5. Zurücknahme von Anträgen
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5. Zurücknahme von Anträgen
In mehreren jüngeren Entscheidungen kamen die Kammern (abweichend von T 1157/01, s. folgender Absatz) zu dem Schluss, dass eine konkludente Antragsrücknahme möglich ist und dann vorliegt, wenn sich aus den Umständen zweifelsfrei ergibt, dass bestimmte Anträge nicht weiterverfolgt werden sollen (s. z. B. T 388/12, T 573/12, T 996/12, T 2301/12, T 52/15, T 1255/16, T 1695/14, T 1155/17 und T 1411/21).
In T 1157/01 hatte der Antragsteller all seine Anträge (Hauptantrag und drei Hilfsanträge) aufrechterhalten. Als er erklärte, der auf der Grundlage des dritten Hilfsantrags für die Erteilung vorgeschlagenen Fassung nicht zuzustimmen, wiederholte der Beschwerdeführer jedoch nicht ausdrücklich, all seine bisherigen und im Rang vorgehenden Anträge aufrechtzuerhalten. Nach Auffassung der Kammer konnte jedoch gemäß dem in G 1/88 (ABl. 1989, 189) angeführten allgemeinen Grundsatz "a jure nemo recedere praesumitur" mangels ausdrücklicher Rücknahme ein Rechtsverzicht nicht einfach vermutet werden; eine Wertung des Schweigens als Verzicht würde auch einer systematischen Auslegung des Übereinkommens widersprechen.
In T 388/12 bestätigte die Kammer, dass es ein allgemeiner Rechtsgrundsatz sei, dass ein Rechtsverzicht nicht ohne Weiteres vermutet werden könne (unter Verweis auf G 1/88). In strikter Anwendung des Grundsatzes "a jure nemo recedere praesumitur" könne sich die Zurücknahme eines Antrags nur aus Handlungen des Beteiligten ergeben, die eine derartige Absicht eindeutig offenbarten. Gleichzeitig führte die Kammer aus, dass eine ausdrückliche Zurücknahme eines Antrags dann nicht erforderlich sei, wenn die entsprechende Absicht dem Verhalten oder den Äußerungen des Beteiligten eindeutig zu entnehmen sei.