11. Juni 2015
Lettischer Außenminister Raivis Kronbergs und EPA Präsident Benoît Battistelli gratulieren Franz Amtmann und Philippe Maugars
Die international hochkarätig besetzte Fachjury hatte aus mehr als 300 vorgeschlagenen Einzelerfindern und Erfinderteams 15 Finalisten für den Preis ausgewählt. Heute nun wurden in einer feierlichen Zeremonie die Gewinner der fünf Kategorien gekürt: Andreas Manz (CH) für sein Lebenswerk, Franz Amtmann (AT) / Philippe Maugars (FR) in der Kategorie „Industrie", Laura van 't Veer (NL) in „Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)", Ludwik Leibler (FR) in „Forschung" und Sumio Iijima / Akira Koshio / Masako Yudasaka (JP) in „Außereuropäische Staaten". Zudem hat die Öffentlichkeit den australischen Immunologen Ian Frazer und seinen verstorbenen chinesischen Kollegen Jian Zhou per Online-Voting zum Gewinner des Publikumspreises gekürt.
Andreas Manz
Andreas Manz (Schweiz) wurde für die Erfindung der Chiplabortechnologie ausgezeichnet. Dank seiner Arbeit lassen sich komplexe medizinische, biologische oder chemische Analysen heute auf nur wenigen Millimeter großen Mikrochips schnell und effizient durchführen. Der Pionier auf dem Forschungsgebiet der Mikrofluidik hat damit den Weg geebnet für eine Point-of-Care-Diagnostik, die heute weltweit zur Anwendung kommt. Eine bahnbrechende Variante des Chiplabors von Manz ist dessen Nutzung als DNA-Schnelltest zur Prävention von Erbkrankheiten.
Bei der Preisübergabe dankte Herr Manz "allen Menschen in meinem Leben" und betonte den wichtigen Beitrag, den einzelne Beteiligte - insbesondere seine Studenten - zur Innovation leisteten.
Franz Amtmann (Österreich) und Philippe Maugars (Frankreich) mit ihren Teams der niederländischen Firma NXP Semiconductors wurden für ihren Beitrag zur Nahfeldkommunikation (Near Field Communication, NFC) ausgezeichnet, einer Technologie zur berührungslosen und sicheren Übertragung von Daten über Mobilgeräte. Die Erfindung erweitert die Einsatzmöglichkeiten für mobile Endgeräte um ein Vielfaches: Smartphones lassen sich künftig beispielsweise als Geldkarte, Steuerung für Smart Homes, Zugangskarte zu gesicherten Bereichen oder als Tool für Industrie 4.0-Anwendungen nutzen. Minimale Übertragungsdistanzen und die Datenverschlüsselung erhöhen die Sicherheit von NFC.
Laura Van `t Veer, Elżbieta Bieńkowska und EPA Präsident Benoît Battistelli
Laura van ‘t Veer (Niederlande) erhielt den Preis für die Erfindung eines genbasierten Gewebetests, der eine individuelle Brustkrebstherapie ermöglicht. Mit Hilfe des Tests erhalten Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium eine verlässliche Prognose, ob eine Chemotherapie wirklich notwendig ist. Die Technologie hat bereits über 40.000 Frauen in bei der Krebsbehandlung geholfen und dafür gesorgt, dass sich 20 bis 30 Prozent weniger Brustkrebspatientinnen einer Chemotherapie unterziehen müssen.
Bei der Preisverleihung dankte sie ihrem Team und beschrieb das befriedigende Gefühl, "aus Forschungsergebnissen reale Produkte für Patienten zu machen". Sie sagte: "Es ist großartig, etwas herstellen zu können, das eine optimale Therapie ermöglicht."
Ludwig Leibler
Ludwik Leibler (Frankreich) wurde für die Erfindung der Vitrimere ausgezeichnet: Diese neue Kunststoffklasse hat das Potenzial, die wachsenden Plastikmüll-Berge einzudämmen - der Werkstoff ist reparierbar und 100 Prozent recycelbar. In festem Zustand ist der glasartige Kunststoff stabil, unter Hitze lässt er sich jedoch immer wieder verformen und zu komplexen Objekten verschweißen. Vitrimere bilden daher eine leichte und strapazierfähige Alternative zu Glas oder Metallen, zum Beispiel im Flugzeug- oder Fahrzeugbau sowie in der Elektronik, Bau- oder Sportindustrie.
"Ich habe mich für die Forschung entschieden in der Hoffnung, kreativ sein und mit brillanten Menschen zusammenarbeiten zu können, ohne irgendwelchen Zwängen zu unterliegen. All diese Wünsche sind in Erfüllung gegangen", sagte er dem Publikum.
Sumio Iijima, Akira Koshio und Masako Yudasaka (Japan) erhielten
den Preis für die bahnbrechende Entdeckung von Kohlenstoffnanoröhren sowie die
Entwicklung eines nachhaltigen Herstellungsprozesses dieser bis dahin
unbekannten Strukturform von Kohlenstoff. Mithilfe von Kohlenstoffnanoröhren
werden Computer schneller, Auto- und Flugzeugteile stabiler und Solarmodule
effizienter. Akira Koshio und Masako Yudasaka
Akira Koshio und Masako Yudasaka erklärten, sie seien "ganz einfach überrascht". Sie seien "sehr glücklich, diesen Preis mit Professor Iijima zu teilen", der an der Preisverleihung nicht teilnehmen konnte.
Ian Frazer und sein chinesischer Kollege Jian Zhou erhalten den Publikumspreis für den ersten Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs. Die Entwicklung von Gardasil ist ein medizinischer Durchbruch, denn der Impfstoff schützt Mädchen und Frauen vor dem Humanen Papillomvirus (HPV). Das sexuell übertragbare Virus führt zur Infektion von Haut- und Schleimhautgewebe, was im schlimmsten Fall Gebärmutterhalskrebs hervorrufen kann.
Ian Frazer und Xiao Yi Sun
Herr Frazer sagte, er sei "überwältigt und glücklich über den Preis". Innovation könne die Gesellschaft nur voranbringen, wenn sie "in die Praxis umgesetzt" werde. Xiao Yi Sun, die Witwe Jian Zhous, war in einem "Wechselbad der Gefühle" und nahm den Preis unter Tränen entgegen. Sie erklärte: "Es macht mich zutiefst traurig, dass Jian nicht hier sein kann."
Der Europäische Erfinderpreis ist der wichtigste Preis für Innovation in Europa. Er wird seit 2006 jährlich vom Europäischen Patentamt (EPA) verliehen. In diesem Jahr hat die insgesamt 10. Preisverleihung stattgefunden. Mit dem Preis werden einzelne Erfinder und Teams von Erfindern ausgezeichnet, die mit ihren Entwicklungen dazu beitragen, technische Antworten auf die wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Eine internationale hochkarätig besetzte Jury prüft dabei, inwieweit diese Erfinder mit ihrer Arbeit zu gesellschaftlichem Fortschritt, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zum Wohlstand in Europa beigetragen haben. Auch die Öffentlichkeit ist eingeladen, an der Preisverleihung mitzuwirken: Sie bestimmt per Online-Voting den Gewinner des Publikumspreises unter den 15 Finalisten.
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