VII. Institutionelle Fragen
3. Rechtsstellung des Präsidenten des EPA
Gemäß Art. 10 (1) EPÜ obliegt die Leitung des EPA dem Präsidenten, der dem Verwaltungsrat gegenüber für die Tätigkeit des Amts verantwortlich ist. Zu diesem Zweck ermächtigt und verpflichtet Art. 10 (2) a) EPÜ den Präsidenten dazu, "alle für die Tätigkeit des Europäischen Patentamts zweckmäßigen Maßnahmen" zu treffen. Nach Art. 5 (3) EPÜ vertitt der Präsident die Europäische Patentorganisation. In G 8/88 (betreffend eine Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Deutschen Patentamt (heute Deutsches Patent- und Markenamt) und EPA; ABl. 1991, 137) stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass die Fähigkeit, die Europäische Patentorganisation aufgrund von Art. 5 (3) EPÜ 1973 zu vertreten, seine Aufgaben definiert, ihm jedoch keine über die Vertretung der Organisation hinausgehende Befugnis verleiht. Der Präsident darf die Organisation bei einer Rechtshandlung, z. B. bei der Unterzeichnung einer Vereinbarung, nur dann vertreten, wenn er zu dieser Handlung ermächtigt worden ist. Die Befugnis des Präsidenten, bei der Leitung des EPA tätig zu werden, leitet sich aus Art. 10 EPÜ 1973 her und wird dort geregelt. Art. 10 (2) EPÜ 1973 enthält eine Aufzählung seiner besonderen Aufgaben und Befugnisse, die […] im Wesentlichen die internen Belange des EPA betreffen. Inwieweit der Präsident aufgrund von Art. 10 EPÜ 1973 rechtmäßig befugt ist, das EPA bei externen Handlungen, die nicht unmittelbar mit den in Art. 10 (2) EPÜ 1973 aufgeführten besonderen Aufgaben und Befugnissen des Präsidenten in Zusammenhang stehen, ohne die in Art. 4 (3) EPÜ 1973 vorgesehene Überwachung durch den Verwaltungsrat "zu leiten", wird im EPÜ nicht konkret definiert und ist deshalb Auslegungssache. Siehe hierzu auch G 5/88, G 7/88.