6. Rechtliches Gehör im Einspruchsverfahren
6.6. Angeblich nicht erhaltene Mitteilungen
Auch wenn der Patentinhaber entscheiden kann, nicht auf die Einspruchsschrift zu reagieren, ist die Mitteilung nach R. 79 (1) EPÜ keine bloße Formsache. Vielmehr ermöglicht sie es dem Patentinhaber, sowohl zur Prüfung des Sachverhalts durch die Einspruchsabteilung beizutragen als auch seine Interessen zu verteidigen. Die Mitteilung bildet die Grundlage für die Vorbereitung der sachlichen Prüfung des Einspruchs. In T 1529/20 gab der Beschwerdeführer (Patentinhaber) an, die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent widerrufen wurde, nie erhalten zu haben, sondern erst durch eine E-Mail eines Formalsachbearbeiters des EPA von dieser Entscheidung und überhaupt dem Einspruchsverfahren erfahren zu haben. Die Kammer erkannte an, dass ein Verfahrensbeteiligter, der behauptet, eine Mitteilung sei nicht eingegangen, diesen Umstand nur schwer beweisen könne (negativa non sunt probanda). Der Beweis, dass ein Brief nicht zugegangen ist, sei kaum möglich. Unter den gegebenen Umständen hätte die Einspruchsabteilung zur Wahrung der Rechtssicherheit und zum Schutz des Anspruchs auf rechtliches Gehör mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Tatsache und Zeitpunkt der Zustellung der Mitteilung des Einspruchs nachweisen müssen. In den Akten gab es keinen Anhaltspunkt dafür, dass das EPA seiner Beweislast für die Zustellung nachgekommen wäre. Aufgrund der Mangelhaftigkeit der ursprünglichen Handlung der (Nicht-)Zustellung der Einspruchsschrift sei das gesamte Einspruchsverfahren einschließlich der Entscheidung der Einspruchsabteilung mangelhaft.