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T 0099/85 (Diagnostisches Mittel) 23-10-1986
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1. Enthält eine Druckschrift keine Angaben über die Grösse von Partikeln (hier: Partikel eines Füllstoffs in einem Film), so ist ein bestimmter Grössenbereich jedenfalls dann nicht implizit geoffenbart, wenn nach allgemeinem Fachwissen für den bekannten Zweck (hier: als Füllstoff) auch Partikel verwendbar sind, deren Grösse deutlich ausserhalb dieses Bereichs liegt.
2. Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist die Aufgabe objektiv so festzulegen, dass sie nicht schon teilweise die Lösung vorwegnimmt (im Anschluss an T 229/85, ABl. EPA 1987,237).
3. Es besteht keine Veranlassung im Einspruchsverfahren von Amts wegen auf eine Änderung des Anspruchswortlauts nur deshalb zu dringen, weil ein Merkmal des Oberbegriffs eines zweiteiligen Anspruchs nicht zum Stand der Technik gehört (Regel 29(1)(a) EPÜ.
Neuheit/implizite
Formulierung der Aufgabe
Abgrenzung im Einspruchsverfahren
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des mit zwei Patent ansprüchen erteilten europäischen Patents 0 016 387 (Anmeldenummer: 80 101 187.5). Anmeldetag ist der 8. März 1980.
Anspruch 1 lautet:
"1. Diagnostisches Mittel zum Nachweis von Inhaltsstoffen von Flüssigkeiten bestehend aus einem flüssigkeitsbeständigen Film, der aus einer wäßrigen Dispersion von filmbildenden organischen Kunststoffen hergestellt ist und dem die für den Nachweis erforderlichen Reagenzien sowie Füllstoffe in Form unlöslicher anorganischer oder organischer Partikel einer Größe zwischen 0,2 und 20 Mikrometern bei gemischt sind, dadurch gekennzeichnet, daß zur Öffnung des Films für Inhaltsstoffe eines Molekulargewichts von über 50.000 sowie für Inhaltsstoffe in Form von korpuskulären Bestandteilen das Gewichtsverhältnis von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge im Bereich von 2:1 bis 20:1 liegt". Anspruch 2 ist von Anspruch 1 abhängig.
II. Ein von der Beschwerdeführerin eingelegter Einspruch gegen die Patenterteilung ist von der Einspruchsabteilung 061 durch die am 22. Januar 1985 zur Post gegebene Entschei dung zurückgewiesen worden.
III. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 21. März 1985 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr zusammen mit einer Begründung eingegangene Beschwerde der Einsprechenden.
IV. In der am 23. Oktober 1986 stattgefundenen mündlichen Verhandlung beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents 0 016 387.
Sie trägt hierzu im wesentlichen folgendes vor:
a) Im Hinblick auf die Entscheidung in der Beschwerdesache T 198/84 sei der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber der aus der Druckschrift DE-A- 1 598 153 entnehmbaren Lehre nicht mehr neu. Die Zweckangabe im kennzeichnenden Teil des Anspruchs "zur Öffnung ..." sei ohnehin kein Merkmal des beanspruchten Mittels. Die Bereichsangaben für die Partikelgröße und das Gewichtsverhältnis von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge seien zwar in dieser Druckschrift nicht ausdrücklich genannt, gehörten für den Fachmann aber zu deren Inhalt, weil es sich um durchaus übliche Bereiche handle. Alle übrigen Merkmale des Anspruchs 1 seien der Druckschrift unmittelbar zu entnehmen.
b) Im übrigen könne auch keine erfinderische Tätigkeit darin gesehen werden, ausgehend von der genannten Druckschrift und der sich hieraus ergebenden Aufgabe, nämlich in der Schicht Öffnungen oder Poren anzubringen, als Füllstoff Partikel der beanspruchten Größe und in dem beanspruchten Gewichtsverhältnis zu verwenden. Daß Öffnungen angebracht werden müssen, sei ohnehin selbstverständlich, weil sonst kein Kontakt zwischen Reagenzmittel und Analyt möglich sei. Die beanspruchte Lösung werde dadurch nahegelegt, daß einerseits in der genannten Druckschrift das Einbringen von Füllstoffen erwähnt sei und andererseits das Herstellen von Poren in Kunststoffilmen mittels Füllstoffen allgemein bekannt sei, wie z.B. die Druckschriften GB-A- 1 316 671, US-A- 3 844 865, 3 992 158 und 4 144 306 zeigten. Insbesondere sei aus der US-A-4 144 306 bereits die Verwendung eines Füllstoffes (TiO2) in der Reagenzsschicht eines diagnostischen Mittels bekannt, dessen Gewichtsverhältnis zur verwendeten Kunststoffmenge innerhalb des beanspruchten Bereichs liege. Ferner sei aus dieser Druckschrift auch die Verwendung von Füllstoffen bei Reagenzschichten für hochmolekulare Analyte (z. B. Alpha-Amylase) bekannt. Der weite, für die Teilchengröße beanspruchte Bereich liege im Rahmen des für Füllstoffteilchen allgemein Üblichen.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt
1. Die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag)
2. Das Patent im Umfang des mit Schreiben vom 19. September 1986 gestellten, am 23. September 1986 eingegangenen Antrags aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe, daß in Zeile 6 des einzigen Anspruchs hinter "anorganischer" eingefügt wird "oder organischer" (Hilfs antrag I.).
3. Das Patent unverändert oder mit der nach Hilfsantrag I beantragten Änderung unter Einfügung der am 23. September 1986 eingegangenen Beschreibungsergänzung aufrechtzuerhalten (Hilfsantrag II.)
Zur Begründung bringt sie im wesentlichen folgendes vor:
a) Die Aufgabe dürfe nicht darin gesehen werden, in dem aus DE-A- 1 598 153 bekannten diagnostischen Mittel Poren oder Öffnungen zu erzeugen. Dies sei vielmehr bereits ein Teil der Lösung. Die Aufgabe sei aus gehend von der genannten Druckschrift darin zu sehen, das bekannte Mittel auf möglichst einfache Weise auch für die Analyse hochmolekularer Inhaltsstoffe verwendbar zu machen. Es habe nicht nahegelegen, hierfür überhaupt Öffnungen anzubringen. Es gäbe hierfür auch andere Möglichkeiten, wie etwa die Auswahl besonderer filmbildender Kunststoffe oder die Verwendung gelöster statt dispergierter Kunststoffe. Auch sei nicht zu erwarten gewesen, daß das Anbringen von Öffnungen oder Poren überhaupt zum Erfolg führe.
Auch die besonders einfache Art die Porosität zu erzeugen werde durch die von der Beschwerdeführerin genannten Druckschriften nicht nahegelegt. Bei den Gegenständen der GB-A- 1 316 671 und der US-A- 3 844 865 würde die Porosität erst durch einen zu sätzlichen Verfahrensschritt (Strecken) hergestellt. Nach den US-A- 3 992 158 und 4 144 306 seien Füllstoffe nur in der Verteilerschicht eines mehr schichtigen diagnostischen Mittels eingebracht, während die Reagenzsschicht aus quellfähigen, wasserlöslichen Stoffen bestehe.
b) Der Gegenstand des Streitpatents sei auf jeden Fall neu, weil in der DE-A- 1 598 153 weder für die Partikelgröße noch für das Gewichtsverhältnis Bereichsangaben enthalten seien und in den US-A- 3 992 158 und 4 144 306 die Reagenzschicht nicht aus einer wäßrigen Dispersion eines filmbildenden Kunststoffs hergestellt sei. Dort seien vielmehr die Reagenzien in dem schichtbildenden Kunststoff dispergiert.
c) Schließlich sei die DE-A- 1 598 153 fast zehn Jahre vor dem Prioritätstag des Streitpatents veröffentlicht worden und die dort in den Beispielen angegebenen Füllstoffmengen lägen weit außerhalb des im Streitpatent beanspruchten Bereichs.
VI. Zur Erläuterung der Herstellung und des Aufbaus eines Films aus der wäßrigen Dispersion von filmbildenden organischen Kunststoffen verwies die Beschwerdegegnerin auf die Literaturstellen:
Polymer News, Vol. 3, Issue 4, 1977, Seite 194-203 "LATEX FILM FORMATION", insbesondere Figur 10, und Film-Forming Compositions", Vol. 1, Part I, 1967, Seite 5-8, insbesondere Figur 1-2.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde genügt den Vorschriften der Artikel 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ. Sie ist somit zulässig.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, d.h. in der erteilten Fassung des Patents, ist neu.
2.1. Aus der DE-A- 1 598 153 ist ein diagnostisches Mittel zum Nachweis von Inhaltsstoffen von Flüssigkeiten bekannt. Dieses besteht aus einem flüssigkeitsbeständigen Film, der aus einer wäßrigen Dispersion von filmbildenden organischen Kunststoffen hergestellt ist (Seite 2, 2. Absatz). Diesem Film sind die für den Nachweis erforderlichen Reagenzien sowie Füllstoffe in Form unlöslicher anorganischer oder organischer Partikel beigemischt (Seite 2, letzter Absatz).
Im Unterschied zum Anspruch 1 enthält diese Druckschrift keine Angaben über die Partikelgröße. Die im Streitpatent beanspruchten Gewichtsverhältnisse von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge lassen sich dieser Druckschrift gleichfalls nicht entnehmen.
2.2. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, wonach die beanspruchten Bereiche für Partikelgröße und Gewichtsverhältnisse, im Hinblick auf die Beschwerdeentscheidung T 198/84 zum Inhalt der DE-A- 1 598 153 gehörten, geht fehl. In der zitierten Entscheidung wurde festgestellt, daß eine unter schiedliche Erfindungsdefinition nicht ausreicht, um die Neuheit der Erfindung sicherzustellen. Wie jedoch der Hinweis in der zitierten Entscheidung auf die ältere Entscheidung T 12/81 (Amtsblatt EPA 8/1982, Seite 301) erkennen läßt, sollte damit bestätigt werden, daß ein an sich bekannter Gegenstand nicht dadurch zu einer neuen Erfindung führen kann, daß er auf andere Weise beschrieben wird, etwa daß anstelle der Strukturformel eines Stoffes dieser durch sein Herstellungsverfahren definiert wird. So liegt aber der Fall hier nicht. Im vorliegenden Fall fehlen in der älteren Druckschrift jegliche Hinweise auf bestimmte Merkmale des nunmehr beanspruchten Gegenstands, nämlich Partikelgröße und Gewichtsverhältnisse. Wenn diese nunmehr im Streitpatent angegeben werden, so handelt es sich dabei nicht um die Beschreibung von etwas Bekanntem mit anderen Worten sondern um das Hinzufügen neuer Information, die für den Fachmann vom Inhalt der älteren Druckschrift nicht mit erfaßt ist. Denn es werden grund sätzlich auch Füllstoffe verwendet, deren Partikelgröße außerhalb des beanspruchten Bereichs liegt und Kunststofffilme, bei denen das Gewichtsverhältnis von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge außerhalb des hierfür beanspruchten Bereichs liegt. So lehrt z.B. die US-A- 3 844 865 (Spalte 8, Zeilen 31 bis 35), daß zur Herstellung poröser Filme im Streckverfahren, grundsätzlich auch Füllstoffe verwendbar sind, deren Partikel eine Größe von bis zu 30 µ (für mikroporöse Filme) haben können. Des gleichen kann in solch einem Fall der Füllstoffanteil am gesamten Film (lt. Beispiel 2) 61 Gew.-% betragen, d.h. es ist dort ein Gewichtsverhältnis von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge von etwa 1,56:1 möglich. Es kann deshalb keine Rede davon sein, daß die im Anspruch 1 des Streitpatents angegebenen Bereiche für Partikelgröße und Gewichtsverhältnis für den Fachmann bereits implizit in der DE-A- 1 598 153 beschrieben sind.
Die DE-A- 1 598 153 nimmt somit den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg.
2.3. Aus der US-A- 4 144 306 ist ein diagnostisches Mittel zum Nachweis von Inhaltsstoffen von Flüssigkeiten bekannt (Beispiel 5). Dieses besteht aus einem Film, in dem die für den Nachweis erforderlichen Reagenzien enthalten sind (Celluloseacetat mit einem bilirubin-aktiven Komplex). Außerdem sind Füllstoffe in Form unlöslicher anorganischer Partikel (TiO2) beigemischt. Das Gewichtsverhältnis Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge beträgt etwa 7,7:1 und liegt somit innerhalb des beanspruchten Bereichs.
Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 handelt es sich nicht um einen aus einer wäßrigen Dispersion von filmbildenden organischen Kunststoffen hergestellten flüssigkeitsbeständigen Film. Ferner ist dieser Druckschrift nichts über die Partikelgröße des Füllstoffs zu entnehmen.
2.4. Die beanspruchten Bereiche für Partikelgröße und Gewichtsverhältnisse von Füllstoffmenge zu Kunststoffmenge sind auch keiner der anderen im Verfahren befindlichen Druckschriften zu entnehmen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
3.1. Die DE-A- 1 598 153 kommt dem Anmeldungsgegenstand am nächsten. Hieraus ist ein diagnostisches Mittel bekannt, das aus einem flüssigkeitsbeständigen Film hergestellt ist. Die Herstellung erfolgt dort entweder aus einer Lösung oder einer Dispersion von filmbildenden organischen Kunststoffen. Dem Film sind die erforderlichen Reagenzien sowie Füllstoffe beigemischt. Dieser Film eignet sich für den Nachweis relativ niedermolekularer Inhaltsstoffen von Flüssigkeiten (zum Beispiel für Glykose). Diese Filme können aber nicht eingesetzt werden, wenn Inhaltsstoffe analysiert werden sollen, die aus großen Molekülen bestehen wie Enzyme oder aus korpuskulären Bestandteilen. Dem Streitpatent liegt daher, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht bereits die Aufgabe zugrunde, in der Reagenzschicht "Öffnungen" oder Poren anzubringen, sondern vielmehr die Aufgabe das bekannte Mittel so zu verändern, daß auch Inhaltsstoffe mit einem Molekulargewicht von über 50.000 sowie solche in Formkorpuskulärer Bestandteile analysiert werden können. Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß Füllstoffe einer Größe zwischen 0,2 und 20 Mikrometer in einer Menge dem Film beigemischt werden, daß das Gewichtsverhältnis von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge zwischen 2:1 und 20:1 liegt.
3.2. Es kann bereits nicht als naheliegend angesehen werden, daß die dem Streitpatent objektiv zugrundeliegende Aufgabe allein dadurch gelöst werden kann, daß der Film "geöffnet" oder, mit anderen Worten, porös gemacht wird. Einmal bieten sich dem Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe verschiedene Wege an. So z.B. die Möglichkeit, unter den filmbildenden organischen Kunststoffen solche herauszufinden, in die auch größere Moleküle eindiffundieren können oder solche, die von der zu untersuchenden Flüssigkeit angelöst oder angequollen werden. Außerdem war am Anmeldetag auch nicht von vorneherein zu erwarten, daß allein durch das Öffnen des Films die beigemischten Reagenzien mit den Inhaltsstoffen hohen Molekulargewichts reagieren könnten. Da die Öffnung des Films zunächst nur zu einer Vergrößerung von dessen Oberfläche führt, wäre zwar zu erwarten gewesen, daß die bekannten Inhaltsstoffe geringen Molekulargewichts in größerem Ausmaß und womöglich schneller reagieren können, nicht aber daß Inhaltsstoffe die bisher überhaupt nicht durch die Oberflächedringen und zu einer Reaktion führen konnten, nunmehr reagieren würden. Voraussetzung hierfür war, daß von den beiden in der DE-A- 1 598 153 beschriebenen Möglichkeiten zur Herstellung des diagnostischen Mittels speziell diejenige gewählt wurde, die von einer wäßrigen Dispersion des filmbildenden Kunststoffs ausgeht.
Im vorliegenden Fall ist also bereits in der Erkenntnis, daß bei einem aus einer wäßrigen Dispersion filmbildender organischer Kunststoffen hergestellten Film allein durch Öffnung des Films eine Reaktion mit Inhaltsstoffen eines wesentlich größeren Molekulargewichts möglich ist als wenn der Film nicht "geöffnet" ist, eine erfinderische Leistung zu sehen (vgl. auch T 229/85; wird veröffentlicht).
3.3. Darüber hinaus geben die genannten Druckschriften auch keinen Hinweis, daß die erforderliche Porosität ("Öffnung") allein durch geeignete Wahl von Partikelgröße und Gewichtsverhältnis von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge erreicht werden kann.
Aus der US-PS 4 144 306 ist zwar ein diagnostisches Mittel bekannt, bei dem ein Füllstoff in einer Menge verwendet wird, der innerhalb des beanspruchten Bereichs liegt. Doch fehlt dort jeder Hinweis, daß dieser Füllstoff zur Öffnung des Filmes dienen soll. Er dient dort offensichtlich lediglich der Veränderung der optischen Eigenschaften des diagnostischen Mittels. Denn bei dem bekannten Mittel wird die Porosität dadurch erreicht, daß der Kunststoff selbst in Form eines sog. blush-Polymers hergestellt wird. In den Druckschriften US-A- 3 992 158 (Spalte 7, Zeile 8-43) und US-A- 4 144 306 (Spalte 21, Zeile 54 bis Spalte 22 Zeile 12) ist zwar erwähnt, daß poröse Schichten unter Verwendung von Füllstoffen hergestellt werden können. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um die die Reagenzien enthaltenden Filme sondern um zusätzliche Schichten, die für eine gleichmäßige Verteilung der zu untersuchenden Flüssigkeit sorgen sollen, bevor diese Flüssigkeit die Reagenzschicht erreicht. Eine Anregung, diese Maßnahme bei einer Reagenzschicht anzuwenden, um hierdurch eine Reaktion mit hochmolekularen Inhaltsstoffen der zu untersuchenden Flüssigkeit zu ermöglichen, wird hierdurch nicht gegeben. Im übrigen fehlen diesen Druckschriften auch jegliche Hinweise, auf die zu verwendenden Partikelgrößen und Gewichtsverhältnisse von Füllstoffmenge zur Kunststoffmenge. Noch weniger können die US-A- 3 844 865 und die GB-A-1 316 671 eine Anregung dazu geben, bei dem im Anspruch 1 definierten Film eine Öffnung durch Einbringen von Füllstoffen in dem beanspruchten Größen- und Gewichtsver hältnisbereich zu erzielen. Denn es handelt sich bei diesen Druckschriften um Kunststoffilme, die nach dem Einbringen der Füllstoffe gestreckt werden müssen, um Porosität zu erzielen.
Die von der Beschwerdegegnerin in das Verfahren eingeführten Druckschriften ("LATEX FILM FORMATION", a.a.O., und "Film-Forming Compositions", a.a.O.) geben weder einen Hinweis darauf, daß es sinnvoll sein kann, aus einer wäßrigen Dispersion von filmbildenden organischen Kunststoffen hergestellte Filme porös zu machen, um sie zum Nachweis von hochmolekularen Inhaltsstoffen von Flüssigkeiten verwenden zu können, noch darauf, daß eine solche Porosität allein durch Einbringen von Füllstoffen einer in einem bestimmten Bereich liegenden Partikelgröße und in einem bestimmten Gewichtsverhältnis erzielbar ist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich deshalb nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
4. Bei der Feststellung der Neuheit des Gegenstands des Streitpatents hat es sich zwar erwiesen, daß das im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführte Merkmal "(Partikel) einer Größe von 0,2 bis 20 Mikrometer" nicht, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, in Verbindung mit den übrigen Merkmalen des Oberbegriffs zum Stand der Technik (gemäß DE-A- 1 598 153) gehört. Trotzdem sieht die Kammer keine Veranlassung von sich aus, allein deswegen auf eine Änderung des Wortlauts eines bereits erteilten Patentanspruchs zu dringen. Die Kammer sieht in der Regel 29 (1) EPÜ eine Ordnungsvorschrift, die ihre Bedeutung in erster Linie für das Patenterteilungsverfahren hat und deshalb ebensowenig einen Einspruchsgrund bildet wie etwa Artikel 84 EPÜ (im Anschluß an T 23/86 vom 25. August 1986, ABl. EPA 1987, 316). Der Anspruch 1 kann deshalb in der erteilten Fassung auf recht erhalten werden.
5. Der geltende Anspruch 2 gemäß Hauptantrag ist von Anspruch 1 abhängig und bringt eine zweckmäßige Weiterbildung von dessen Gegenstand. Er kann deshalb gleichfalls aufrecht erhalten werden.
6. Da die neu ins Verfahren eingeführten Druckschriften keinen Anlaß zur Beschränkung der Patentansprüche gegeben haben, ist ihre Erwähnung in der Beschreibungseinleitung nicht erforderlich.
7. Es konnte deshalb dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin stattgegeben werden. Damit sind deren Hilfsanträge I und II gegenstandslos.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.