3.2. Gewährung von auf überlappende Gegenstände gerichteten Ansprüchen
3.2.3 Überlappender Schutzumfang
Die Kammer in T 1391/07 merkte an, dass die Praxis des "Doppelschutzverbots" auf Patente und Anmeldungen beschränkt ist, die dieselbe, durch den Gegenstand der entsprechenden Ansprüche definierte Erfindung betreffen, und damit auf Ansprüche, die begrifflich denselben Schutzumfang verleihen. Sie sah keine Grundlage für eine Ausweitung dieser Praxis auf Ansprüche, die nicht auf denselben Gegenstand gerichtet sind, sondern sich in ihrem Schutzumfang – wie im vorliegenden Fall – nur teilweise überschneiden, und zwar insofern, als nicht alle begrifflich unter den einen Anspruch fallenden Ausführungsarten auch unter den anderen fallen. Insbesondere kann das von der Großen Beschwerdekammer in G 1/05 date: 2007-06-28 (ABl. 2008, 271) und G 1/06 (ABl. 2008, 307) verneinte legitime Interesse des Anmelders an der Erlangung von zwei Patenten für denselben Gegenstand nicht angeführt werden, wenn sich der Schutzumfang der betreffenden Ansprüche nur teilweise überschneidet, denn es gibt keinen offensichtlichen objektiven Grund dafür, dem Anmelder ein legitimes Interesse daran abzusprechen, einen Schutz zu erlangen, der sich von dem des bereits erteilten Stammpatents – trotz teilweiser Überschneidung – unterscheidet. Dementsprechend kam die Kammer zu dem Schluss, dass die Tatsache allein, dass sich der begrifflich vom angefochtenen Anspruch verliehene Schutzumfang teilweise mit dem des erteilten Stammpatents überschneidet, der Erteilung eines Patents nicht entgegensteht (s. auch T 587/98, ABl. 2000, 497; T 877/06; T 1491/06; T 2461/10; T 2563/11, T 1780/12).
In T 1252/16 stellte die Beschwerdekammer fest, dass sich entgegen der Auffassung in T 307/03 (s. in diesem Kapitel II.G.3.3.1.) nach ständiger Rechtsprechung jegliches Verbot der Doppelpatentierung nur auf "denselben Gegenstand" erstreckt und nicht auf Ansprüche, die sich in ihrem Schutzumfang nur teilweise überschneiden (unter Verweis auf T 2461/10).
Zur Relevanz des Schutzumfangs für die Frage der Doppelpatentierung siehe jedoch z. B. auch T 1780/12 und T 2563/11 (Nr. 2.11 der Gründe).