1.4. Recht der Beteiligten auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter
1.4.2 Anwendung objektiver Kriterien zur Feststellung der richtigen Besetzung
In T 281/03 vom 30. März 2006 date: 2006-03-30 erklärte die Kammer, dass die Richtigkeit der Besetzung anhand objektiver Kriterien festgestellt werden sollte, also unter Zugrundelegung der VOBK und des Geschäftsverteilungsplans. Weder gebe es ein subjektives Element, das eine entsprechende Anwendung des Art. 24 (4) EPÜ auf andere Situationen als Ausschließung oder Ablehnung rechtfertige, noch konnte die Kammer in ihrer neuen Besetzung eine Rechtslücke erkennen, die eine entsprechende Anwendung des Art. 24 (4) EPÜ notwendig machte. Sehr wohl aber könnte die Tätigkeit der Kammern, wenn die Besetzung einer Kammer durch deren neue Besetzung überprüft werden müsste, allein durch immer wieder vorgebrachte Befangenheitseinwände blockiert werden.
In T 355/13 wies die Kammer die nicht weiter substantiierte Behauptung des Beschwerdeführers zurück, die Kammer habe durch ihre geänderte Besetzung ein "Spezialtribunal" zu seinen Ungunsten gebildet und die "wahren Gründe" für die Änderung ihrer Besetzung nicht mitgeteilt. In einer Mitteilung an die Beteiligten hatte die Kammer erläutert, dass die Änderungen in ihrer Besetzung durch Änderungen im Geschäftsverteilungsplan bedingt waren, und betont, dass das bisherige technisch vorgebildete Mitglied in eine andere Kammer versetzt wurde und das bisherige rechtskundige Mitglied aus den Beschwerdekammern ausgeschieden war. Dennoch hatte der Beschwerdeführer seinen Einwand aufrechterhalten, seine Behauptung aber durch keinerlei Beweismittel gestützt.
In R 12/22 machte die Antragstellerin die kurzfristige Ersetzung des juristischen Mitglieds erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Großen Beschwerdekammer als einen Verstoß gegen ein "Recht auf den gesetzlichen Richter" geltend. Die Große Beschwerdekammer stellte fest, dass ein "Recht auf den gesetzlichen Richter" im EPÜ und den dieses ergänzenden Vorschriften, insbesondere denjenigen der VOBK, nicht geregelt ist. Art. 2 VOBK regelt Ausnahmen vom Geschäftsverteilungsplan, nämlich die Ersetzung von Mitgliedern bei Verhinderung an der Mitwirkung. Die Antragstellerin hatte aber in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer weder ein Recht auf den gesetzlichen Richter geltend gemacht noch das Nichtvorliegen einer Ausnahme nach Art. 2 VOBK. Daher entschied die Große Beschwerdekammer, diesen neu geltend gemachten Gehörsverstoß durch Verletzung eines Rechts auf den gesetzlichen Richter als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.