4.5.4 Zulassung neuer Anträge
In T 1436/19 rechtfertigte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) die vorgeschlagene Neuordnung mit Blick auf die vorläufige Einschätzung der Kammer, wonach Hilfsantrag 4 wahrscheinlich alle erhobenen Einwände nach Art. 83, 84 und 123 (2) EPÜ ausräume, mit dem Erfordernis der Verfahrensökonomie. Die Kammer entschied, dass die Neuordnung der Anträge eine Änderung des Beschwerdevorbringens des Beschwerdeführers darstellt und nicht berücksichtigt werden kann, unter anderem weil die Zulassung der vorgeschlagenen Neuordnung die Kammer dazu zwingen würde, als Erstes über einen völlig neuen Hauptantrag zu entscheiden, der nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen war. Dies verstoße gegen Art. 12 (2) VOBK. Tatsächlich würde die vorgeschlagene Neuordnung der Anträge potenziell dazu führen, dass die Kammer den Fall an die erste Instanz zurückverweisen müsste, ohne über aufrechterhaltene Anträge entschieden zu haben, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung waren. Dies würde nach Ansicht der Kammer über den Rahmen des Beschwerdeverfahrens hinausgehen und könnte zudem der Verfahrensökonomie im Ganzen abträglich sein.
In T 2166/22 allerdings ließ die Kammer die Neuordnung der Hilfsanträge zu. Sie wies darauf hin, dass der faktische und rechtliche Rahmen des Beschwerdevorbringens des Beschwerdegegners (Patentinhabers) sich durch die Neuordnung der Hilfsanträge nicht änderte. Tatsächlich waren alle Hilfsanträge im Einspruchsverfahren eingereicht und erneut mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegt worden. Darüber hinaus beeinträchtigte die Neuordnung entgegen dem Argument des Beschwerdeführers nicht die Verfahrensökonomie.
Ein weiteres Beispiel für die Zulassung eines umnummerierten Antrags findet sich in T 369/22.
Siehe auch Kapitel V.A.4.2.3 i) zu den verschiedenen Ansichten, ob die Neuordnung von Anträgen eine Änderung des Beschwerdevorbringens darstellt.