S. Zustellung
3. Zustellung an Vertreter
Zustellungen müssen an den bestellten Vertreter gerichtet werden (R. 130 (1) EPÜ, zuvor R. 81 (1) EPÜ 1973). Sind mehrere Vertreter für eine Partei bestellt, so genügt die Zustellung an einen von ihnen (R. 130 (2) EPÜ). Haben mehrere Parteien einen gemeinsamen Vertreter, genügt die Zustellung an den gemeinsamen Vertreter (R. 130 (3) EPÜ).
In T 812/04 betonte die Kammer, dass aus R. 101 (6) EPÜ 1973 (R. 152 (8) EPÜ) i. V. m. R. 81 (1) EPÜ 1973 eindeutig hervorgehe, dass das EPA Mitteilungen, Entscheidungen oder andere Unterlagen so lange an den ordnungsgemäß bestellten Vertreter zu richten habe, bis ihm die Beendigung seines Mandats angezeigt werde, und dass nur diese Zustellungen rechtswirksam seien. Aus der Tatsache, dass der Kläger die Beschwerdeschrift selbst eingereicht habe, erwachse der Geschäftsstelle der Beschwerdekammer keinerlei Verpflichtung, sich nach dem rechtlichen Stand der Beziehungen zwischen dem Kläger (Mandanten) und dem ordnungsgemäß bestellten Vertreter zu erkundigen oder Unterlagen und Mitteilungen in der Folge direkt an den Mandanten zu richten.
Für die Frage, an wen Zustellungen nach R. 130 (1) EPÜ zu richten sind, ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Absendung der Mitteilung maßgeblich (T 7/17). Eine Zustellung muss auf der Grundlage der Aktenlage zum Zeitpunkt der Absendung erfolgen (J 22/94). In J 19/92 führte die Juristische Beschwerdekammer aus, dass Zustellungen an den Vertreter eines Anmelders ordnungsgemäß sind, wenn sie, bevor der Vertreter sein Mandat niederlegte, abgesandt worden sind. Nach der Mitteilung der Niederlegung des Mandats muss daher die Zustellung an den Anmelder nicht wiederholt werden. Vielmehr ist der Vertreter verpflichtet, seinen Mandanten über die Zustellung zu unterrichten. In T 247/98 bestätigte die Kammer, dass es für die Frage, ob eine Zustellung gemäß R. 81 (1) EPÜ 1973 (R. 130 (1) EPÜ) an den Vertreter zu richten war, auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Absendung des Schriftstücks ankommt.
In T 128/18 wurde erörtert, ob der weitere Vertreter lediglich unterbevollmächtigt war, nur in bestimmten Phasen des Verfahrens vor dem EPA aufzutreten. Die Kammer war nicht in der Lage, in den aktenkundigen Unterlagen wörtliche und/oder eindeutige Belege für dieses Verständnis zu finden. Da zwei Vertreter bestellt worden waren, war die Mitteilung an den weiteren Vertreter ausreichend (R. 130 (2) EPÜ). Hätte es zu diesem Zeitpunkt noch Zweifel hinsichtlich des richtigen Empfängers der Zustellungen gegeben, wäre es angebracht gewesen, dass entweder der ursprüngliche oder der weitere Vertreter die Angelegenheit mit dem EPA klärt. Da es keine diesbezüglichen Maßnahmen oder Hinweise gab, kam die Kammer zu dem Schluss, dass die Zustellungen korrekt an den weiteren Vertreter gerichtet waren.
Der dem Fall T 1281/01 zugrunde liegende Sachverhalt unterschied sich von dem der Sache T 128/18. In T 1281/01 war dem EPA ein förmlicher Wechsel des Vertreters ordnungsgemäß und deutlich mitgeteilt worden, und der zuletzt bestellte Vertreter hatte den Fall aktiv verfolgt, sodass er in der Lage war, sofort zu reagieren und das EPA über den Fehler zu informieren.
In T 703/92 wurden jedoch die schriftlich begründete Entscheidung und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht dem bevollmächtigten zugelassenen Vertreter, sondern dem Einsprechenden selbst zugeschickt. Die Kammer gelangte zu dem Schluss, dass die Zustellungsvorschrift verletzt wurde und es daher zur Beurteilung der Wirksamkeit der Zustellung (R. 82 EPÜ 1973; R. 125 (4) EPÜ) darauf ankommt, ob und wann der Vertreter über die vollständige Entscheidung verfügen konnte.
Für Details zur Vertretung s. Kapitel III.V.