1. Grundlegende Prinzipien
Art. 84 EPÜ ist kein Einspruchsgrund. Werden im Einspruchsverfahren an einem Patent sachliche Änderungen vorgenommen, so muss jedoch geprüft werden, ob es dadurch zu einem Verstoß gegen ein Erfordernis des EPÜ einschließlich des Art. 84 EPÜ kommt (T 301/87, ABl. 1990, 335). In G 3/14 analysierte die Große Beschwerdekammer, ob und, wenn ja, inwieweit die Erfordernisse des Art. 84 EPÜ im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren geprüft werden können, insbesondere wenn der geänderte Anspruch eine bloße Kombination aus einem erteilten unabhängigen Anspruch und erteilten abhängigen Ansprüchen bzw. Elementen dieser Ansprüche ist. Die Große Beschwerdekammer schloss sich T 301/87 an und entschied, dass die Ansprüche für die Zwecke des Art. 101 (3) EPÜ nur auf die Erfordernisse des Art. 84 EPÜ geprüft werden können, sofern – und dann auch nur soweit – diese Änderung einen Verstoß gegen Art. 84 EPÜ herbeiführt. G 3/14 wurde z. B. angewandt in T 1977/13, T 1905/13, T 565/11, T 248/13, T 1287/14, T 2311/15, T 2321/15, T 1221/19 (Klarheit der angepassten Beschreibung). S. auch Kapitel IV.C.5.2.2 "Umfang der Befugnis zur Prüfung geänderter Ansprüche auf ihre Vereinbarkeit mit Artikel 84 EPÜ".
In G 2/19 (ABl. 2020, A87) stellte die Große Beschwerdekammer Folgendes fest:
Wählt ein Dritter im Sinne von Art. 115 EPÜ vor dem Hintergrund, dass der auf Art. 84 Satz 2 EPÜ gestützte Deutlichkeitseinwand nicht als Einspruchsgrund (Art. 100 EPÜ) anerkannt ist, die Einlegung einer "Beschwerde" als Behelf, um diesen Einwand dennoch vor eine weitere Instanz zu bringen, handelt es sich um einen Umgehungsversuch und einen offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelf.
In T 1661/16 erachtete die Kammer den unabhängigen Anspruch 7 für nicht ausreichend klar: Das letzte – während des Einspruchsverfahrens hinzugefügte und vom Beschwerdeführer (Einsprechenden) angefochtene – Merkmal lasse es für den Fachmann unklar, welche weitere strukturelle oder funktionelle Beschränkung der beanspruchten Vorrichtung durch dieses Merkmal impliziert sein könnte. Die Kammer wies verschiedene Argumente des Patentinhabers zurück und betonte, dass das Erfordernis der Klarheit nach Art. 84 EPÜ insbesondere bei einer Änderung entscheidend ist und das subjektive Element bei der Auslegung dadurch eliminiert wird, dass man die Position des Fachmanns einnimmt. So kann objektiv geschlussfolgert werden, dass der Anspruch in der geänderten Fassung unklar ist. Was die beschränkende Wirkung angeht, so muss die Bedeutung in einen Anspruch aufgenommener Merkmale klar sein, damit der Anspruch als Ganzes klar ist.