T 0026/02 13-10-2004
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Halbleiterrelais
I) Siemens AG
II) Crydom Corporation
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 608 477 in geändertem Umfang.
II. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung hatte folgenden Wortlaut:
"Halbleiterrelais mit einem Steuereingang (38) und einem durch einen Steuerstrom oder eine Steuerspannung betätigbaren Ausgangsleistungsschalter (1; 8, 9), der über einen galvanisch isolierten und magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter (5) entsprechend einem an dem Relaissteuereingang (38) anliegenden Steuersignal geöffnet oder geschlossen wird, gekennzeichnet durch eine erste mit dem Relais integrierte, den Steuerstrom oder die Steuerspannung für den Ausgangsleistungsschalter (1; 8, 9) erfassende galvanisch isolierte Fühlerschaltung (6), eine zweite die an dem Ausgangsleistungsschalter (1; 8, 9) anliegende Spannung erfassende galvanische isolierte Fühlerschaltung (7), und eine mit den beiden Fühlerschaltungen (6, 7) verbundene Auswerteschaltung (24 bis 31), die gegebenenfalls ein Alarmsignal liefert."
III. Patentanspruch 1 des Streitpatents wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 12. Juli 2000 mehrfach geändert. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung geht hervor, daß Einwände unter Artikel 123 und 84 EPÜ diskutiert wurden, daß die Einsprechende II aber keine Bedenken gegen die von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Fassung des Patentanspruchs 1 geäußert habe (Punkt 13 des Protokolls).
IV. Patentanspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung gebilligten Fassung hat folgenden Wortlaut:
"Halbleiterrelais mit einem Steuereingang (38) und einem durch einen Steuerstrom oder eine Steuerspannung betätigbaren Ausgangsleistungsschalter (1; 8, 9), der über einen galvanisch isolierten und magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter (5) entsprechend einem an dem Relaissteuereingang (38) anliegenden Steuersignal geöffnet oder geschlossen wird, mit einer ersten mit dem Relais integrierten, den Steuerstrom oder die Steuerspannung für den Ausgangsleistungsschalter (1; 8, 9) erfassenden Fühlerschaltung, die einen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter (6) enthält und über diesen mit einer Auswerteschaltung (24-31) verbunden ist, mit einer zweiten die an dem Ausgangsleistungsschalter (1; 8, 9) anliegende Spannung erfassenden Fühlerschaltung, die einen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter (7) enthält und über diesen mit der Auswerteschaltung verbunden ist, wobei die Auswerteschaltung (24 bis 31) gegebenenfalls ein Alarmsignal liefert."
Die Patentansprüche 2 bis 4 sind von Patentanspruch 1 abhängig.
V. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) hat sich in ihrem Vorbringen auf das schon im Einspruchsverfahren eingeführte Dokument D1 (DE-4 137 048 A1) gestützt.
VI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 13. Oktober 2004 statt. Die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende I) nahm, wie schriftlich angekündigt, nicht an der mündlichen Verhandlung teil (und äußerte sich auch schriftlich nicht zur Beschwerdesache).
VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 608 477.
VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IX. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Das Streitpatent verstoße mit den in Patentanspruch 1 vorgenommenen Änderungen gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ sowie gegen Artikel 84 EPÜ. Merkmale des Patentanspruchs 1 seien gegenüber der erteilten Fassung weggelassen worden. Denn die Fühlerschaltungen seien nicht mehr als "galvanisch isolierte" erste bzw. zweite Fühlerschaltung und die Auswerteschaltung nicht mehr als Bestandteil des beanspruchten Halbleiterrelais festgelegt. Der Schutzumfang des geänderten Patentanspruchs 1 umfasse daher auch Halbleiterrelais, bei welchen die Fühlerschaltung zwar jeweils einen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter "enthält", über den die Fühlerschaltung mit der Auswerteschaltung "verbunden ist", die aber keine (zusätzlichen) Mittel zur galvanischen Isolierung der Fühlerschaltungen als solche aufweisen müsse. Die Auswerteschaltung könne nun auch vom Halbleiterrelais getrennt sein. Somit verstießen die Änderungen gegen Artikel 123 (3) EPÜ.
Die Verbindung der ersten und zweiten Fühlerschaltung mit der Auswerteschaltung über einen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter sei in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart. Wenn diese Merkmale aus der Darstellung der Figur 3 in Verbindung mit Figur 1 oder 2 der Anmeldung entnommen wären, müßte zumindest auch die Verbindung über den dort dargestellten dritten Schalter (5) in den Patentanspruch 1 aufgenommen werden, da diese drei Schalter zusammengehörten. Diese Änderung verstoße nicht nur gegen Artikel 123 (2) EPÜ, sondern sei auch unklar, weil die Einheit Fühlerschaltung als Ganzes nicht über ein innerhalb der Einheit angeordnetes Teil (Schalter) mit einer von der Fühlerschaltung getrennten Einheit (Auswerteschaltung) verbunden sein könne. Patentanspruch 1 verstoße daher auch gegen Artikel 84 EPÜ.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei auch nicht erfinderisch. D1 (Zusammenfassung) offenbare ein Halbleiterrelais mit einer Fühlerschaltung, die sowohl das Anliegen einer Steuerspannung für den Ausgangsleistungsschalter als auch das Vorhandensein der Versorgungsspannung an der Last prüfe. Mit der Spannung an der Last werde auch eine Information über die Spannung an dem in Reihe geschalteten Ausgangsleistungsschalter erfaßt. Die erste Fühlerschaltung enthalte einen mit dem Relais integrierten optisch gekoppelten Schalter (Q5), über welchen sie mit einer Auswerteschaltung verbunden sei (D1, Figur 1). Die Einspruchsabteilung habe daher zu Recht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents von D1 darin unterscheide, daß die zweite Fühlerschaltung keinen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter aufweise, über welchen sie mit der Auswerteschaltung verbunden sei.
Durch einen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter werde bekanntermaßen eine galvanische Isolierung erzielt und somit ein Schaltungsteil vor Überstrom oder Überspannung geschützt. D1 (Spalte 2, Zeilen 21 bis 27) gebe einem Fachmann bereits den Hinweis, daß gegebenenfalls unabhängige Strompfade für die Steuerung des Ausgangsleistungsschalters vorgesehen werden könnten. Da D1 schon einen Optokoppler (Q5) für die erste Fühlerschaltung offenbare, sei es naheliegend gewesen, einen weiteren Optokoppler vorzusehen, um die Spannung am Ausgangsleistungsschalter galvanisch getrennt an die Auswerteschaltung zu übertragen. Eine Fehlfunktion des Halbleiterrelais werde in D1 (Zusammenfassung) dann erkannt, wenn das Steuersignal für den Ausgangsleistungsschalter ausbleibe und trotzdem Spannung im Lastkreis auftrete. Wichtig sei daher ein einigermaßen zuverlässiges Abbild des Steuersignals für den Ausgangsleistungsschalter (Triac Q1) und die Spannung im Lastkreis. Funktionell bestehe kein Unterschied zwischen der in D1 erfaßten Größe und der Größe, die mit der ersten Fühlerschaltung nach dem vorliegenden Patentanspruch 1 erfaßt werde. Patentanspruch 1 lege auch nur fest, daß der Steuerstrom oder die Steuerspannung "für" den Ausgangsleistungsschalter erfaßt werde, nicht daß diese Größe auf der Ausgangsleistungsschalterseite des Halbleiterrelais gemessen werde. Es liege aber im Rahmen der für einen Fachmann naheliegenden Möglichkeiten, hinsichtlich der diese Größe repräsentierenden elektrischen Signale näher an den gesteuerten Triac heranzurücken und den Steuerstrom bzw. die Spannung am Triac direkt zu messen. Ein vorteilhafter und eine erfinderische Tätigkeit begründender Unterschied gegenüber dem Halbleiterrelais in D1 ergebe sich damit nicht.
X. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Die Beschwerdeführerin habe in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung erklärt, daß sie keine Bedenken gegen die Änderungen des Patentanspruchs 1 habe. Erst jetzt, ein Monat vor der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren, und nachdem in der Zwischenzeit ein Verletzungsverfahren gegen einen deutschen Teil einer internationalen Absatzorganisation der Beschwerdeführerin in zweiter Instanz eine Verletzung des vorliegenden Patents festgestellt habe, versuche die Beschwerdeführerin die vorgenommenen Änderungen in Frage zu stellen.
In Patentanspruch 1 seien lediglich sprachlich redundante Formulierungen weggelassen worden. Damit sei der Schutzbereich des angegriffenen Patents nicht erweitert worden. Denn ein auf dem Gebiet der Halbleiterrelais tätiger Fachmann wisse, daß ein Halbleiterrelais einen Steuereingang und einen davon galvanisch isolierten Ausgangsleistungsschalter aufweise. Infolge der galvanischen Trennung wirke der vom Ausgangsleistungsschalter geschaltete Lastkreis nicht auf die Steuerseite elektrisch zurück. Ein Halbleiterrelais mit einer ersten und zweiten Fühlerschaltung, die zwar jeweils einen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter aufwiesen, die aber nicht galvanisch isoliert wären, falle daher bei technisch sinnvoller Auslegung nicht unter den Schutzbereich des Patentanspruchs 1. Auch ein Halbleiterrelais, das keine Auswerteschaltung aufweise, falle nicht unter den Patentanspruch 1. Denn die Auswerteschaltung sei Teil der Festlegung des beanspruchten Halbleiterrelais und notwendig, um die in der Beschreibung (Spalte 1, Zeilen 14 bis 19) angegebene Aufgabe zu lösen, die Leitungsspannung und den Zustand des Lastkreises "ohne die Verwendung von externen Überwachungsschaltungen" überwachen zu können. Die Patentinhaberin wäre auch ohne weiteres bereit, diese sprachlichen Veränderungen rückgängig zu machen, müsse aber befürchten, daß die Beschwerdeführerin, bzw. Beklagte im Verletzungsverfahren, jede Änderung des Patentanspruchs 1 zum Anlaß nehmen könnte, sich der Urteilsvollstreckung zu widersetzen.
Bezüglich der Verbindung der Fühlerschaltungen mit der Auswerteschaltung gehe aus Spalte 3, Zeilen 12 bis 15, und den Figuren der Patentschrift klar hervor, daß sie über die optischen Schalter erfolge. Der dritte optische Schalter (5) sei ebenfalls ein Merkmal des Halbleiterrelais nach Patentanspruch 1. Die ursprünglich breitere Formulierung "galvanisch isolierte" Fühlerschaltungen sei daher lediglich durch begrifflich engere Festlegungen im Sinne der ursprünglichen Offenbarung, insbesondere in den Figuren, ersetzt worden. Die Verbindung über die magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter sei für den Fachmann klar. Der beschäftige sich nicht mit philosophischen Betrachtungen, ob eine Einheit über einen Teil dieser Einheit mit einer anderen Einheit verbunden werden könne, sondern wisse, daß über magnetisch oder optisch gekoppelte Schalter eine galvanisch getrennte Verbindung zweier Schaltkreise erzielt werde. Ein Verstoß gegen Artikel 123 EPÜ oder Artikel 84 EPÜ liege daher nicht vor.
D1 offenbare weder eine erste noch eine zweite Fühlerschaltung im Sinne des Patentanspruchs 1. Denn der Optokoppler Q5 in Figur 1 der D1 erfasse nur das am Relaissteuereingang anliegende Steuersignal, welches nach der Festlegung des Patentanspruchs 1 von dem Steuerstrom oder der Steuerspannung zu unterscheiden sei, durch welche der Ausgangsleistungsschalter betätigt werden könne. Beim Halbleiterrelais nach D1 werde auch nicht die an dem Ausgangsleistungsschalter anliegende Spannung erfaßt, sondern die Spannung an der Last. Die an dem Ausgangsleistungsschalter erfaßten Größen ermöglichten das Detektieren anderer Störungszustände als beim Halbleiterrelais nach D1, z. B. eine defekte Spannungsquelle oder eine defekte Last. Der Gegenstand des vorliegenden Patentanspruchs 1 sei daher auch erfinderisch.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Streitpunkt sind hier Änderungen des Patentanspruchs 1, welche im Einspruchsverfahren vorgenommen worden sind. Die Einspruchsabteilung hat in Anwendung des Artikels 102 (3) EPÜ entschieden, daß das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen. Die Kammer hat daher bei der Prüfung der Beschwerde die Befugnis, in vollem Umfang zu prüfen, ob diese Änderungen den Erfordernissen des EPÜ, insbesondere des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ, genügen (siehe G 9/91, 1993, 408, Punkte 18 und 19).
2.2. Der vorliegende Patentanspruch 1 ist auf ein "Halbleiterrelais" gerichtet. Halbleiterrelais gehören zum allgemeinen Fachwissen jedes Elektroingenieurs und dienen zum rückwirkungsfreien Schalten einer Last. Dazu weisen sie einen Steuerkreis am Eingang und einen Lastkreis mit mindestens zwei Anschlüssen am Ausgang auf. Steuerkreis und Lastkreis sind in der Regel galvanisch gegeneinander isoliert, um das rückwirkungsfreie Schalten der Last zu ermöglichen.
2.3. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung legt ein Halbleiterrelais fest, das gekennzeichnet ist "durch eine erste ... galvanisch isolierte Fühlerschaltung (6), eine zweite ... galvanische isolierte Fühlerschaltung (7), und eine mit den beiden Fühlerschaltungen (6, 7) verbundene Auswerteschaltung (24 bis 31), die gegebenenfalls ein Alarmsignal liefert". Der Begriff "galvanisch isolierte Fühlerschaltung" konnte hier mißverstanden werden, weil die vorliegende Fühlerschaltung kein Bauteil ist, das als solches galvanisch isoliert wäre, sondern eine elektrische Schaltung, die ein Fühlerelement (z. B. Optokoppler) enthält, das einerseits elektrische Anschlüsse für die zu erfassende Größe auf der Lastseite und andererseits elektrische Anschlüsse für die Abgabe eines Signals an die Auswerteschaltung aufweist. Die Isolation erfolgt durch das Fühlerelement (magnetisch oder optisch gekoppelter Schalter) selbst. Die erste und zweite Fühlerschaltung sorgen somit für eine galvanisch isolierte Übertragung der erfaßten Signale von der Lastseite zur Auswerteschaltung. In diesem Sinn ist eine Verbindung zwischen der Fühlerschaltung und der Auswerteschaltung über den jeweiligen Schalter hergestellt (Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 28 bis 31; Spalte 3, Zeilen 12 bis 15; Figuren 1 bis 3).
2.4. Wie beim Halbleiterrelais nach Patentanspruch 1 der erteilten Fassung wird nach dem vorliegenden Patentanspruch 1 ein Ausgangsleistungsschalter (1; 8, 9) durch ein an dem Relaissteuereingang (38) anliegendes Steuersignal geöffnet oder geschlossen. Über den "galvanisch isolierten" und magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter (5) wird die übliche galvanische Trennung zwischen dem Steuerkreis und dem Lastkreis mit dem Ausgangsleistungsschalter hergestellt, der durch einen Steuerstrom oder eine Steuerspannung betätigbar ist. Das am Relaissteuereingang anliegende "Eingangssignal" und der "Steuerstrom" oder die "Steuerspannung" für den Ausgangsleistungsschalter sind daher nicht identisch, sondern magnetisch oder optisch gekoppelte Signale, die bei funktionierendem Halbleiterrelais gegebenenfalls gleichen Informationsgehalt aufweisen können. Patentanspruch 1 in der geänderten Fassung enthält aber nicht mehr explizit die Formulierung, daß die Fühlerschaltungen galvanisch isoliert sind, sondern legt fest, daß die Fühlerschaltung (jeweils) über einen magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter mit der Auswerteschaltung verbunden ist. Magnetisch oder optisch gekoppelte Schalter haben bekanntermaßen die Eigenschaft, daß sie ein Signal von einer Eingangsseite auf eine Ausgangsseite galvanisch isoliert übertragen können. Patentanspruch 1 gibt also diesbezüglich mit anderen Worten eine Definition dessen, was der Fachmann auch beim Lesen des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung verstanden hätte (siehe Punkt 2.3 oben). Zusätzliche Verbindungen zwischen der Fühlerschaltung und der Auswerteschaltung vorzusehen, welche die bewußt herbeigeführte galvanische Trennung zwischen der Lastseite und der Auswerteschaltung wieder aufheben würden, würde der Fachmann bei der Auslegung des Patentanspruchs, zumindest im Lichte der Beschreibung, nicht in Betracht ziehen.
2.5. Die Auswerteschaltung stellt auch nach dem Wortlaut des geänderten Patentanspruchs 1 einen Teil des beanspruchten Halbleiterrelais dar. Diese Auslegung ergibt sich beim unvoreingenommenen Lesen des Patentanspruchs im Lichte der Beschreibung. Denn anders könnte die in der Beschreibung (Spalte 1, Zeilen 14 bis 19) angegebene Aufgabe nicht gelöst werden, daß die Leitungsspannung und der Zustand des Lastkreises bei dem Halbleiterrelais "ohne die Verwendung von externen Überwachungsschaltungen" überwacht werden. Die Ausführungsbeispiele in den Figuren 1 bis 4, wo die Auswerteschaltung Teil des Steuerkreises ist, bestätigen diese Auslegung. Die Patentinhaberin hat in ihrer Erklärung ebenfalls keinen Zweifel aufkommen lassen, daß sie die Auswerteschaltung als Teil des Halbleiterrelais ansieht. Die Kammer ist daher überzeugt, daß mit den Änderungen des Patentanspruchs 1 der Schutzbereich effektiv nicht erweitert, sondern eingeschränkt worden ist und somit kein Verstoß gegen das Erweiterungsverbot des Artikels 123 (3) EPÜ vorliegt.
2.6. Aus Punkt 2.3 oben ist ersichtlich, daß die Verbindung der ersten und zweiten Fühlerschaltungen mit der Auswerteschaltung eine magnetisch oder optisch gekoppelte Signalverbindung zum Zwecke der galvanischen Isolierung der Auswerteschaltung von der Lastseite darstellt. Die Bedeutung dieses Merkmals ist für den Fachmann daher klar, und Patentanspruch 1 verstößt nicht gegen Artikel 84 EPÜ. Es ist nicht bestritten worden, daß die in Punkt 2.3 angeführten Textstellen bzw. Figuren der Patentschrift entsprechend in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart sind. Da auch der dritte Schalter (5), über welchen in den Schaltungen der Figuren 1 bis 3 eine Verbindung zwischen dem Steuerkreis und der Lastseite hergestellt ist, ein Merkmal des vorliegenden Patentanspruchs 1 ist, stellt die Verbindung der Fühlerschaltungen über magnetisch oder optisch gekoppelte Schalter nur eine engere Festlegung im Sinne der erteilten Patentansprüche 3 und 4 dar. Bei den Ausführungsbeispielen erfolgen alle Signalverbindungen zwischen Lastkreis und Steuerkreis galvanisch isoliert über die drei genannten, als Optokoppler ausgeführten Schalter. Der Gegenstand des geänderten Patents geht daher auch nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Die Änderungen verstoßen somit nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Die Parteien sind sich darin einig, daß D1 den nächstliegenden Stand der Technik offenbart. Unstreitig ist hier ein Halbleiterrelais mit einem Steuereingang (D1, D2) und einem durch einen Steuerstrom oder eine Steuerspannung betätigbaren Ausgangsleistungsschalter (Q1) offenbart, der über einen "galvanisch isolierten" (siehe Punkt 2.4 oben) und magnetisch oder optisch gekoppelten Schalter (Q4) entsprechend einem an dem Relaissteuereingang anliegenden Steuersignal (UC) geöffnet oder geschlossen wird.
3.2. Das aus dem Dokument D1 bekannte Halbleiterrelais weist jedoch weder eine erste noch eine zweite Fühlerschaltung in der Festlegung nach dem vorliegenden Patentanspruch 1 auf. Denn die Fühlerschaltung in D1, die einen optisch gekoppelten Schalter (Q5) aufweist, erfaßt das am Eingang anliegende Steuersignal (UC) im Steuerkreis und überträgt ein entsprechendes Signal an eine Auswerteschaltung. Über eine Diodenbrücke (RB) ist die Auswerteschaltung mit dem Lastkreis verbunden und erhält eine Information über die Spannung an den Lastanschlüssen (L1, L2). "Falls das Steuersignal ausbleibt und trotzdem Versorgungsspannung an der Last (L) anliegt, wird über eine Unterbrechereinrichtung (Q2, F) der Lastkreis unterbrochen" (D1, Zusammenfassung, Figur 1).
3.3. Durch die Erfassung des Steuerstroms oder der Steuerspannung und der an dem Ausgangsleistungsschalter anliegenden Spannung mit Fühlerschaltungen, die über magnetisch oder optisch gekoppelte Schalter mit der Auswerteschaltung verbunden sind, werden beim Streitpatent Kenngrößen des Ausgangsleistungsschalters im Lastkreis des Halbleiterrelais über die Fühlerelemente erfaßt und gleichzeitig die Auswerteschaltung vom Lastkreis (im Gegensatz zu D1) isoliert (Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 28 bis 31). Störungen innerhalb (zwischen Relaissteuereingang und Steuereingang des Ausgangsleistungsschalters) oder außerhalb des Halbleiterrelais können durch Erfassen von Kenngrößen des Ausgangsleistungsschalters detektiert werden (Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 11 bis 19; Spalte 4, Zeilen 32 bis 42; Figuren 3 und 4). Es werden also Kenngrößen erfaßt, die andere Störungszustände als in D1 repräsentieren, und die Auswerteschaltung ist über die Schalter galvanisch von der Lastseite (nicht wie in D1 vom Steuereingang) getrennt. Diese Unterschiede beruhen nicht auf einer für einen Fachmann naheliegenden Abwandlung der Lehre der D1, bei der lediglich die relevanten Kenngrößen an anderer Stelle erfaßt würden, sondern bringen ein erfinderisches Konzept zum Ausdruck. Auch die Textstelle der Spalte 2, Zeilen 21 bis 27, der D1 gibt dem Fachmann keinen Hinweis in dieser Richtung, da hier statt einer seriellen Erfassung des Steuersignals (UC) im Steuerkreis (Figur 1) nur zwei parallele Stromzweige für die Ansteuerung des Ausgangsleistungsschalters (CSW2) und die Übertragung des Steuersignals (über Q25) an die elektrisch mit der Last verbundene Auswerteschaltung offenbart sind (D1, Spalte 6, Zeilen 35 bis 41; Figur 3).
3.4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 und der von ihm abhängigen Patentansprüche 2 bis 4 gilt daher im Sinne des Artikels 56 EPÜ als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Das vorliegende Patent in der von der Einspruchsabteilung gebilligten Fassung genügt nach Überzeugung der Kammer den Erfordernissen des Übereinkommens (Artikel 102 (3) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.