2. Europäisches Patentregister
2.3. Eintragung von Rechtsübergängen
Artikel 72 EPÜ bestimmt, dass die rechtsgeschäftliche Übertragung der europäischen Patentanmeldung schriftlich erfolgen muss und der Unterschrift der Vertragsparteien bedarf. Nach R. 22 EPÜ wird ein Rechtsübergang der europäischen Patentanmeldung auf Antrag eines Beteiligten in das Europäische Patentregister eingetragen, wenn er dem EPA durch Vorlage von Urkunden nachgewiesen wird. Der Rechtsübergang wird damit an die im PCT geltende Regelung (R. 92bis.1 PCT) angeglichen. R. 22 EPÜ ist auf einen Rechtsübergang des europäischen Patents während der Einspruchsfrist oder der Dauer des Einspruchsverfahrens anzuwenden (R. 85 EPÜ).
In J 5/23 vom 4. September 2023 befand die Juristische Beschwerdekammer, dass Art. 72 EPÜ mangels einer expliziten Rechtsgrundlage so auszulegen ist, dass handschriftliche Unterschriften der Beteiligten erforderlich sind. Allerdings wurde R. 22 EPÜ kurz darauf durch den Beschluss des Verwaltungsrats CA/D 26/23 vom 14. Dezember 2023 (ABl. 2024, A16), der am 1. April 2024 in Kraft trat, geändert. Demzufolge ist R. 2 (2) EPÜ, wonach die Authentizität eines Schriftstücks durch eigenhändige Unterschrift oder andere geeignete, vom Präsidenten des EPA zugelassene Mittel bestätigt werden kann, entsprechend auf die Unterschrift der Beteiligten im Zusammenhang mit R. 22 EPÜ anzuwenden. Siehe hierzu den Beschluss des Präsidenten des EPA vom 9. Februar 2024 über Unterschriften auf Verträgen und Erklärungen nach R. 22 und 85 EPÜ sowie R. 23 EPÜ (ABl. 2024, A17).
Die nachstehend aufgeführten Entscheidungen wurden vor Inkrafttreten der oben genannten Änderungen der R. 22 EPÜ getroffen.
In J 12/00 fasste die Juristische Beschwerdekammer die Vorbedingungen für die Eintragung eines Rechtsübergangs der europäischen Patentanmeldung wie folgt zusammen (R. 20 EPÜ 1973; jetzt R. 22 EPÜ): i) Antrag eines Beteiligten, ii) Vorlage von Urkunden beim EPA als Nachweis für den Rechtsübergang und iii) Entrichtung einer Verwaltungsgebühr. Dokumente, die lediglich die Verpflichtung zur Rechtsübertragung betreffen, nicht aber die Übertragung selbst, sind nicht ausreichend. Auch Eintragungen in verschiedenen Ländern auf der Grundlage von Dokumenten, bei denen es sich nicht um Übertragungsurkunden handelt, sind laut Juristischer Beschwerdekammer nicht ausreichend. So auch J 4/10.
In T 128/10 stellte die Kammer fest, dass die in J 12/00 dargelegten drei Erfordernisse nach R. 22 EPÜ in Verbindung mit R. 85 EPÜ nicht gleichzeitig erfüllt werden müssen. Würden sie an verschiedenen Tagen erfüllt, so werde der Rechtsübergang dem EPA gegenüber erst an dem Tag wirksam, an dem alle oben genannten Erfordernisse erfüllt seien.
In den Verfahren J 38/92 und J 39/92 stellte die Juristische Beschwerdekammer fest, dass ein Rechtsübergang in das Europäische Patentregister aufgrund einer öffentlichen Urkunde gemäß R. 20 (1) EPÜ 1973 nur in das Europäische Patentregister eingetragen werden kann, wenn sich der Rechtsübergang aus der öffentlichen Urkunde unmittelbar ergibt (so auch J 4/10). Die Einreichung eines Urteils, in dem ein anderes Dokument erwähnt wird, aus dem sich der Rechtsübergang ergibt, ist nicht ausreichend.
Im Beschwerdeverfahren ist die Feststellung, ob dem EPA durch Vorlage von Urkunden nachgewiesen wurde, dass ein Rechtsübergang nach R. 20 (1) und (3) EPÜ 1973 stattgefunden hat, und dessen Eintragung in das Register Sache des Organs der ersten Instanz, welches für die Eintragung ins Register zuständig ist. Somit kann im Beschwerdeverfahren erst dann ein anderer Beteiligter an die Stelle des ursprünglichen Anmelders treten, wenn das zuständige Organ der ersten Instanz die Eintragung vorgenommen hat oder wenn ein eindeutiger Nachweis des Übergangs vorliegt (J 26/95, ABl. 1999, 668; s. auch T 976/97; T 1751/07). In T 393/15 entschied die Kammer, dass ein eindeutiger Nachweis des Rechtsübergangs nicht erbracht sei, wenn eine nicht eindeutig zur rechtsgeschäftlichen Übertragung ermächtigte Person diese vornahm (s. auch T 581/14).
Ein Rechtsübergang einer Patentanmeldung kann auch nach Eintritt der Rücknahmefiktion in das Europäische Patentregister eingetragen werden, sofern eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch möglich ist und der Rechtsnachfolger zusammen mit seinem Eintragungsantrag geeignete Verfahrensschritte zur Wiederherstellung der Anmeldung unternommen hat (J 10/93, ABl. 1997, 91). S. auch J 16/05, J 4/11.
In J 17/12 befand die Juristische Beschwerdekammer, dass der Rechtsübergang einer europäischen Patentanmeldung nicht zu einem Zeitpunkt in das Europäische Patentregister eingetragen werden kann, zu dem das Erteilungsverfahren nach R. 14 (1) EPÜ ausgesetzt ist. Dass während der Aussetzung des Erteilungsverfahrens ein Rechtsübergang der Anmeldung beantragt wird, lässt sich nicht verhindern, aber mit dem Antrag geschieht nichts, solange das Verfahren ausgesetzt ist. Der Rechtsübergang mag zwar nicht aus dem Register ersichtlich sein, wohl aber aus der Akteneinsicht; Gleiches gilt für die Entscheidung, das Erteilungsverfahren auszusetzen.
In J 17/14 entschied die Juristische Beschwerdekammer, dass die Rückumschreibung einer vollzogenen Umschreibung im Europäischen Patentregister nicht ohne Weiteres gerechtfertigt ist, wenn nachträglich Zweifel an dem hinreichenden Nachweis der behaupteten Rechtsnachfolge auftreten. Gegebenenfalls kommt vielmehr zugunsten des ursprünglich Eingetragenen die Aussetzung des Erteilungs- bzw. Einspruchsverfahrens in Betracht.
In J 7/21 überprüfte die Juristische Beschwerdekammer die bestehende Rechtsprechung und kam zu dem Schluss, dass keines der Erfordernisse in R. 22 EPÜ bezüglich der Eintragung von Rechtsübergängen auf Fälle der Gesamtrechtsnachfolge anwendbar ist. S. Kapitel III.O.1. "Parteistellung als Patentinhaber".