5. Stützung durch die Beschreibung
In T 977/94 entschied die Kammer, wegen der grundlegenden Bedeutung der Beschreibung sei es unerlässlich, diese an die Ansprüche anzupassen, wenn diese vom Patentinhaber geändert würden. Die Erfindung könne nämlich nur insoweit beansprucht werden, als sie von der Beschreibung gestützt sei (Art. 84 Satz 2 EPÜ 1973), und zur Auslegung der Patentansprüche sei die Beschreibung heranzuziehen (Art. 69 EPÜ 1973). Daher müsse geprüft werden, ob die die beanspruchte Erfindung bildenden Elemente in der Beschreibung auch als solche beschrieben seien. S. auch T 300/04, T 1399/17.
In T 295/02 stellte die Kammer fest, dass eine Unstimmigkeit zwischen einem Anspruch und der vorläufigen Beschreibung kein triftiger Grund sei, die Anmeldung zurückzuweisen, wenn der Widerspruch von einer Änderung herrühre, wenn es auf der Hand liege, dass der Wortlaut der Beschreibung seitens des Anmelders nicht als verbindliche Grundlage irgendeiner Entscheidung bestimmt war, insbesondere nicht einer über die Übereinstimmung mit den geänderten Ansprüchen, und wenn der Anmelder bereit war, die Beschreibung an einen endgültigen Satz gewährbarer Ansprüche anzupassen.
In T 1808/06 erinnerte die Kammer daran, dass Offenbarungen in der Beschreibung und/oder in den Zeichnungen, die mit dem geänderten Gegenstand unvereinbar seien, in der Regel zu streichen seien, damit das Erfordernis von Art. 84 EPÜ erfüllt werde, wonach die Ansprüche von der Beschreibung gestützt werden müssen (s. auch T 1883/11, T 1252/11, T 237/16). Verweise auf Ausführungsformen, die durch die geänderten Ansprüche nicht mehr abgedeckt werden, seien zu streichen, sofern diese Ausführungsformen nicht vernünftigerweise als zweckmäßig für die Hervorhebung spezifischer Aspekte des geänderten Gegenstands erachtet werden könnten. In einem solchen Fall sei deutlich darauf hinzuweisen, dass eine Ausführungsform nicht durch die Ansprüche abgedeckt sei (s. auch T 987/16). Der Verweis auf Art. 69 (1) EPÜ sei keine angemessene Begründung für die weniger strikte Anpassung der Beschreibung und sei irreführend, weil er so habe verstanden werden können, als sei dieser Artikel direkt auf das Prüfungs- oder das Einspruchsverfahren anwendbar. Dies sei eindeutig nicht der Fall, denn Art. 69 (1) EPÜ beziehe sich auf den Schutzbereich (s. dieses Kapitel II.A.6.3.2). Nur in Fällen, in denen die Beseitigung von Unstimmigkeiten aus verfahrenstechnischen Gründen nicht möglich sei (z. B. Änderung der erteilten Fassung nicht möglich), könne Art. 69 (1) EPÜ – hilfsweise – zur Auslegung des beanspruchten Gegenstands herangezogen werden.
In T 1989/18 erklärte die Kammer, dass die Beschreibung weder zur Lösung eines Klarheitsproblems in einem Anspruch herangezogen werden noch ein Klarheitsproblem verursachen kann, wenn der Gegenstand als solcher im Anspruch klar definiert ist. Insbesondere wenn die Ansprüche als solche klar und durch die Beschreibung gestützt sind, wird ihre Klarheit nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Beschreibung einen nicht beanspruchten Gegenstand enthält. In solchen Fällen bietet Art. 84 EPÜ keine Rechtsgrundlage für eine Zurückweisung. Für die Beurteilung der Klarheit ist Art. 69 EPÜ irrelevant, da er lediglich den Umfang des gewährten Schutzes betrifft. Nachdem kein Einwand mangelnder Einheitlichkeit nach Art. 82 EPÜ erhoben worden war, erschloss sich der Kammer nicht, wie R. 42 (1) c) EPÜ als Rechtsgrundlage dafür dienen könnte, vom Anmelder grundsätzlich eine Anpassung der Beschreibung an die Ansprüche in der zu erteilenden Fassung und eine Streichung derjenigen Passagen aus der Beschreibung zu verlangen, in denen nicht beanspruchte Ausführungsformen beschrieben sind. Mehrere Entscheidungen haben sich auf R. 48 (1) c) EPÜ als mögliche Rechtsgrundlage berufen, um eine Anpassung der Beschreibung an den beanspruchten Gegenstand zu fordern. Die Kammer hielt jedoch dagegen, dass in den "Travaux préparatoires" allgemein anerkannt ist, dass die Anmeldung selbst dann nicht zurückgewiesen werden sollte, wenn sie in der ursprünglich eingereichten Fassung Angaben oder Zeichnungen enthält, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen. Insofern ist schwer vorstellbar, dass der Gesetzgeber für weniger gravierende Sachverhalte härtere Sanktionen verhängen oder gar die Aufnahme eines schlicht "belanglosen oder unnötigen" Gegenstands als Zurückweisungsgrund vorsehen wollte. T 1989/18 wurde in T 1444/20 gefolgt, nicht jedoch in T 1024/18, T 121/20, T 2766/17, T 2293/18.
- T 3097/19
Catchword:
1. If a request is not admitted because earlier objections are not overcome, Rule 111(2) EPC requires that these earlier objections be made explicit in the decision (see reasons 3).
2. Non-convergence of requests is, on its own, not a sufficient reason for non-admittance. It must be reasoned that and why non-convergent requests affect procedural economy in view of the particular circumstances of the case (see reasons 4).
3. The purpose of the claims to define the matter for which protection is sought (Article 84 EPC) imparts requirements on the application as a whole, in addition to the express requirements that the claims be clear, concise and supported by the description. The Board deems it to be an elementary requirement of a patent as a legal title that its extent of protection can be determined precisely. Whether this is the case for a specific patent application (or an amended patent) can only be decided with due consideration of the description. Claims and description do not precisely define the matter for which protection is sought if they contradict each other (see reasons 27 to 34).
- T 2194/19
Catchword:
The requirement that the claims are to be supported by the description under Article 84, second sentence, EPC does not necessarily mean that all the "embodiments" of the description of a patent application have to be covered by the (independent) claims, i.e. that all the embodiments must fall within the scope of those claims (see point 6.2.2 of the Reasons).
- T 2293/18
Orientierungssatz:
Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung, s. Punkt 3.3.5- T 1024/18
Catchword:
Necessity to adapt the description (Reasons 3)
- T 2766/17
Catchword:
Statements in the description contradicting the plain claim wording may cast doubts as to the intended meaning of this wording. Under such circumstances an objection under Article 84 EPC has to be raised.
- Jahresbericht: Rechtsprechung 2022
- Zusammenfassungen der Entscheidungen in der Verfahrensprache