T 0400/22 13-03-2024
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FLUIDAUSTRAGKOPF
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsantrag I (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag II (nein)
I. Die Patentinhaberin hat gegen die am 13. Dezember 2021 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent zu widerrufen, Beschwerde eingelegt.
Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents in der erteilten Fassung gegenüber Dokument E1 (DE 33 15 334 A1) nicht neu ist.
II. Am 13. März 2024 fand eine mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) oder in der Fassung einer der Hilfsanträge I oder II, beide eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 12. April 2022.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
III. Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:
"Fluidaustragkopf (1) mit einem auf einer Austragvorrichtung (2) aufsetzbaren Austragstutzen (5), der eine Medienführung und einen Medienauslass am Ende der Medienführung aufnimmt, im Bereich des Medienauslasses ein bewegliches, in eine Öffnungsstellung überführbares Verschlusselement vorgesehen ist und zur Austragbetätigung der Austragstutzen (5) und die Austragvorrichtung (2) axial gegeneinander bewegbar sind, wozu der Austragstutzen (5) eine Schürze (9) aufweist zur Bildung einer Gleitführung mit einem Abschnitt (11) an der Austragvorrichtung (2), der Schürze (9) des Austragstutzens (5) eine zweite, zusätzliche äußere Schürze (12) zugeordnet ist zur Ausbildung einer Ringbuchse (13), die längsverschieblich lagerbar ist auf einem als Ringschaft ausgebildeten Abschnitt (11) der Austragvorrichtung (2), und die Ringbuchse (13) einen Nocken (14) für eine Abziehsicherung aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das Verschlusselement einen federbelasteten Ventilkörper (10) aufweist, der als zylindrischer Kolben ausgebildet ist, der in einem von einer einen Medienkanal (8) der Medienführung begrenzenden Innenhülse (18) des Austragstutzens (5) gebildeten topfförmigen Ende axial verschiebbar ist, und der Kolben einen Zwischenventilteller (25) aufweist, der eine an die Medienführung angeschlossene Druckkammer (22) zu einem oberen Ventilsitz (23) des Ventilkörpers abdichtet, die Medienführung (8) als Durchlasskanal (24) durch den Ventilkörper (10) sich erstreckt, so dass der Ventilkörper (10) von Medium durchströmt wird, wozu der Ventilkörper (10) den Durchlasskanal (24) aufweist, der den Medienkanal (8) mit der Druckkammer (22) verbindet."
Im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags sind in Anspruch 1 des Hilfsantrags I nach "und der Kolben" die Worte:
"des in dem topfförmigen Ende der Innenhülse (18) aufgenommenen Ventilkörpers"
eingefügt.
Im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags weist Anspruch 1 des Hilfsantrags II vor "dadurch gekennzeichnet" den folgenden zusätzlichen Wortlaut auf:
"wobei dieser Nocken (14) in die Ringbuchse (13) ragt und er [sic] Nocken (14) an der inneren Schürze (9) als Nockenrand vorgesehen ist,"
IV. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag - Neuheit
Die Anspruchsmerkmale seien zusammen und im Kontext der Beschreibung und der Figuren im Sinne der technischen Lösung des Streitpatents zu betrachten. In ähnlicher Weise müsse der Offenbarungsinhalt der Figur 1 in E1 mithilfe der dazugehörigen Beschreibung festgestellt werden. Dies habe die Prüfungsabteilung im Prüfungsverfahren richtig gemacht. Folglich habe die Prüfungsabteilung den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zutreffend gegenüber E1 als neu und erfinderisch bewertet. Diese Entscheidung dürfte nicht in einem auf derselben Entgegenhaltung basierten Einspruchsverfahren in Frage gestellt werden.
Aus E1 sei keine Schürze eines Austragsstutzens zur Erzielung der Beweglichkeit des Austragsstutzens und zur Bildung einer Gleitführung mit einem Abschnitt an einer Austragvorrichtung bekannt. Es sei auch keine zweite, der Schürze des Austragstutzens zugeordnete zusätzliche äußere Schürze zur Erzielung der Beweglichkeit des Austragsstutzens und zur Ausbildung einer längsverschiebbar auf einem als Ringschaft ausgebildeten Abschnitt der Austragvorrichtung lagerbaren Ringbuchse, bekannt.
Anstatt der zwei in funktionellem Zusammenhang gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags stehenden Schürzen, offenbare E1 eine an einem Austragsstutzen 30 angeordnete äußere Schürze 32 und einen oberen Teil eines Pumpenkörpers, der zwischen der äußeren Schürze und einem unteren nicht bezeichneten Ende eines Einsatzteils 29 geführt sei. Diese sei eine gänzlich andere technische Lösung.
Der aus E1 bekannte Austragsstutzen weise nur eine äußere aber keine innere Schürze auf. Das untere Ende des Einsatzteils gemäß E1 wirke, anders als im Streitpatent, nicht als Führung des Austragsstutzens, sondern diene, indem es ein Teil eines formschlüssigen Presssitzes zur Befestigung des Einsatzteils an einer Kolbenstange des Pumpenkörpers bilde, der Funktionalität des Einsatzteils selbst. In Figur 1 von E1 sei das untere Ende des Einsatzteils vom oberen Teil des Pumpenkörpers beabstandet. Außerdem impliziere der Begriff einer "Schürze" ein Außenumfang mit Radialabstand zu benachbarten Wänden, um abhängend radial auslenkbar zu sein.
Daraus folge, dass E1 auch keinen Ringschaft gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags offenbare. Das untere Ende des Einsatzteils gemäß E1 wirke nicht zur Ausbildung einer Ringbuchse mit der äußeren Schürze zusammen, um radiale Verkippungen auszugleichen und die Funktion der Abziehsicherung von der Funktion des Öffnens und Schließens einer Austragsöffnung des Austragsstützens zu lösen. Außerdem verdeutliche der Begriff "Ringschaft", dass es sich um ein zusätzliches Bauteil neben dem oberen Teil eines Behälters handele.
E1 offenbare auch kein Verschlusselement in Form eines federbelasteten zylindrischen, von Medium durchströmten Kolbens eines Ventilkörpers, durch den sich eine Medienführung als Durchlasskanal erstreckt, sondern einen beweglichen Ventilkörper 35 in Form einer düsennadelartigen Stange. Diese Stange sei nicht in einem von einer einen Medienkanal der Medienführung begrenzenden Innenhülse des Austragstutzens gebildeten topfförmigen Ende axial verschiebbar. Das Einsatzteil gemäß E1 sei keine Innenhülse, in der ein federbelasteter Ventilkörper axial verschiebbar ist, sondern ein Betätigungselement, das, unter Verwendung kegelförmiger Flächen, drei fahnenartige Federstege der Stange wirken lasse. E1 offenbare auch keinen Zwischenventilteller gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, sondern eine elastische Manschette 38, die sich nicht in dem Einsatzteil, sondern an einem Drückerteil 30 eines Betätigungszylinders 34 abstützt.
Hilfsantrag I - Neuheit
Aus E1 sei nicht bekannt, einen Kolben in einem topfförmigen Ende einer Innenhülse zu führen. Der Ventilkörper 35 gemäß E1 sei an dem Druckerteil 30 geführt. Es komme nicht darauf an, ob der Ventilkörper ganz oder teilweise von einer Innenhülse aufgenommen sei, sondern auf die Verschiebbarkeit des Kolbens, die in der Innenhülse zu erfolgen habe.
Hilfsantrag II - erfinderische Tätigkeit
Durch das zusätzliche Merkmal in Anspruch 1 des Hilfsantrags II, das den Nocken betrifft, werde die Bedeutung der inneren Schürze und deren Befestigung an dem Austragstutzen hervorgehoben. Ferner werde hierdurch deutlich, dass der als Ringschaft ausgebildete Abschnitt ein von dem Behälteroberteil separat beanstandetes Bauelement ist.
Dieses zusätzliche, aus E1 nicht bekannte Merkmal löse die technische Aufgabe, die Handhabung der Austragvorrichtung zu verbessern (Absatz [0005] des Streitpatents). Die von der Beschwerdegegnerin formulierte technische Aufgabe, eine alternative Form einer Abziehsicherung gegenüber dem aus E1 bekannten Nocken zur Verfügung zu stellen, sei nicht akzeptabel, denn sie beinhalte schon die Lösung.
Es beruhe auf Spekulation, dass der Fachmann ohne eine rückschauende Betrachtung zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags II gelangt wäre. Die Änderungen, die an der Vorrichtung gemäß E1 hätten durchgeführt werden müssen, seien unter anderem deshalb technisch kompliziert, weil das untere Ende des Einsatzteils vom oberen Teil des Pumpenkörpers beabstandet sei. Diese Änderungen hätte der Fachmann nicht ohne erfinderischen Zutun durchführen können. Dies werde dadurch bestätigt, dass E1 viele Jahre vor dem Streitpatent angemeldet wurde und seitdem keine solche Änderung vorgeschlagen worden sei.
V. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag - Neuheit
Die Einspruchsabteilung habe richtig entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber E1 sei.
Insbesondere offenbare E1 einen eine äußere Schürze 32 aufweisenden Austragstutzen 28, zu dem auch ein Einsatzteil 29 gehöre (Figur 1). Das Einsatzteil weise eine innere Schürze gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags auf. Der Anspruch fordere keine Einstückigkeit des Austragsstutzens sondern bezeichne selbst eine Innenhülse 18 als "Innenhülse des Austragsstützens". Der Begriff "Schürze" impliziere weder eine Biegsamkeit noch irgendeinen Abstand zu benachbarten Elementen, sondern sei nur durch die im Anspruch definierte Funktion limitiert. Es sei irrelevant, dass die innere Schürze gemäß E1 auch als Klemmsitz der Kolbenstange des Pumpenkörpers diene. Sie erfülle auch die in Anspruch 1 definierte Funktionen der Bildung einer Gleitführung mit einem Abschnitt der Austragvorrichtung und der Ausbildung einer Ringbuchse zusammen mit der äußeren Schürze.
Der Ventilkörper 35 in E1 (Figur 1) sei als zylindrischer Kolben gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags anzusehen, obwohl er nicht rein zylindrisch sei. Der im Streitpatent offenbarte Ventilkörper (10, Figur 1) sei auch nicht rein zylindrisch.
Hilfsantrag I - Neuheit
In Anspruch 1 des Hilfsantrags I heiße es, dass der Kolben im topfförmigen Ende der Innenhülse aufgenommen sei. Von einer Führung des Kolbens in der Innenhülse sei keine Rede - weder im Anspruch noch in der Gesamtoffenbarung der zugrunde liegenden Anmeldung.
Wie richtig von der Einspruchsabteilung entschieden, offenbare E1, dass der Ventilkörper 35 in der Innenhülse 29 aufgenommen sei (Figur 1).
Hilfsantrag II - erfinderische Tätigkeit
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lege fest, dass ein Nocken an der inneren Schürze vorgesehen sei. Dieses Merkmal stelle einen Unterschied zur Offenbarung von E1 dar, denn E1 offenbare einen Nocken 33 an der äußeren Schürze 32 (Figur 1).
Die objektive Aufgabe dieses Unterscheidungsmerkmals bestehe darin, eine alternative Form einer Abziehsicherung zur Verfügung zu stellen.
Für den Fachmann, der eine von der Abziehsicherung mittels Nocken (33) an der äußeren Schürze (32) abweichende Abziehsicherung bereitstellen möchte, sei offensichtlich, dass es eine gleichwertige Alternative hierzu gebe, nämlich das Vorsehen des Nockens an der inneren Schürze. Es sei im Bereich des handwerklichen Handelns, eine Abziehsicherung anzubringen, wo Flächen benachbart seien. In der Auswahl einer von zwei solchen gleichwertigen Alternativen liege keine erfinderische Tätigkeit.
1. Das Streitpatent
Die beanspruchte Erfindung betrifft einen Fluidaustragkopf für eine Austragvorrichtung, um eine Flüssigkeit zum Beispiel in die Nase eines Anwenders auszutragen.
Die unten wiedergegebene Figur 1 des Streitpatents zeigt schematisch im Schnitt eine Ausführungsform des beanspruchten Fluidaustragkopfs mit einem Teilstück einer Austragvorrichtung.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Der Fluidaustragkopf (1) weist einen Austragstutzen (5) auf, der auf die Austragsvorrichtung (2) aufgesetzt werden kann.
Der Austragstutzen nimmt eine Medienführung und, an ihrer Ende, einen Medienauslass auf. Im Bereich des Medienauslasses ist ein bewegliches, in eine Öffnungsstellung überführbares Verschlusselement vorgesehen. Der Verschlusselement weist einen federbelasteten, als zylindrischer Kolben ausgebildeten Ventilkörper (10) auf.
Die Medienführung weist einen Medienkanal (8) auf, der sich im Inneren des Austragstutzens befindet. Den Medienauslass kann eine Austragsöffnung für die zu verabreichende Flüssigkeit bilden.
Der zylindrische Kolben weist einen Zwischenventilteller (25) auf, der eine an die Medienführung angeschlossene Druckkammer (22) zu einem oberen Ventilsitz (23) des Ventilkörpers abdichtet. Der zylindrische Kolben ist in einem topfförmigen Ende einer Innenhülse (18) des Austragstutzens axial verschiebbar. Die Innenhülse begrenzt den Medienkanal der Medienführung.
Die Medienführung erstreckt sich durch den Ventilkörper als Durchlasskanal (24), der den Medienkanal mit der Druckkammer verbindet, so dass der Ventilkörper den Durchlasskanal aufweist und von Medium durchströmt werden kann.
Zur Austragbetätigung sind der Austragstutzen und die Austragvorrichtung axial gegeneinander bewegbar. Der Austragstutzen weist eine erste, zur Bildung einer Gleitführung mit einem Abschnitt an der Austragvorrichtung geeignete Schürze (9) auf. Dieser Schürze ist eine zweite zusätzliche äußere Schürze (12) zur Ausbildung einer Ringsbuchse (13) zugeordnet. Die Ringbuchse ist auf einem als Ringschaft ausgebildeten Abschnitt (11) der Austragsvorrichtung längsverschieblich lagerbar und weist einen Nocken (14) für eine Abziehsicherung auf.
Gemäß Absatz [0005] des Streitpatents ist die Aufgabe der Erfindung, einen Fluidaustragkopf zu schaffen, der eine verbesserte Handhabung erlaubt.
2. Hauptantrag - Neuheit
Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber E1 ist.
2.1 E1 betrifft eine Dosierpumpe für flüssige Medien. Die unten wiedergegebene Figur 1 ist eine schematische Darstellung der Ausführungsform, die sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags aufweist.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
E1 offenbart einen Fluidaustragkopf (Dosierpumpe 11 ohne Pumpenkörper 12) für eine Austragvorrichtung (Behälter 14 mit Pumpenkörper 12).
Der Fluidaustragkopf weist einen auf der Austragvorrichtung aufsetzbaren Austragstutzen (Betätigungsdrücker 28) auf, der eine Medienführung (42, die Kanäle die durch das Einsatzteil 29 und den Ventilkörper 35 verlaufen, und 47) und, an ihrem Ende, einen Medienauslass (Austrittsöffnung 43) aufnimmt.
Im Bereich des Medienauslasses ist ein bewegliches, in eine Öffnungsstellung überführbares Verschlusselement (Ventilkörper 35) vorgesehen. Zur Austragbetätigung sind der Austragstutzen und die Austragvorrichtung axial gegeneinander bewegbar (Seite 10, dritter Absatz, bis Seite 11, erster Absatz).
Der Austragstutzen weist eine erste, zur Bildung einer Gleitführung mit einem Abschnitt an der Austragvorrichtung geeigneten Schürze (untere Ende des Einsatzteils 29 in der Figur) auf. Dieser Schürze des Austragstutzens ist eine zweite zusätzliche äußere Schürze (Rand 32) zugeordnet, die zur Ausbildung einer längsverschiebbar auf einem als Ringschaft ausgebildeten Abschnitt (obere Ende des Pumpenkörpers 12) der Austragvorrichtung lagerbaren Ringsbuchse dient. Die Ringsbuchse weist einen Nocken (Rastnasen 33 am unteren Ende des Rands 32) für eine Abziehsicherung (Seite 9, zweiten Absatz, zweiten Satz) auf.
Das Verschlusselement weist einen federbelasteten, als zylindrischen Kolben ausgebildeten Ventilkörper (35) auf. Der zylindrische Kolben ist in einem topfförmigen Ende einer Innenhülse (29) des Austragstutzens axial verschiebbar (Seite 11, Zeilen 6 bis 10). Die Innenhülse (in ihrem Inneren) begrenzt einen Medienkanal der Medienführung.
Der Kolben weist einen Zwischenventilteller (Kolbenmanschette 38) auf, der eine an die Medienführung angeschlossene Druckkammer (47) zu einem oberen Ventilsitz (37) des Ventilkörpers abdichtet.
Die Medienführung erstreckt sich als Durchlasskanal durch den Ventilkörper (in seinem Inneren), so dass der Ventilkörper von Medium durchströmt wird (Seite 11, Zeilen 6 bis 10). Der Ventilkörper weist somit den Durchlasskanal auf, der den Medienkanal der Innenhülse mit der Druckkammer verbindet.
2.2 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, dass die Ansprüche im Kontext der Beschreibung, der Figuren und im Sinne der technischen Lösung des Streitpatents zu betrachten sind. Allerdings dienen die Ansprüche auch einer legitimen Verallgemeinerung der in der Beschreibung offenbarten Ausführungsformen. Merkmale, die in den Ansprüchen nicht definiert sind und nur in der Beschreibung vorkommen, begrenzen der Gegenstand der Ansprüche nicht.
Worte wie "Schürze", die aus dem täglichen Gebrauch ausgeliehen sind, können den Anspruchsgegenstand nur begrenzen, insoweit ihre Geometrie und ihre technische Funktion aus dem Anspruchswortlaut ableitbar ist. Anders als von der Beschwerdeführerin vorgetragen impliziert der im Anspruch verwendete Begriff "Schürze" weder einen Außenumfang mit Radialabstand zu benachbarten Wänden noch irgendeine Flexibilität, denn der Anspruch definiert diese Funktionen nicht. In ähnlicher Weise impliziert der Begriff "Ringschaft" nicht, dass es sich um ein zusätzliches Bauteil neben dem oberen Teil eines Behälters handelt. Auch dies ist im Anspruch nicht definiert.
2.3 Das Argument der Beschwerdeführerin, dass das untere Ende des Einsatzteils 29 in E1 keine anspruchsgemäße (innere) Schürze des Austragstutzens, der Rand 32 keine anspruchsgemäße äußere Schürze und das obere Ende des Pumpenkörpers 12 keinen Ringschaft darstellen, ist nicht überzeugend. Wie die Beschwerdegegnerin ausführte, schließt der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht aus, dass der Austragstutzen aus mehreren Elementen bestehen kann. Im Gegenteil definiert der Anspruch, dass der Austragstutzen eine Innenhülse umfasst. Gemäß der Beschreibung des Streitpatents ist diese Innenhülse nicht mit der äußeren Hülse 5 des Austragstutzen einstückig ausgeführt. Das untere Ende des Einsatzteils 29 und der Rand 32 bilden eine Gleitführung mit dem als Ringschaft identifizierten Abschnitt der Austragsvorrichtung. Dies ist sowohl aus der Figur 1 als auch aus der Beschreibung von E1 ableitbar, denn der Ringschaft muss sich axial im Raum zwischen dem Rand 32 und dem unteren Ende des Einsatzteils, an diesen zwei Elementen vorbei bewegen (Seite 10, dritter Absatz, erster Satz). Der am oberen Ende des Ringschafts in Figur 1 gezeichnete minimale Abstand zwischen dem Einsatzteil und dem Ringschaft ändert nichts an der Tatsache, dass das untere Ende des Einsatzteils, zusammen mit dem Rand 32, in den Augen des Fachmanns die lineare Bewegung des Ringschafts ohne mögliche Verkippungen führen muss: wenn es nicht so wäre, wäre die Dosierpumpe gemäß E1 nicht anwendbar. In dieser Hinsicht spielt die Tatsache, dass das untere Ende des Einsatzteils auch einen Klemmsitz für eine Kolbenstange 21 des Pumpenkörpers 12 bildet, keine Rolle. Der Anspruch schließt nicht aus, dass ein Bauteil mehr als eine technische Funktion haben kann.
2.4 Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass E1 kein Verschlusselement, keine Innenhülse und keinen Zwischenventilteller gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags offenbare, vermögen ebenfalls nicht überzeugen.
Es ist nicht entscheidend, dass diese anspruchsgemäßen Elemente in E1 eine andere Bezeichnung aufweisen. Der Ventilkörper 35 ist als Kolben anzusehen, weil er im Betätigungsdrücker 28 axial, infolge der Interaktion zwischen drei fahnenartigen Federstegen 40 des Ventilkörpers und einer kegelförmigen Fläche 40 des Einsatzteils 29 (Seite 10, Zeilen 7 bis 12) verschiebbar ist (Seite 11, Zeilen 6 bis 10). Obwohl der Ventilkörper nicht rein zylindrisch ist, ist er trotzdem als zylindrisch gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags anzusehen, denn er ist im wesentlichen zylindrisch und ähnelt dem als zylindrischer Kolben bezeichnete Ventilkörper 10 in Figur 1 des Streitpatents. Das Einsatzteil 29 ist als anspruchsgemäße Innenhülse des Austragstutzens 28 anzusehen, denn es ist im Inneren des Austragstutzens angebracht und umgibt den Ventilkörper 35. Die elastische Manschette 38 ist als anspruchsgemäßer Zwischenventilteller anzusehen, denn sie ragt aus dem Ventilkörper 35 radial heraus und trägt zur Funktion eines Ventils bei (Seite 11, Zeilen 6 bis 10). An welcher Stelle sich die Manschette 38 im Austragstutzen von E1 abstützt, ist nicht entscheidend, da dies im Anspruch nicht definiert ist.
2.5 Das Argument, dass die Entscheidung der Prüfungsabteilung im Einspruchsverfahren nicht auf Basis der selben Entgegenhaltung in Frage gestellt werden dürfe, findet keine Rechtsgrundlage im EPÜ und ist deshalb zu verwerfen.
2.6 Nach alledem ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu (Artikel 54(1) und (2) EPÜ). Es folgt, dass der Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit gemäß Artikel 100(a) EPÜ der Aufrechterhaltung des europäischen Patents in der erteilten Fassung entgegensteht.
3. Hilfsantrag I - Neuheit
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Definition des Kolbens des Ventilkörpers, der in dem topfförmigen Ende der Innenhülse aufgenommen ist.
Dieses zusätzliche beanspruchte Merkmal ist aus E1 ebenfalls bekannt.
Wie oben erklärt, weist das Verschlusselement gemäß E1 einen federbelasteten, als zylindrischer Kolben ausgebildeten Ventilkörper (Ventilkörper 35) auf. Entgegen den Argumenten der Beschwerdeführerin, ist der Kolben in einem topfförmigen Ende der Innenhülse axial verschiebbar (Punkt 2.4 oben). Dies bedeutet, dass der zylindrische Kolben in dem topfförmigen Ende der Innenhülse aufgenommen ist.
Es folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nicht neu (Artikel 54(1) und (2) EPÜ) gegenüber E1 ist. Daher kann das Patent auf der Basis des Hilfsantrags I nicht aufrechterhalten werden.
4. Hilfsantrag II - erfinderische Tätigkeit
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Definition des Nockens, der an der inneren Schürze als Nockenrand vorgesehen ist.
Demgegenüber offenbart E1 einen Nocken, der in die Ringbuchse ragt, aber an der äußeren Schürze als Nockenrand ausgeführt ist (33, Figur 1).
Die beanspruchte Lösung ist technisch gleichwertig wie die aus E1 bekannte Anordnung. Wie die Beschwerdegegnerin ausführte, besteht die objektive technische Aufgabe ausgehend von E1 darin, eine alternative Form des Abziehsicherung zur Verfügung zu stellen. Entgegen den Argumenten der Beschwerdeführerin beinhaltet diese Aufgabe nicht die beanspruchte Lösung, denn sie verweist weder auf einen Nocken noch auf seine Stelle.
Die von der Beschwerdeführerin formulierte technische Aufgabe, die Handhabung der Austragvorrichtung zu verbessern, ist durch das Unterscheidungsmerkmal nicht gelöst. Absatz [0005] des Streitpatents bezieht sich auf die Aufgabe der Erfindung im Allgemein, die der Verfasser von der gesamten Merkmalkombination des Anspruchs 1 als gelöst angesehen hat.
Das Vorsehen eines Nockens an der einen statt der anderen die Gleitführung bildenden Schürzen ist eine technisch äquivalente Maßnahme, die der Fachmann, ohne erfinderischen Zutun, als Alternative in Betracht gezogen hätte. Die dazu nötige Änderungen and der inneren Schürze und an dem Ringschaft gemäß E1 sind technisch einfach, denn der Fachmann hätte die Gestaltung des Nockens 33 und des Rands 32 nur spiegeln müssen.
Es folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ) ist. Daher kann das Patent auch auf der Basis des Hilfsantrags II nicht aufrechterhalten werden.
5. Da keiner der Anträge im Lichte von E1 patentierbar ist, muss die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.