5.2.2 Fälle, in denen die Beweislast umgekehrt wurde
In T 570/08 reichten die Einsprechenden als Beweise Vergleichsversuche ein, um ihr Vorbringen zu stützen, die im Streitpatent beanspruchte Additivzusammensetzung löse nicht die Aufgabe, die Schmierfähigkeit und Löslichkeit eines Dieseltreibstoffs zu verbessern. Diese Ergebnisse standen im Gegensatz zu den vom Patentinhaber vorgelegten Versuchen, sodass die Kammer mit verschiedenen Versuchen konfrontiert war, die zu widersprüchlichen Ergebnissen führten. Die Kammer vermochte dem Vorbringen des Patentinhabers, die Einsprechenden trügen die Beweislast, nicht zu folgen, da deren Versuchsergebnisse Zweifel an der angeblich mit der Erfindung erzielten Wirkung aufkommen ließen. Der Patentinhaber konnte diese Zweifel nicht überzeugend ausräumen, und das Patent wurde widerrufen. Die Kammer in T 1621/16 dagegen entschied, dass sich die Beweislast mit der Vorlage des technischen Berichts, den der Patentinhaber zusammen mit seiner Beschwerdebegründung eingereicht hatte, umgekehrt hatte und es somit den Einsprechenden oblag nachzuweisen, dass die fragliche technische Aufgabe nicht gelöst war. Nach Abwägen der Wahrscheinlichkeit erachtete sie es für technisch plausibel, dass die Aufgabe durch den Anspruchsgegenstand gelöst wurde. Nach Prüfung der Frage des Naheliegens sah sie die Erfordernisse des Art. 56 EPÜ als erfüllt an.
Im Fall T 2108/21 mit ausführlichen Verweisen auf T 862/11 und T 543/13 (s. Kapitel III.G.5.1.2 c)) befand die Kammer, dass es für die Fachperson der Aerodynamik nicht unmittelbar naheliegend war, dass das ansaugseitige Winglet mit den in Anspruch 1 definierten Wertebereichen für die Pfeilung und die Vorbiegung leistungsstärker ist als das in D1 offenbarte Winglet mit breiteren Spannen für Pfeilung und Vorbiegung. Wenn für die Leistung eine weitere oder verbesserte Wirkung oder ein Vorteil behauptet wird, muss dies im Patent durch Beweise gestützt werden. Da es an Erklärungen ebenso wie Daten mangelte, war der behauptete Zusammenhang zwischen Parameterbereichen und Wirkung nicht plausibel nachgewiesen worden, weshalb sich die Beweislast auf den Beschwerdeführer (Patentinhaber) verschob.
Nach ständiger Rechtsprechung sei eine unerwartete Wirkung eines Patents durch Vergleichstests nachzuweisen (T 1285/21 s Kapitel I.D.4.3.2, und auch dieses Kapitel III.G.5.1.2 c).