4.2.2 Zweite und dritte Stufe des Konvergenzansatzes: Änderungen des Beschwerdevorbringens im Sinne von Artikel 13 (1) und (2) VOBK 2020
In T 2253/16 stellte die Kammer fest, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers (Einsprechenden) zur Neuheitsschädlichkeit von D4 in der Beschwerdebegründung nicht ausreichend substantiiert war und daher nicht berücksichtigt werden konnte (Art. 12 (3) VOBK 2020, Art. 12 (4) VOBK 2007, anwendbar gemäß Art. 25 (2) VOBK 2020). Es fehlte insbesondere eine Analyse von D4, aus der hervorgegangen wäre, wo der Beschwerdeführer welche Anspruchsmerkmale offenbart sah. In der mündlichen Verhandlung begehrte der Beschwerdeführer, sein für D4 relevantes Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren vorzutragen, welches nicht in der Beschwerdebegründung genannt war. Die Kammer befand aber, dass es eine Änderung des Beschwerdevorbringens darstellte, das unvollständige Beschwerdevorbringen auf diese Weise zu ergänzen. Da der Beschwerdeführer keine außergewöhnlichen Gründe für diese Änderung vorbrachte, blieb das Vorbringen nach Art. 13 (2) VOBK 2020 unberücksichtigt.
In T 1217/17 entschied die Kammer, mehrere in der Beschwerdeerwiderung nur erwähnte, nicht ausreichend substantiierte Argumentationslinien nicht zu berücksichtigen. In der mündlichen Verhandlung kündigte der Beschwerdegegner (Einsprechende) eine "Expandierung" dieses Vortrags an. Dies sei kein neues Vorbringen im Sinne des Art. 13 (1) VOBK 2020, sondern eine in jeder Phase des Beschwerdeverfahrens zulässige Weiterentwicklung von in der Beschwerdeerwiderung bereits erwähnten Argumenten, die sich auf im Verfahren befindliche Entgegenhaltungen stützten. Die Kammer stellte für einen Teil der Argumentationslinien fest, dass in der Beschwerdeerwiderung nichts vorgetragen, sondern lediglich auf die Argumentation im Einspruchsverfahren verwiesen wurde. Daher wäre jeglicher Vortrag in der mündlichen Verhandlung als ein vollkommen neues Beschwerdevorbringen anzusehen. Zu anderen Argumentationslinien merkte die Kammer an, dass der Beschwerdegegner in der Erwiderung keine logische Argumentationskette zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit vorgetragen hatte. Auch in diesem Fall würde daher jeglicher Vortrag dazu eine substantielle Änderung des Beschwerdevorbingens beinhalten. Bei den angekündigten Ausführungen handele es sich auch nicht lediglich um neue Argumente, sondern auch um neue Tatsachen, wie z. B. die in der Beschwerdeerwiderung fehlende Merkmalsanalyse, sowie die Angabe der konkreten Passagen in den genannten Beweismitteln, die nach Auffassung des Beschwerdegegners Merkmale des Anspruchs 1 vorwegnahmen.
Für einen weiteren Fall, bei dem die Kammer zu der Auffassung gelangte, dass ein nicht substantiierter Einwand (hier: bloßer Verweis auf die Einspruchsschrift) nicht Teil des Beschwerdeverfahrens und die spätere Substantiierung daher eine Änderung im Sinne von Art. 13 VOBK 2020 war, siehe T 2200/17. Siehe auch T 329/16.
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