4.2.3 Zweite und dritte Stufe des Konvergenzansatzes: Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten – Artikel 13 (1) und (2) VOBK
Das Nachreichen der erforderlichen Substantiierung für einen zuvor nicht (ausreichend) substantiierten Einwand gilt nicht als bloße Verfeinerung, sondern stellt eine Änderung des Beschwerdevorbringens dar (siehe z. B. T 2117/18, in der die Kammer unter Verweis auf die Rechtsprechung zu unsubstantiierten Anträgen zudem anmerkte, ein Einwand werde nur dann wirksam, wenn eine ausreichende Substantiierung erfolgt sei).
In T 2253/16 stellte die Kammer fest, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers (Einsprechenden) zur Neuheitsschädlichkeit von D4 in der Beschwerdebegründung nicht ausreichend substantiiert war und daher nicht berücksichtigt werden konnte (Art. 12 (3) VOBK, Art. 12 (4) VOBK 2007). Es fehlte insbesondere eine Analyse von D4, aus der hervorgegangen wäre, wo der Beschwerdeführer welche Anspruchsmerkmale offenbart sah. In der mündlichen Verhandlung begehrte der Beschwerdeführer, sein für D4 relevantes Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren vorzutragen, welches nicht in der Beschwerdebegründung genannt war. Die Kammer befand aber, dass es eine Änderung des Beschwerdevorbringens darstellte, das unvollständige Beschwerdevorbringen auf diese Weise zu ergänzen.
In T 1217/17 entschied die Kammer, mehrere in der Beschwerdeerwiderung nur erwähnte, nicht ausreichend substantiierte Argumentationslinien nicht zu berücksichtigen. In der mündlichen Verhandlung kündigte der Beschwerdegegner (Einsprechende) eine "Expandierung" dieses Vortrags an. Die Kammer befand jedoch, dass für die Argumentationslinien, für die in der Erwiderung lediglich auf die im Einspruchsverfahren vorgebrachte Argumentation verwiesen wurde, jegliches Vorbringen in der mündlichen Verhandlung als ein völlig neues Beschwerdevorbringen anzusehen ist. Zu anderen Argumentationslinien merkte die Kammer an, dass der Beschwerdegegner in der Erwiderung keine logische Argumentationskette zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit vorgetragen hatte. Auch in diesem Fall würde daher jeglicher Vortrag dazu eine substantielle Änderung des Beschwerdevorbingens beinhalten. Bei den angekündigten Ausführungen handele es sich auch nicht lediglich um neue Argumente, sondern auch um neue Tatsachen, wie z. B. die in der Beschwerdeerwiderung fehlende Merkmalsanalyse, sowie die Angabe der konkreten Passagen in den genannten Beweismitteln, die nach Auffassung des Beschwerdegegners Merkmale des Anspruchs 1 vorwegnahmen.
Weitere Fälle, in denen die Kammern befanden, dass die spätere Substantiierung eines unsubstantiierten Einwandes eine Änderung im Sinne von Art. 13 VOBK darstellt, finden sich in T 329/16 (trotz eingehendem Vortrag des Patentinhabers zur Neuheit in seiner Beschwerdebegründung kein Vortrag des Einsprechenden zur erfinderischen Tätigkeit), T 988/17 (zu einem Angriff in der Erwiderung substantiiert vorgetragen, zum Angriff ausgehend von D1 jedoch lediglich, dieser führe "zu keiner anderen Beurteilung"), T 1903/17 (Verweis auf unsubstantiierte Ausführungen im Einspruchsschriftsatz zur behaupteten mangelnden Ausführbarkeit von anhängigen Ansprüchen), T 2200/17 (bloßer Verweis auf die Einspruchsschrift in der Beschwerdebegründung) und T 1436/18 (Vorbringen des Beschwerdeführers 2 (Einsprechenden) zur erfinderischen Tätigkeit zu vage und allgemein).