8. Nationale Entscheidungen und Gesetzgebung in Vertragsstaaten des EPÜ
8.3. Konsequenzen in der Rechtsprechung von Unterschieden zwischen nationalem Recht und EPÜ
Auch wenn generell ein hohes Maß an Harmonisierung zwischen dem EPÜ und nationalen Gesetzen erstrebenswert ist und auch erreicht wurde, schließt das EPÜ diesbezügliche Abweichungen zwischen dem nationalen Recht und dem EPÜ nicht aus (J 9/07 unter Verweis auf Art. 2(2) und Art. 66 EPÜ 1973). In J 9/07 verwies die Juristische Beschwerdekammer darauf, dass nach Art. 1 EPÜ 1973 das EPÜ ein den Vertragsstaaten gemeinsames Recht für die Erteilung von Erfindungspatenten schafft. Dieses gemeinsame Recht gilt für alle europäischen Patentanmeldungen unabhängig davon, welche Vertragsstaaten in der europäischen Anmeldung benannt wurden. Soweit das EPÜ nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht, darf das EPA im Hinblick auf den jeweiligen benannten Staat eine spezifische nationale Vorschrift, die für den Anmelder günstiger wäre als die Bestimmungen des EPÜ, nicht berücksichtigen. Dies würde nämlich dazu führen, dass die europäischen Anmeldungen hinsichtlich der Erfordernisse für die Erteilung abhängig davon, welcher Staat oder welche Staaten benannt worden sind, entgegen Art. 1 EPÜ 1973 ungleich behandelt würden. Es würde auch dem in Art. 118 EPÜ 1973 verankerten Grundsatz der Einheit der Anmeldung zuwiderlaufen.