4.5.1 Grundsätze
In einem Teil der Entscheidungen gehen die Kammern bei der Zulassung nach Art. 13 (2) VOBK in zwei Schritten vor. Zunächst wird geprüft, ob außergewöhnliche Umstände vorgetragen wurden bzw. vorliegen, die die späte Einreichung rechtfertigen. Und nur wenn dies der Fall ist, werden in einem zweiten Schritt die Ermessenskriterien von Art. 13 (1) Satz 4 und 12 (4) Satz 5 VOBK sowie gegebenenfalls andere Gesichtspunkte herangezogen (siehe z. B. T 989/15, T 709/16, T 924/22). In T 709/16 wurde betont, dass, wenn die Kammer das Argument des Beteiligten gelten lässt, außergewöhnliche Umstände hätten vorgelegen, es immer noch im Ermessen der Kammer liegt, ob sie den Antrag in das Beschwerdeverfahren zulässt. In T 2486/16 erläuterte die Kammer, dass die Kriterien von Art. 13 (1) VOBK die gesonderten Erfordernisse von Art. 13 (2) VOBK ergänzen, jedoch nicht ersetzen. In T 1558/22 stellte die Kammer fest, dass ein außergewöhnlicher Umstand außerhalb des Verantwortungsbereichs des Beschwerdegegners, der die verspätete Einreichung des betreffenden Hilfsantrags hätte rechtfertigen können, nicht vorlag. Daher sei auch nicht maßgeblich, ob weitere in Art. 12 (4) VOBK und Art. 13 (1) VOBK definierte Kriterien der Ermessenausübung, die zusätzlich zu den strikten Erfordernissen des Art. 13 (2) VOBK Berücksichtigung finden könnten, erfüllt gewesen seien.
In anderen Entscheidungen fließen alle Gesichtspunkte, insbesondere auch die in Art. 13 (1) VOBK aufgeführten Ermessenkriterien, in die Beurteilung, ob "außergewöhnliche Umstände" vorliegen, mit ein. So erklärte die Kammer beispielsweise in T 1773/22, dass die Beurteilung, ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, nicht von der Ausübung des Ermessens bei der Zulassung einer Änderung getrennt werden kann (bestätigt in T 152/22). Die Kammer stellte fest, dass dies mit der Auffassung im Einklang steht, dass außergewöhnliche Umstände rechtlicher Natur sein können (unter Verweis auf T 2295/19, T 339/19, T 1800/21). Weitere Beispiele für diese Auffassung finden sich z. B. in T 713/14, T 1904/16, T 988/17, T 1055/17, T 1790/17, T 1227/19, T 916/21, T 172/22.