1.3. Fristverlängerungen von Rechts wegen bei Feiertagen oder Störungen bei der Postzustellung (Regel 134 EPÜ)
1.3.3 Postverkehrsstörungen aufgrund eines außerordentlichen Ereignisses (Regel 134 (5) EPÜ)
In J 13/05 unterstrich die Juristische Beschwerdekammer, dass R. 85 (5) EPÜ 1973 infolge der Ereignisse des 11. September 2001 in das Übereinkommen aufgenommen worden sei, weil sich die bis dahin vorhandenen Rechtsmittel als unzulänglich erwiesen hätten. Damals sei entschieden worden, R. 85 (2) EPÜ 1973 nicht auf Postverkehrsstörungen außerhalb der Vertragsstaaten auszudehnen, weil das EPA nur für die Vertragsstaaten sicher sein könne, dass es über die nötigen Informationen verfügt, anhand deren sein Präsident eine allgemeine Unterbrechung oder Störung feststellen kann. Dementsprechend sei R. 85 (5) EPÜ 1973 anders als die vorhergehenden Absätze so formuliert, dass die Beweislast bei dem Verfahrensbeteiligten liege, der eine allgemeine Unterbrechung oder Störung des Postdienstes geltend macht. R. 85 (5) EPÜ 1973 setze ebenso wie R. 85 (2) EPÜ 1973 voraus, dass mehr als ein Nutzer des Postdienstes von der Unterbrechung bzw. Störung betroffen ist oder theoretisch betroffen sein könnte, selbst wenn es sich nur um eine geringfügige oder örtlich begrenzte Unterbrechung handelt.
In der Sache T 1547/20 waren alle am oder nach dem 15. März 2020 ablaufenden Fristen aufgrund der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Störungen nach R. 134 (2) und (4) EPÜ auf den 2. Juni 2020 verlängert worden. Nach diesem Tag konnte R. 134 (5) EPÜ geltend gemacht werden, wenn eine Frist aufgrund eines außerordentlichen Ereignisses versäumt worden war (s. Mitteilung des EPA, ABl. 2020, A74).