3.8.3 Berichtigung der Zurücknahme der Anmeldung
In J 7/19 entschied die Kammer mit Verweis auf die Rechtsprechung der Beschwerdekammern zu R. 139 EPÜ (J 8/80, ABl. 1980, 293; J 4/82, ABl. 1982, 385), dass Unrichtigkeiten, die zu einer Diskrepanz zwischen der tatsächlichen und der erklärten Absicht des Beteiligten führen, nach R. 139 EPÜ berichtigungsfähig sind. Vorliegend hatte der Anmelder auf der Grundlage dieser irrigen Annahme beschlossen, die Anmeldung fallen zu lassen. Die Kammer stellte zwischen der tatsächlichen und der erklärten Absicht des Beteiligten keine Diskrepanz fest und wies die Beschwerde zurück. Nach der Rechtsprechung der Kammern sind nur Unrichtigkeiten in Bezug auf die Erklärung, ihren Inhalt oder ihre Übermittlung eine Unrichtigkeit im Sinne der R. 139 EPÜ. Die Kammer führte gute rechtspolitische Gründe für diese Beschränkung an. Würde man den Begriff der Unrichtigkeit auf ein Szenario ausdehnen, in dem die Erklärung die Absichten eines Beteiligten richtig wiedergibt, aber auf falschen Annahmen beruht, würde jede irrige Beurteilung der Offenbarung der Anmeldung, der Patentierbarkeit der Erfindung, des Prioritätsanspruchs, der gesetzlichen Bestimmungen oder der einschlägigen Rechtsprechung eine Zurücknahme potenziell berichtigungsfähig machen. Dies wäre der Rechtssicherheit abträglich. Ein Anmelder, der eine Entscheidung über die Zurücknahme getroffen hat, ohne alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, muss die Folgen tragen.
In J 19/03 befand die Juristische Beschwerdekammer, dass es nach R. 88 Satz 1EPÜ 1973 (R. 139 Satz 1 EPÜ) nicht ausreicht nachzuweisen, dass zwischen der eigentlichen Absicht des Anmelders und der von seinem Vertreter eingereichten Erklärung eine Abweichung besteht; vielmehr muss diese Abweichung darüber hinaus durch einen Fehler der Person verursacht worden sein, die befugt war, die Entscheidung über die Verfahrenshandlung vor dem EPA zu treffen. In Fällen, in denen der Beteiligte durch einen zugelassenen Vertreter vertreten wird, muss der Fehler daher nach R. 88 EPÜ 1973 grundsätzlich darin bestehen, dass dieser Vertreter seine eigenen Absichten fehlerhaft äußert.
In J 5/19 dagegen erklärte die Juristische Beschwerdekammer, dass für die Frage, ob die Zurücknahme der Anmeldung im vorliegenden Fall auf einen Fehler zurückzuführen war, nicht die Absicht des europäischen Vertreters, sondern nur die des Beteiligten maßgeblich ist. Denn die Entscheidung der Zurücknahme liegt beim Anmelder, nicht bei dessen Vertreter.