T 0278/86 17-02-1987
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Federelement
Form des Patentanspruchs - einteilige Fassung
form of claim; one-part form
I. Die am 15. Oktober 1982 eingegangene Euro-PCT-Patentanmeldung CH 82/00112 (europäische Anmeldenummer 82 903 035.2), die am 28. April 1983 unter der Nummer WO 83/01495 veröffentlicht worden ist und für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 19. Oktober 1981 in Anspruch genommen wird, ist von der Prüfungsabteilung 116 durch Entscheidung vom 6. Mai 1986 zurückgewiesen worden.
Der Entscheidung lagen der am 10. August 1985 eingegangene Patentanspruch 1 sowie die ursprünglichen abhängigen Patentansprüche 4 bis 9 zugrunde.
II. In der Entscheidung führt die Prüfungsabteilung aus, daß der Gegenstand des Patentanspruches 1 im Hinblick auf den aus der GB-A-1 171 276 bekannten Stand der Technik nicht mehr neu sei.
III. Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder am 25. Juni 1986 unter gleichzeitiger Entrichtung der Gebühr und Vorlage neuer Patentansprüche 1 bis 7 Beschwerde erhoben, die er auch gleichzeitig begründet hat. Der Anmelder führt aus, daß der Gegenstand des neuen Patentanspruches 1 gegenüber dem aus der GB-A-1 171 276 bekannten Stand der Technik neu sei.
IV. In einer vom Berichterstatter erlassenen Mitteilung gemäß Art. 11(2) der VOBK zur Vorbereitung der auf den 17. Februar 1987 anberaumten mündlichen Verhandlung sind gegen den Anspruch 1 u.a. Bedenken aufgrund des Art. 123(2) EPÜ erhoben worden.
V. In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder die zwischen dem aus der GB-A-1 171 276 bekannten Stand der Technik und dem Anmeldungsgegenstand bestehenden Unterschiede dargelegt und beantragt, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und das Patent mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruch 1, den am 25. Juni 1986 eingegangenen Patentansprüchen 2 bis 7, einer noch anzupassenden Beschreibung und den ursprünglichen Zeichnungsfiguren zu erteilen.
VI. Der geltende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Federelement zum Abfedern einer auf das Element einwirkenden Kraft gegenüber einer entgegen dieser Kraft wirkenden Stützkraft, das aus wenigstens einem geschlossenen Stabzug (1,3,1,3) besteht, von dem wenigstens zwei einander gegenüberliegende verbundene Stäbe (3) mittels eines geradlinig ausgebildeten Verbindungsstabes (2) an Punkten starr miteinander verbunden sind, die sich von den Endpunkten der verbundenen Stäbe (3) im Abstand befinden und bei dem die eine Kraft an wenigstens einem die Endpunkte der beiden verbundenen Stäbe (3) verbindenden Stab (1), die andere Kraft an dem Verbindungsstab (2) angreift sowie die Kräfte in einem Winkel zu der durch den Stabzug gebildeten Fläche wirken und wenigstens eine Kraft an einem solchen Punkt des Verbindungsstabes (2) bzw. des verbindenden Stabes (1) angreift, der sich von dessen Verbindung mit dem verbundenen Stab (3) im Abstand befindet, und bei dem von den drei Gliedern bzw. Gliederpaaren: A) verbundene Stäbe (3), B) verbindende Stäbe (1) und C) Verbindungsstab (2) wenigstens zwei Glieder bzw. Gliederpaare federnd ausgebildet sind."
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Die Fassung des geltenden Patentanspruches 1 ist im Hinblick auf Artikel 123(2) EPÜ nicht zu beanstanden. Die in diesen Anspruch gegenüber dem ursprünglichen Patentanspruch 1 eingefügten weiteren Merkmale finden in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ihre Stütze (vgl. insbesondere Seite 6, Zeilen 9 bis 22 und Seite 7, Zeile 14 derBeschreibung). Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 4 bis 9.
3. Die durch den Gegenstand des Patentanspruches 1 zu lösende Aufgabe wird im wesentlichen darin gesehen, ein Federelement zu schaffen, dessen Anwendungsmöglichkeiten vielfältig sind und dessen Federcharakteristik trotz geringer Bauhöhe den durch die jeweiligen Anwendungen bedingten Anforderungen angepaßt werden kann.
4. Die Prüfung des Gegenstandes des Patentanspruches 1 auf Neuheit ergibt folgendes:
4.1. Die GB-A-1 171 276 betrifft eine federnde Unterlage für Matratzen in der Form eines Lattenrostes. Die elastischen Längslatten sind an ihren Unterseiten mit den Querlatten durch Verkleben miteinander verbunden. Unterhalb des Lattenrostes verlaufen über dessen ganze Länge zwischen benachbarten Längslatten und parallel zu diesen ebenfalls elastische, jedoch gewellte Verbindungslatten. Jede Verbindungslatte ist mit ihrem Wellenberg mit jeder zweiten Querlatte über ein Verbindungsstück verbunden. Zwischen zwei durch eine Verbindungslatte verbundenen Querlatten stützt sich die Verbindungslatte mit ihren Wellentälern gegen eine feste Unterlage ab. Die Verbindungsstücke ermöglichen bei Belastung der federnden Unterlage eine Längsverschiebung der Verbindungslatten in diesen Verbindungsstücken gegenüber dem Rost aus Längs- und Querlatten. Die Unterlage weist infolge dieser Ausbildung eine gleichmäßige Elastizität über ihre gesamte Fläche auf und kann durch nur in einem Teilbereich der Fläche angreifende Kräfte nicht beschädigt werden.
Denkt man sich aus der bekannten Unterlage eine Einheit herausgeschnitten, die in ihrem Umriß mit dem eines Federelements gemäß dem Patentanspruch 1 vergleichbar ist, so erhält man ein Element, dessen geschlossener Stabzug aus zwei benachbarten Längs- und zwei benachbarten Querlatten besteht, bei dem jedoch nur eine der beiden Querlatten an einem Punkt, der sich von den Endpunkten der Querlatte im Abstand befindet, über ein Verbindungsstück nachgiebig mit dem Wellenberg einer Verbindungslatte verbunden ist. Auch ein solches Element unterscheidet sich daher von dem beanspruchten Federelement darin, daß bei ihm die Verbindungslatte nicht mit beiden Querlatten und nicht starr mit letzteren verbunden sowie nicht geradlinig ausgebildet ist.
4.2. Die Prüfung der übrigen im Recherchenbericht genannten Dokumente ergibt, daß keine der durch sie bekanntgewordenen Vorrichtungen ein Federelement mit den Merkmalen des Patentanspruches 1 aufweist.
4.3. Der Gegenstand des Patentanspruches 1 ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
5. Da die Prüfungsabteilung ihre Zurückweisungsentscheidung mit mangelnder Neuheit begründet hat, bestand für sie keine Veranlassung zu prüfen, ob der Gegenstand des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruches 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Kammer hält es bei dieser Sachlage für verfrüht, daß sie prüft, ob auch diese Voraussetzung für die Anerkennung der Patentfähigkeit des Gegenstandes des geltenden Patentanspruches 1 erfüllt ist. Sie hält es vielmehr für geboten, zunächst der Prüfungsabteilung Gelegenheit zu geben, hierüber zu befinden. Daher macht sie von der ihr in Artikel 111(1) EPÜ eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
Sie bemerkt zugleich, daß sie gegen die vom Anmelder gewählte einteilige Fassung des Patentanspruches 1 keine formalen Bedenken hat.
Der Gegenstand der Anmeldung soll nach den Ausführungen in der Beschreibung in den unterschiedlichsten Sachgebieten angewendet werden können. Die Unterteilung des Patentanspruches im Sinne der Regel 29(1)(a)(b) EPÜ auf der Grundlage der nur eines dieser Anwendungsgebiete betreffenden GB-A-1 171 276 oder eines der übrigen ermittelten Dokumente, die die Anwendungsgebiete ebenfalls nicht abdecken, würde daher zu einem irreführenden Bild von dem Stand der Technik führen.
Daher erscheint die in Regel 29(1) EPÜ als Regelform festgelegte zweiteilige Fassung des Patentanspruches 1 in diesem Falle als nicht zweckdienlich.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruch 1 und den am 25. Juni 1986 eingegangenen Patentansprüchen 2 bis 7 zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückverwiesen.