4.2. Formulierung der objektiven technischen Aufgabe
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4.2. Formulierung der objektiven technischen Aufgabe
Die objektive technische Aufgabe bestimmt den Blickwinkel, den die Fachperson einnimmt, wenn sie im dritten Schritt des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes den übrigen Stand der Technik betrachtet. Für eine faire und objektive Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist es daher wichtig, dass die objektive technische Aufgabe weder zu eng noch zu weit gefasst wird. In den meisten Fällen kann die objektive technische Aufgabe als Frage formuliert werden, wie die technische Wirkung erzielt werden kann. Dabei handelt es sich in der Regel um eine der Fachperson vertraute Aufgabe, weil sie sich auf bekannte Nachteile des Stands der Technik auf dem technischen Gebiet der Erfindung bezieht (T 1148/15).
Die technische Aufgabe kann unter Verweis auf eine Zielsetzung auf einem nichttechnischen Gebiet formuliert werden, die folglich nicht Teil des technischen Beitrags ist, den die Erfindung zum Stand der Technik leistet (s. z. B. G 1/19, ABl. 2021, A77; T 641/00, ABl. 2003, 352; T 154/04, ABl. 2008, 46). S. auch dieses Kapitel I.D.9.1. "Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bei Mischerfindungen".
Nach T 268/89 (ABl. 1994, 50) kann eine erst nach dem Prioritäts- bzw. Anmeldetag erkannte oder behauptete Unwirksamkeit einer zum Stand der Technik gehörenden Vorrichtung oder eines solchen Verfahrens nicht zur Formulierung der Aufgabe herangezogen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Aufgabe im Sinne einer Aufgabenerfindung (s. T 2/83, ABl. 1984, 265) als Argument zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit geltend gemacht wird.
Zu prüfen ist, ob die mit Bezug auf den nächstliegenden Stand der Technik definierte Aufgabe durch den Anspruchsgegenstand gelöst wird. Ist dies nicht der Fall, muss die Aufgabe neu formuliert werden. S. auch dieses Kapitel I.D.4.4 "Neuformulierung der technischen Aufgabe". Es ist die Aufgabe des Patentanmelders oder -inhabers, hinreichend nachzuweisen, dass die behaupteten Vorteile der beanspruchten Erfindung erfolgreich erzielt worden sind. (G 2/21, Nr. 26 der Gründe; s. auch T 1045/21).
Siehe auch EPÜ Richtlinien G‑VII, 5.2 – Stand April 2025.