3. Vom EPA erteilte Auskünfte
3.7. Angaben in den Richtlinien
In T 1607/08 erinnerte die Kammer daran, dass die vom EPA veröffentlichten Richtlinien zu den Quellen des Vertrauensschutzes zählen. Wird in den Richtlinien klar angegeben, dass die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens dem Patentinhaber mitzuteilen ist, so kann dieser mit Recht erwarten, eine solche Benachrichtigung zu erhalten, bevor eine Entscheidung in den Sachfragen ergeht. Andernfalls würde der Patentinhaber wie vorliegend geschehen von der Entscheidung, das streitige Patent zu widerrufen, überrascht.
In T 1946/21 machte der Beschwerdeführer geltend, dass er berechtigter Weise auf die durchgängig in den Richtlinien enthaltene Aussage vertrauen durfte, wonach die Übertragung des Prioritätsrechts auf einen Anmelder vor dem Anmeldetag der Nachanmeldung wirksam sein muss. Die Kammer bestritt nicht, dass die Richtlinien eine Quelle des Vertrauensschutzes sein können. Doch welche gesetzlichen Anforderungen die Anmelder erfüllen müssen, um in den Genuss eines Prioritätsrechts zu kommen, ergibt sich nicht aus den Richtlinien, weder direkt noch indirekt über den Schutz berechtigten Vertrauens. Das Erfordernis "vor dem Anmeldetag" sei gesetzlich nicht vorgesehen. Insofern ist es unerheblich, ob es in den Richtlinien als Voraussetzung für eine wirksame Übertragung erachtet wird (s. zu dieser Entscheidung auch Kapitel II.D.2.7.4).