4.1. Regel 63 EPÜ über eine unvollständige Recherche
4.1.1 Einleitung
Regel 63 EPÜ (R. 45 EPÜ 1973) regelt das Vorgehen der Recherchenabteilung, wenn keine sinnvolle Recherche durchgeführt werden kann. Für nähere Informationen siehe EPÜ Richtlinien B‑VIII, 3 – Stand April 2025.
Regel 63 EPÜ wurde durch Beschluss des Verwaltungsrates CA/D 3/09 vom 25. März 2009 (ABl. 2009, 299) geändert, der am 1. April 2010 in Kraft getreten ist und mit dem unter anderem die Aufforderung des Anmelders eingeführt wurde, eine Erklärung mit Angaben zu dem zu recherchierenden Gegenstand abzugeben. Insbesondere sieht R. 63 (1) EPÜ vor, dass das EPA, wenn es der Auffassung ist, dass die europäische Patentanmeldung dem EPÜ so wenig entspricht, dass es unmöglich ist, auf der Grundlage des gesamten beanspruchten Gegenstands oder eines Teils desselben sinnvolle Ermittlungen über den Stand der Technik durchzuführen, den Anmelder auffordert, innerhalb einer Frist von zwei Monaten eine Erklärung mit Angaben zu dem zu recherchierenden Gegenstand abzugeben.
Laut R. 63 (2) EPÜ gilt Folgendes: Wird die Erklärung nach Absatz 1 nicht rechtzeitig eingereicht oder reicht sie nicht aus, um den nach Absatz 1 festgestellten Mangel zu beseitigen, so stellt das EPA entweder in einer begründeten Erklärung fest, dass die europäische Patentanmeldung diesem Übereinkommen so wenig entspricht, dass es unmöglich ist, auf der Grundlage des gesamten beanspruchten Gegenstands oder eines Teils desselben sinnvolle Ermittlungen über den Stand der Technik durchzuführen, oder es erstellt, soweit dies durchführbar ist, einen teilweisen Recherchenbericht. Diese begründete Erklärung oder dieser teilweise Recherchenbericht gilt für das weitere Verfahren als europäischer Recherchenbericht.
In T 1242/04 (ABl. 2007, 421) stellte die Kammer fest, dass R. 45 EPÜ 1973 auf solche Fälle abzielt, die den Vorschriften des Übereinkommens so wenig entsprechen, dass es nicht "möglich" ist, auf der Grundlage aller oder einiger Patentansprüche "sinnvolle Ermittlungen" über den Stand der Technik durchzuführen. Nur sofern eine Recherche nicht möglich ist, ist somit eine entsprechende Erklärung vorgesehen. In anderen Fällen erstellt die Recherchenabteilung, soweit dies durchführbar ist, für einen Teil der Anmeldung einen Recherchenbericht. Die Kammer erklärte, dass die Vorschrift der R. 45 EPÜ 1973 sich ausschließlich auf die Durchführbarkeit einer Recherche und nicht auf die mögliche Relevanz ihres Ergebnisses bei der Verwendung für die später vorzunehmende Sachprüfung bezieht.
In T 1653/12 berief sich der Anmelder zur Untermauerung seines Standpunkts, dass eine Recherche nicht unmöglich gewesen wäre, auf T 1242/04. Die Kammer stellte fest, dass es in T 1242/04 um R. 45 EPÜ 1973 ging, die im Wortlaut von der nun geltenden R. 63 EPÜ abweicht. Da in T 1242/04 ein Fall behandelt wurde, bei dem keine Aufforderung der Recherchenabteilung nach R. 63 (1) EPÜ und keine Antwort darauf vorlagen, konnte die Begründung dieser Entscheidung nicht direkt auf den vorliegenden Fall angewandt werden. In beiden Entscheidungen hieß es jedoch, dass wegen grundlegender Klarheitsprobleme eine sinnvolle Recherche möglicherweise nicht durchgeführt werden konnte. Die Diskrepanz zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung im vorliegenden Fall war ein solches grundlegendes Klarheitsproblem.
Nach R. 63 (3) EPÜ fordert die Prüfungsabteilung, wenn ein teilweiser Recherchenbericht erstellt wurde, den Anmelder auf, die Ansprüche auf den recherchierten Gegenstand zu beschränken, es sei denn, sie stellt fest, dass der Einwand nach R. 63 (1) EPÜ nicht gerechtfertigt war.