5.1.2 Änderungen, die durch einen Einspruchsgrund veranlasst sind – Regel 80 EPÜ
In T 2450/17 enthielt die Patentschrift nach einer Änderung im Erteilungsverfahren einen unzutreffenden Hinweis auf den Stand der Technik. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer reichte der Beschwerdeführer einen geänderten Absatz ein, in welchem die unzutreffenden Angaben gestrichen wurden. Zu der Frage, ob die beanstandeten Änderungen nach R. 80 EPÜ zulässig sind, verwies die Kammer darauf, dass es in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass Bezugnahmen auf den Stand der Technik, soweit dieser im Sinne von R. 42 (1) b) EPÜ relevant ist, auch nachträglich eingefügt werden können, ohne dass dies notwendigerweise als unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Patentanmeldung anzusehen wäre. Abgrenzungen vom relevanten Stand der Technik dürfen dabei aber nicht unrichtig oder irreführend sein, andernfalls könnten sie den Gegenstand des Patents doch verändern. Die Beseitigung derartiger Unrichtigkeiten verstößt damit nicht gegen Art. 123 (2) EPÜ, sondern ist im Gegenteil geeignet und geboten, um Konformität mit dieser Vorschrift herbeizuführen. Die Streichung unrichtiger Angaben zum Stand der Technik, von dem die Patentschrift sich abgrenzt, ist daher geeignet, dem Einspruchsgrund gemäß Art. 100 c) EPÜ Rechnung zu tragen. Die Kammer kam auch zu dem Schluss, dass es unzutreffend ist, dass jede Änderung eines unrichtigen Verweises auf den Stand der Technik, der nach R. 80 EPÜ – weil von Art. 100 c) EPÜ veranlasst – zulässig ist, zugleich eine Verletzung von Art. 123 (3) EPÜ darstellt. Sie wies darauf hin, dass zum einen R. 80 EPÜ bereits erfüllt ist, wenn Änderungen an den Patentunterlagen im Hinblick auf einen potentiell relevanten Einspruchsgrund vorgenommen werden und dass zum anderen im vorliegenden Fall eine Schutzbereichserweiterung nicht gegeben ist.
In T 2444/18 befand die Kammer, die Tatsache, dass in bestimmten geänderten Anspruchsanträgen ein Fehler vorlag, könne den Patentinhaber nicht daran hindern, die Rückverweise in einem anderen Anspruchsantrag korrekt anzugeben. R. 80 EPÜ sei auf eine solche Situation nicht anwendbar, da sie die Änderung(en) eines europäischen Patents betreffe, d. h. einen Vergleich einer geänderten Fassung mit der erteilten Fassung und nicht einen Vergleich zwischen verschiedenen geänderten Fassungen. Ein anderes Verständnis des Rechtsrahmens würde eine rechtliche Asymmetrie schaffen. Einerseits müsste jeder geänderte Text allen Anforderungen des EPÜ entsprechen. Andererseits könnten Änderungen dieses Textes nur dann zugelassen werden, wenn sie durch einen Einspruchsgrund veranlasst wurden.