4.3.6 Im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassenes Vorbringen – fehlerhafte Ermessensausübung – Artikel 12 (6) Satz 1 VOBK
Die Konvergenz (oder Divergenz) von Anträgen ist grundsätzlich ein akzeptiertes Kriterium für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Anträgen nach R. 137 (3) EPÜ. Es gilt nicht nur für Sätze zusammen eingereichter Ansprüche, sondern auch in Bezug auf frühere Anträge (T 1411/21). In T 3097/19 jedoch betonte die Kammer (unter Berufung auf Art. 12 (2) und (4) VOBK 2007), dass die Nichtkonvergenz von Anträgen als solche kein ausreichender Grund für deren Nichtzulassung ist. Vielmehr muss begründet werden, dass und warum unter den konkreten Umständen des Einzelfalls nicht konvergente Anträge die Verfahrensökonomie beinträchtigen. Siehe auch die Entscheidung T 714/20 derselben Kammer, in der diese betonte, dass im Falle einer unmittelbar bevorstehenden mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung zu Recht erwartet werden darf, dass die Ansprüche nachfolgender Anträge konvergent sind, damit eine gezielte Debatte stattfinden kann.
Im Inter-partes-Verfahren T 2204/18 befand die Kammer (mit Verweis auf Art. 12 (4) VOBK 2007), dass die Einspruchsabteilung, die sich unter anderem auf das Konvergenzkriterium gestützt hatte, ihr Ermessen nach Maßgabe der richtigen Kriterien und in vertretbarer Weise ausgeübt hatte. In T 683/19 dagegen hob die Kammer (mit Verweis auf Art. 12 (4) VOBK 2007) eine auf mangelnde Konvergenz gestützte Entscheidung der Einspruchsabteilung auf, weil sie in dem betreffenden Antrag eine rechtzeitige und redliche Reaktion auf die Zulassung eines neuen Dokuments durch die Einspruchsabteilung sah.