2.2.2 Einspruchsfrist
i) Einreichung mit der Software des EPA für die Online-Einreichung
In T 480/21 wies die Kammer darauf hin, dass das System des EPA für die Online-Einreichung dazu bestimmt ist, auf den elektronischen Systemen der Benutzer installiert zu werden. Wenn die vom EPA gelieferte Software einen Fehler enthalte, der jeden Anmeldeversuch unweigerlich zum Scheitern bringe, sei dieser Fehler dem EPA zuzurechnen, auch wenn die Software nicht auf einem EPA-Rechner oder in den Räumlichkeiten des EPA laufe. Im vorliegenden Fall hatte der Einsprechende nach einer Störung des Online-Systems am letzten Tag der Einspruchsfrist seinen Einspruch noch am selben Tag erfolgreich per Fax eingereicht. Der darin enthaltene Auftrag zur Abbuchung der Einspruchsgebühr von einem laufenden Konto beim EPA wurde jedoch nicht ausgeführt. Der Einsprechende entrichtete die Einspruchsgebühr daraufhin erfolgreich über das Online-Anmeldesystem am Folgetag, also außerhalb der regulären Einspruchsfrist. Aufgrund der Störung des Online-Systems verlängerte sich jedoch die Zahlungsfrist gemäß Nr. 5.5 VLK zumindest bis zum nächstfolgenden Tag, und da die Zahlung an diesem Tag erfolgte, galt der Einspruch als fristgerecht eingereicht.
ii) Einreichung per Fax
Seit dem 1. Juli 2024 akzeptiert das EPA keine Einreichungen per Fax mehr (s. Beschluss des Präsidenten des EPA vom 22. April 2024 über die Abschaffung der Einreichung von Patentanmeldungen und anderen Unterlagen durch Telefax, ABl. 2024, A41). Die nachstehenden Entscheidungen beziehen sich daher auf Einreichungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses erfolgt sind.
In T 2061/12 erinnerte die Kammer daran, dass nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern beim Eingang eines Faxes zwischen den vor und den nach Mitternacht des letzten Tages der Einspruchsfrist eingegangenen Teilen zu unterscheiden ist. Ihnen wird jeweils ein eigener Eingangstag zuerkannt (T 683/06, T 2133/10; Beschluss der Präsidentin des EPA vom 12. Juli 2007, ABl. SA 3/2007, 7, zur fraglichen Zeit in Kraft). Im vorliegenden Fall waren nur die letzte Seite und möglicherweise ein Teil der vorletzten Seite nach Mitternacht eingegangen. Das Formblatt 2300 mit der Unterschrift des Vertreters, das Gebührenblatt und mindestens die ersten zwei Seiten der Einspruchsschrift, auf denen mindestens ein Neuheitsangriff begründet war, waren beim EPA vor Mitternacht eingegangen. Nach Auffassung der Kammer wurde der Einspruch somit innerhalb der Frist nach Art. 99 (1) EPÜ eingelegt und genügte den Erfordernissen der R. 76 (1) und (2) EPÜ. Er war daher auch zulässig (R. 77 (1) und (2) EPÜ). Siehe auch T 2317/13.
Die Kammer in T 858/18 entschied jedoch Folgendes: Wenn der Faxversand eines Schriftstücks im Sinne der R. 50 (3) EPÜ an einem früheren Tag beginnt und mitternachtsüberschreitend an einem späteren Tag endet, dann wird dem gesamten Schriftstück der spätere Tag als alleiniger Eingangstag zuerkannt. Die Kammer verwies auf den Beschluss der Präsidentin des Europäischen Patentamts vom 12. Juli 2007 über die Einreichung von Patentanmeldungen und anderen Unterlagen durch Telefax (ABl. SA 3/2007, 7). Dieser biete keine Rechtsgrundlage für die Zuerkennung des früheren Tags als Eingangstag für den Teil des Schriftstücks, der vor Mitternacht beim EPA eingegangen ist. Der Begriff "Schriftstück" beziehe sich auf die Aufzeichnung einer vollständigen Informationseinheit.
In T 2307/15 (betreffend eine per Fax eingegangene Beschwerdebegründung) folgte die Kammer diesem Ansatz nicht, sondern bestätigte den in den Entscheidungen T 2061/12 und T 2317/13 verfolgten Ansatz (eine ausführlichere Zusammenfassung der Entscheidung T 2307/15 enthält Kapitel V.A.2.6.).