zu ihrer Kenntnis gelangt.
In einem ähnlichen gelagerten Fall, (vgl. die nicht veröffentlichte Entscheidung T85/84 der Kammer 3.4.1 vom 14. Januar 1986), in dem die Zurückziehung der Beschwerde weniger als 48 Stunden vor der anberaumten mündlichen Verhandlung erfolgte und diese Mitteilung den Beschwerdegegner nicht mehr rechtzeitig erreichte, wurde diese Tatsache nicht als ausreichend angesehen, um eine abweichende Kostenverteilung vorzunehmen.
In dem hierzu entscheidenden Fall gelten entsprechende Überlegungen. Auch hier kann der von der Beschwerdegegnerin gewählte frühe Reiseantritt nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen. Auch das Argument der Beschwerdegegnerin, sie wäre aufgrund der in der Mitteilung der Beschwerdekammer geäußerten, für sie positiven vorläufigen Meinung ebenfalls ferngeblieben, wenn sie gewußt hätte, daß der Vertreter des Beschwerdeführers nicht erscheint, kann die Kammer nicht überzeugen. In diesem Zusammenhang ist die Frage wesentlich, ob das Fernbleiben des Beschwerdeführers die mündliche Verhandlung unnötig machte (vgl. T 10/82, ABl. EPA 1983, 407). Diese Frage ist zu verneinen.
Aus der Mitteilung der Kammer geht nämlich deutlich hervor, daß es sich um eine vorläufige, für die Entscheidung unverbindliche Meinung handelt. Außerdem wurden in der mündlichen Verhandlung noch durchaus wesentliche Punkte, insbesondere im Hinblick auf die asymmetrische Form der Bleche und auf etwaige Vorteile des Gegenstandes des Anspruches des Streitpatents unter Bezugnahme auf das schriftliche Vorbringen des Beschwerdeführers diskutiert, so daß die Beschwerdegegnerin auf diese Weise Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt weiter zu vertiefen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die oben genannten Anträge 2 bis 4 des Beschwerdeführers werden zurückgewiesen.
3. Der Antrag der Beschwerdegegnerin auf Kostenerstattung wird zurückgewiesen.