1.6. Bedeutung des nationalen Rechts und nationaler Rechtsprechung für die Beschwerdekammern
1.6.2 Verbindlichkeit nationaler Entscheidungen im Zusammenhang mit Verfahren nach Artikel 61 (1) EPÜ
In J 14/19 stellte die Juristische Beschwerdekammer fest, dass gemäß Art. 9 (2) des Anerkennungsprotokolls die Zuständigkeit des (nationalen) Gerichts, dessen Entscheidung über den Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents anerkannt werden soll, sowie die Gesetzmäßigkeit dieser Entscheidung nicht nachgeprüft werdendürfen. Wenngleich primär an die Vertragsstaaten des EPÜ adressiert, ist das Anerkennungsprotokoll gemäß Art. 164 (1) EPÜ Bestandteil des EPÜ und somit auch für das EPA verbindlich (s. J 36/97 und zur Anerkennungspflicht R. 16 (2) EPÜ). Die Juristische Beschwerdekammer verwies auch auf G 3/92, in der die Große Beschwerdekammer dargelegt hat, dass die inhaltliche Prüfung der Klage nach dem Anerkennungsprotokoll dem nationalen Gericht vorbehalten ist und das EPA diesbezüglich keinerlei Befugnis hat.
In G 1/22 (ABl. 2024, A50) bestätigte die Große Beschwerdekammer, dass das EPA nicht befugt ist, über einen Rechtsstreit zu der Frage zu entscheiden, ob ein bestimmter Anmelder einen Rechtsanspruch auf Anmeldung und Erteilung eines europäischen Patents für den Gegenstand einer bestimmten Anmeldung hat. Wie Fragen im Zusammenhang mit dem Recht auf Erteilung eines europäischen Patents vor der Patenterteilung zu klären sind, regle das Anerkennungsprotokoll.