4. Gründe für einen Überprüfungsantrag
4.5. Artikel 112a (2) e) EPÜ – Straftat, die die Entscheidung beeinflusst hat
Nach Art. 112a (2) e) EPÜ kann ein Überprüfungsantrag darauf gestützt werden, dass eine Straftat die Entscheidung beeinflusst haben könnte. Die Straftat muss durch ein zuständiges Gericht oder eine zuständige Behörde rechtskräftig festgestellt worden sein; einer Verurteilung bedarf es nicht (R. 105 EPÜ). Abweichend von der allgemeinen Regel ist der Antrag zwei Monate nach Feststellung der Straftat, spätestens aber fünf Jahre nach Zustellung der Beschwerdekammerentscheidung zu stellen (Art. 112a (4) EPÜ).
In R 2/10 verwies der Antragsteller auf angebliche Straftaten, die jedoch nicht von einem Strafgericht oder einer Behörde festgestellt worden waren. Die Große Beschwerdekammer verwarf den Antrag als offensichtlich unzulässig, weil die Frist für seine Einreichung nicht eingehalten worden war.
In R 3/21 befand die Große Beschwerdekammer, dass sie nicht befugt sei, in der Rolle eines Strafgerichts oder sonstiger Strafverfolgungsbehörde tätig zu werden und etwaige Straftaten für die Zwecke des Art. 112a (2) e) EPÜ festzustellen, weder in Bezug auf Mitglieder einer Prüfungsabteilung oder einer Kammer, noch auf den Präsidenten der Beschwerdekammern, noch in Bezug auf andere Personen. Ergänzend wies die Große Beschwerdekammer darauf hin, dass sie in ihrer Besetzung nach R. 109 (2) a) EPÜ als unabhängiges justizielles Organ für das Patenterteilungsverfahren auch keine formelle Aufsichtspflicht habe, mutmaßliche Straftaten zu erforschen oder etwaige Strafanzeigen an Strafbehörden, sei es auf Antrag oder von Amts wegen, weiterzuleiten.