4.5.4 Zulassung neuer Anträge
In T 2214/15 befand die Kammer, dass keine außergewöhnlichen Umstände vorlagen, die die Berücksichtigung eines weiteren geänderten Antrags (Hilfsantrag 3) rechtfertigten. Das Benennen von Problemen, die beim Versuch des Beschwerdeführers, die im Verfahren bis zu diesem Punkt erörterten Einwände auszuräumen, entstanden waren, sei eher als normaler Verlauf der Diskussion zu betrachten. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers handelte es sich hier nach Auffassung der Kammer um einen typischen Fall, bei dem ein zentraler Einwand (mangelnde Stützung), der einer der Gründe für die Zurückweisung gewesen war, von der Kammer benannt und bestätigt wurde und zentrales Thema des gesamten Beschwerdeverfahrens war, weswegen es in der Regel nicht gerechtfertigt sei, einen weiteren Hilfsantrag zu stellen. Die Kammer wies darauf hin, dass sich die in Anbetracht des Hilfsantrags 2 (zugelassen, aber als unzulässig verworfen) zu erörternden Fragen inhaltlich nicht von den in der Ladung benannten unterschieden. Die Änderungsanträge waren erfolglose Versuche, die bereits in der Ladung erhobenen Einwände mangelnder Klarheit und mangelnder Stützung auszuräumen. Die weiteren von der Kammer in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwände mangelnder Klarheit gingen nicht über den Rahmen der vorherigen Erörterungen hinaus, die von den zugrunde liegenden Anspruchsmängeln bestimmt waren. Träfe das Argument des Beschwerdeführers zu, dass das Benennen neu entstandener Probleme außergewöhnliche Umstände darstelle, so würde dies bedeuten, dass dem Beschwerdeführer wiederholt Gelegenheit gegeben werden müsste, geänderte Ansprüche einzureichen, bis keine neuen Probleme mehr aufkämen, was im Widerspruch zu dem vorrangigen Ziel des Beschwerdeverfahrens stünde, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen (Art. 12 (2) VOBK). Siehe auch T 975/20.
Ebenso verneinte die Kammer in T 1880/20 (ex parte) das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in folgendem Ablauf: Angabe der Grundlage des beanspruchten Gegenstands erst in der mündlichen Verhandlung, Entscheidung der Kammer, dass die Erfordernisse von Art. 123 (2) EPÜ trotz allem nicht erfüllt waren, Einreichen des geänderten Hilfsantrags 6.
In T 2578/19 erläuterte die Kammer, bei Einreichung geänderter Ansprüche müsse immer damit gerechnet werden, dass hierbei in Bezug auf die vorgenommenen Änderungen neue Einwände, insbesondere gemäß Art. 84 oder 123 (2) EPÜ, aufgeworfen werden. Einwände gegen verspätet aufgenommene und erstmals im Beschwerdeverfahren vorliegende Merkmale seien außerdem – ebenso wie Zulassungseinwände gegenüber verspätet eingereichten Anträgen – notwendigerweise neu. Würden solche Einwände daher außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 13 (2) VOBK begründen, würde der Sinn und Zweck der Zulassungsvorschriften in Art. 12 und 13 VOBK, nur ausnahmsweise verspätet eingeführte Änderungen ins Beschwerdeverfahren zuzulassen, ausgehebelt. Siehe auch T 2214/15 (betreffend einen neuen von der Kammer gegen die Änderungen in Hilfsantrag 2 erhobenen Einwand nach Art. 123 (2) EPÜ).
In T 2256/17 ging die Kammer in einem Fall, in dem sie in ihrem Bescheid nach Art. 15 (1) VOBK einen neuen Einwand gegen die erfinderische Tätigkeit erhoben hatte, anders vor. In Reaktion auf die Mitteilung hatte der Beschwerdeführer (Anmelder) weitere Anträge eingereicht. In der mündlichen Verhandlung erhob die Kammer erstmals Klarheitseinwände gegen diese weiteren Anträge. Hierauf reichte der Beschwerdeführer einen weiteren Anspruchssatz (einziger Antrag) ein, um diese neuen Einwände auszuräumen. Nach Auffassung der Kammer lagen außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 13 (2) VOBK vor.