5. Besorgnis der Befangenheit von Mitgliedern der Beschwerdekammern
5.4. Stellungnahme des betroffenen Kammermitglieds
Nach Art. 3 (2) VOBK (s. auch Art. 3 (2) VOBK 2007 und für die Große Beschwerdekammer Art. 4 (2) VOGBK) muss das betroffene Mitglied aufgefordert werden, sich zu dem Ausschließungs- oder Ablehnungsgrund zu äußern (zum Umfang von Art. 3 (2) VOBK 2003 und Art. 4 (2) VOGBK, s. T 985/01 vom 18. März 2005 date: 2005-03-18).
In T 1938/09 vom 2. Oktober 2014 date: 2014-10-02 lehnte der Beschwerdeführer mit Verweis auf R 19/12 vom 25. April 2014 date: 2014-04-25 den Vorsitzenden der Beschwerdekammer ab, weil dieser ein potenzieller Stellvertreter des Vizepräsidenten GD 3 (VP 3) sei. Der Vorsitzende hatte nicht – wie vom Beschwerdeführer gefordert – im Einzelnen angegeben, ob er den VP 3 vertreten hatte. Die Kammer räumte ein, dass Fälle denkbar sind, in denen eine Kammer nicht über den Einwand entscheiden kann, ohne von dem betreffenden Mitglied die notwendigen Informationen erhalten zu haben. Im vorliegenden Fall jedoch erachtete es die Kammer als irrelevant für die Frage der Befangenheit, ob der Vorsitzende den VP 3 vertreten hatte, und wies den Befangenheitsvorwurf zurück. Die Angabe der geforderten Einzelheiten wäre nur notwendig gewesen, wenn die Kammer in ihrer damaligen Besetzung sie als relevant für die zu treffende Entscheidung erachtet hätte.
In T 2440/16 vom 17. Mai 2022 date: 2022-05-17 stellte die Kammer fest, dass die Annahme des Beschwerdegegners, dass der Inhalt der im vorliegenden Verfahren abgegebenen Stellungnahmen die Besorgnis der Befangenheit begründe, auf einer offensichtlich falschen Auslegung von Sinn und Zweck der Stellungnahme eines abgelehnten Mitglieds beruhe. Formale Vorgaben oder Grenzen für den Inhalt einer Stellungnahme nach Art. 3 (2) VOBK sind nicht normiert (vgl. T 190/03, ABl. 2006, 502). Es trifft ferner nicht zu, dass ein abgelehntes Mitglied stets eine Stellungnahme abgeben muss. Die pauschale Behauptung, ein abgelehntes Mitglied müsse zu allen im Ablehnungsantrag vorgebrachten inneren und äußeren Tatsachen Stellung nehmen, ist daher nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen und somit unzulässig.