4.3.7 Vorbringen, das im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen wäre oder dort nicht mehr aufrechterhalten wurde – Artikel 12 (6) Satz 2 VOBK
In T 291/21 reichte der Beschwerdegegner (Patentinhaber) mit der Erwiderung einen Versuchsbericht ein. Die Kammer betrachtete diesen Bericht als Reaktion auf die erstmalig kurz vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung konkret vorgebrachten Einwände gegen die Beispiele des Patents. In Anbetracht der zeitlichen Nähe dieser Eingabe zum Termin der mündlichen Verhandlung sei es dem Patentinhaber realistisch nicht mehr möglich gewesen, weitere Vergleichsversuche auszuführen. Auch war die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung zur erfinderischen Tätigkeit positiv. Die eingereichten Versuche schienen der Kammer zudem inhaltlich nicht über den im Patent abgesteckten Rahmen hinauszugehen und wurden daher zugelassen (Art. 12 (4) und (6) VOBK).
Auch in T 802/20 reichte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) mit der Beschwerdebegründung einen Versuchsbericht D22 ein, um eine technische Wirkung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik zu belegen. Die Kammer ließ den Bericht nach Art. 12 (4) und (6) VOBK aus folgenden Gründen zu: Der betreffende Hilfsantrag (Hauptantrag im Beschwerdeverfahren) war kurz vor dem Zeitpunkt nach R. 116 EPÜ eingereicht worden und der dagegen erhobene Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit erst kurz vor der mündlichen Verhandlung. Nach Auffassung der Kammer konnte die Vorlage von D22 zusammen mit der Beschwerdebegründung als Einreichung bei der ersten sich bietenden Gelegenheit angesehen werden. Siehe auch T 1778/21 (Erwiderung auf den Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, den der Einsprechende erst zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung erhoben hatte).
Siehe jedoch auch T 1198/21, wo zwei Versuchsberichte nicht zugelassen wurden, die mit der Beschwerdebgründung eingereicht worden waren als Reaktion auf zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Versuchsdaten.