3.5.2 Anhängigkeit einer Euro-PCT-Anmeldung vor dem EPA als Patenterteilungsbehörde nach dem EPÜ

In J 18/09 (ABl. 2011, 480) entschied die Juristische Beschwerdekammer, dass eine internationale Anmeldung, die den Erfordernissen des Art. 22 PCT für den Eintritt in die europäische Phase nicht genügt, nicht vor dem EPA anhängig ist und daher nicht als eine anhängige frühere europäische Patentanmeldung im Sinne der R. 36 (1) EPÜ betrachtet werden kann. Die Formulierung "anhängige frühere europäische Patentanmeldung" nach R. 36 (1) EPÜ impliziert, dass die Anmeldung vor dem EPA als Patenterteilungsbehörde nach dem EPÜ anhängig sein muss. Gemäß den Bestimmungen von PCT und EPÜ ist eine Euro-PCT-Anmeldung, die nicht in die europäische Phase eingetreten ist, keine anhängige frühere europäische Patentanmeldung im Sinne der R. 36 (1) EPÜ. S. auch G 1/09, Nr. 3.2.5 der Gründe.

In T 1316/20 wurde die dem Streitpatent zugrunde liegende Teilanmeldung am Tag vor Ablauf der 31-Monatsfrist für den Eintritt der internationalen Anmeldung in die europäische Phase eingereicht. Am selben Tag wurden der Prüfungsantrag gestellt und die entsprechenden Gebühren gezahlt. Da jedoch anscheinend kein Antrag auf vorzeitige Bearbeitung der Anmeldung gestellt worden war, bestand bis zum Ablauf der 31-Monatsfrist ein Bearbeitungsverbot für diese Anmeldung, und sie galt daher bis zum Ablauf dieser Frist nicht als anhängige europäische Anmeldung. Die vor dem Eintritt in die europäische Phase eingereichte Teilanmeldung war deshalb nach R. 36 (1) EPÜ unzulässig. Die Kammer war jedoch der Ansicht, dass das Fehlen einer anhängigen Stammanmeldung im Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren nicht gerügt werden kann. Im Einspruch kann zwar gerügt werden, dass die Teilanmeldung über den Inhalt der Stammanmeldung hinausgeht, doch geht es dabei um den technischen Inhalt der Stammanmeldung, nicht um deren Anhängigkeit.