2.6.3 Inhalt der Beschwerdebegründung
Die folgenden Entscheidungen betreffen die Anwendung von R. 64 b) EPÜ 1973 und insbesondere die erforderliche Angabe in der Beschwerdeschrift, in welchem Umfang die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung beantragt wird. Dieser Antrag muss nunmehr in der Beschwerdebegründung enthalten sein; s. R. 99 (2) EPÜ mit neuem Wortlaut.
Um R. 64 b) EPÜ 1973 zu entsprechen, genügte es, wenn der erforderliche Antrag auch durch sachgerechte Auslegung der Beschwerdeschrift aus dem objektiven Erklärungswert entnehmbar war (T 85/88, s. auch z. B. T 32/81, ABl. 1982, 225; T 7/81; ABl. 1983, 98; T 1/88; T 533/93; T 141/95 und T 308/97).
Mit den Entscheidungen T 631/91, T 727/91 und T 273/92 wurde der Grundsatz bestätigt, dass der Umfang der Beschwerde aus dem gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers ermittelt werden kann, wenn der im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag keine Angaben darüber enthält. Da anderweitige Angaben im Vorbringen der Beschwerdeführer gefehlt hatten, gingen die Kammern davon aus, dass die Beschwerdeführer einen Antrag, der dem im Einspruchsverfahren gestellten entspricht, auch im Beschwerdeverfahren stellen wollten (s. auch T 925/91, ABl. 1995, 469; T 194/90 und T 281/95).
Die Formulierung "Hiermit legen wir gegen die Entscheidung [....] Beschwerde ein [...]" wurde in T 632/91 als Antrag verstanden, die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang aufzuheben und auf der Basis der Unterlagen der europäischen Patentanmeldung, auf die sich die angefochtene Entscheidung bezog, ein Patent zu erteilen. Dieser Entscheidung wurde in T 49/99 und T 1785/06 gefolgt. S. auch T 9/08 für eine entsprechende Anwendung unter der Geltung der R. 99 (2) EPÜ.
Die Erklärung des Patentinhabers, gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde einzulegen, bedeutet bei einem Widerruf des Patents als dem einzigen Ausspruch der Entscheidung jedenfalls die Erklärung, dass der Patentinhaber die vollständige, weil nur einheitlich mögliche Aufhebung dieser Entscheidung begehrt und damit beantragt. Damit enthält die Beschwerdeschrift das, was R. 64 b) EPÜ 1973 nach ihrem Wortlaut in einer ihrer Alternativen als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerde verlangt, nämlich die Angabe des Umfangs, in dem die Aufhebung der Entscheidung begehrt wird (T 407/02). Diese Rechtsprechung bleibt auch bei Anwendung von R. 99 EPÜ gültig; s. T 912/08, T 624/09, T 689/09 und T 1188/09.
Bezieht sich die angefochtene Entscheidung jedoch auf mehrere Rechtsfragen, so ist in der nach R. 64 b) EPÜ 1973 vorgeschriebenen Erklärung zum Umfang der Beschwerde klarzustellen, welche in der Entscheidung behandelte(n) Frage(n) auch Gegenstand der Beschwerde sein soll(en) (T 420/03). Da die Kostenverteilung in der Beschwerdeschrift überhaupt nicht angesprochen wurde und es keinen Anhaltspunkt dafür gab, dass die Entscheidung vollständig aufgehoben werden sollte, war diese Frage nicht im Umfang der Beschwerde enthalten.