5.4. Kriterien für die Zulässigkeit von Änderungen nach Regel 137 (5) EPÜ
In T 141/04 stellte die Kammer fest, dass R. 86 (4) EPÜ 1973 nicht anwendbar ist, wenn ein in der Beschreibung ursprünglich offenbartes Merkmal in einen ursprünglich eingereichten Anspruch aufgenommen wird, um einen erhobenen Einwand zu entkräften. Die Kammer stellte fest, dass die Prüfungsrichtlinien mit der Rechtsprechung der Beschwerdekammern übereinstimmen. Das Recht, Gegenstand aus der Beschreibung in die Ansprüche aufzunehmen, kann nicht uneingeschränkt ausgeübt werden, wie aus Art. 123 (1) EPÜ 1973 und R. 86 (3) EPÜ 1973 hervorgeht. Die Prüfungsabteilung hätte ihr Ermessen nach R. 86 (3) letzter Satz EPÜ 1973 daher unter Umständen dahingehend ausüben können, diesen Antrag nicht zuzulassen, da er erstmals im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung eingereicht worden war und offenbar nicht recherchierten Gegenstand umfasste. Somit konnte der Antrag vernünftigerweise nicht als eindeutig gewährbar angesehen werden, was gewöhnlich für die Zulässigkeit eines Antrags in einem so späten Verfahrensstadium zur Voraussetzung gemacht wird. Ganz im Gegenteil hätte die gegebenenfalls erforderliche zusätzliche Recherche zu einer unangemessenen Verzögerung des Prüfungsverfahrens geführt.
In T 274/03 stellte die Kammer klar, dass mit einem "Wechsel" des Gegenstands nach der Recherche eindeutig eine erhebliche Änderung des beanspruchten Gegenstands gemeint ist, die normalerweise nicht vergleichbar ist mit der Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung, mit denen etwas genauer definiert werden soll, das bereits ein Merkmal des ursprünglichen Hauptanspruchs gewesen war. Die Kammer vertrat die Auffassung, dass eine Änderung, mit der der ursprüngliche Hauptanspruch durch Aufnahme ergänzender Merkmale der ursprünglichen Beschreibung beschränkt wird, eine zulässige Reaktion eines Anmelders auf einen Einwand gegen die Patentierbarkeit des ungeänderten Anspruchs darstellt und keinen Verfahrensmissbrauch, zu dessen Verhinderung R. 86 (4) EPÜ 1973 eingeführt worden war (s. T 377/01, T 708/00). Änderungen dieser Art sollten deshalb im Allgemeinen nicht als Verstoß gegen diese Regel angesehen werden, selbst wenn eine zusätzliche Recherche erforderlich sein sollte. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die implizite Feststellung mangelnder Einheitlichkeit zwischen dem ursprünglich beanspruchten und dem später beanspruchten Gegenstand, die Voraussetzung für einen Einwand nach R. 86 (4) EPÜ 1973 ist, bei Änderungen der hier behandelten Art a posteriori erfolgen muss. Die Richtlinien machen jedoch deutlich, dass diese Art von Einwand wegen Uneinheitlichkeit die Ausnahme sein sollte und in Zweifelsfällen zugunsten des Anmelders zu entscheiden ist. S. auch T 2334/11.