2.2.2 Einspruchsfrist
In T 438/87 stellte sich die Frage, ob eine Verzögerung bei der Veröffentlichung der europäischen Patentschrift die Berechnung der neunmonatigen Einspruchsfrist beeinflussen kann. Die Kammer gelangte zu folgendem Schluss: Da der Hinweis auf die Erteilung des streitigen Patents der Öffentlichkeit in der üblichen Weise bekannt gemacht worden war, war die Einspruchsfrist am Tag der Bekanntmachung angelaufen; dies erfolgt unabhängig davon, was mit der Veröffentlichung der Patentschrift geschieht und welche Folgen dies für einige Dritte aufgrund ihrer geografischen Lage mit sich bringen kann.
Gemäß T 1644/10 ist der Beginn des Laufs der Einspruchsfrist ausschließlich davon abhängig, dass ein europäisches Patent erteilt und der Hinweis auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt veröffentlicht wurde. Der im Europäischen Patentblatt veröffentlichte Hinweis über die Herausgabe eines Korrigendums zur Patentschrift lässt weder eine erste noch eine "weitere" Einspruchsfrist beginnen, selbst wenn die korrigierte Patentschrift gegenüber der ursprünglich veröffentlichten Patentschrift einen breiteren Schutzbereich ausweist.
In T 956/19 stellte die Kammer fest, dass die rechtswirksame Einlegung der Einsprüche der Einsprechenden1 und 2 am letzten Tag der Einspruchsfrist nach Art. 99 (1) EPÜ die Voraussetzung für die Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens war und damit auch für eine Unterbrechung dieses Verfahrens. Eine laufende Einspruchsfrist selbst noch kein anhängiges Verfahren vor dem Europäischen Patentamt darstellt, sondern lediglich eine zeitliche Schranke zu dessen Einlegung. Eine Unterbrechung kann daher frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Einlegung der Einsprüche gelten, diese aber nicht ausschließen. R. 142 (4) EPÜ ist nicht auf Fristen wie die Einspruchsfrist nach Art. 99 (1) EPÜ anwendbar, die weder vom Anmelder noch vom Patentinhaber einzuhalten waren. Siehe auch Kapitel III.D.4.8. "Folgen einer Unterbrechung des Verfahrens (Regel 142 (4) EPÜ)".