4.3.11 Berücksichtigung der Argumente der Parteien in der schriftlichen Entscheidung
Es ist nicht notwendig, in einer Entscheidung im Detail auf jedes einzelne Argument der Beteiligten einzugehen (R 19/10, R 17/11, R 6/12, R 15/12, R 19/12 vom 12. April 2016 date: 2016-04-12, R 2/13, R 5/15).
In R 13/12 stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass die Kammern verpflichtet sind, entscheidungserhebliche Tatsachen und Argumente in ihren Entscheidungen zu erörtern, irrelevante Argumente jedoch außer Acht lassen können (s. auch R 21/10). In R 16/14 erklärte die Große Beschwerdekammer: Wird nicht ausdrücklich auf bestimmte Vorbringen eingegangen, die nach Ansicht der entscheidenden Organe nicht entscheidungserheblich waren, bedeutet dies nicht, dass die Vorbringen außer Acht gelassen wurden. In R 8/16 wies die Große Beschwerdekammer darauf hin, dass die Nichtberücksichtigung spezifischer Argumente in der Entscheidung nicht notwendigerweise eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers begründete.
In R 11/21 hatte die Kammer einige Argumente des Antragstellers nicht für relevant erachtet. Die Große Beschwerdekammer bemerkte, dass eine ausdrückliche Darlegung der Erwägungen in Bezug auf die fehlende Relevanz dieser Aspekte in der zu überprüfenden Entscheidung zwar wünschenswert gewesen wäre, die Begründung der Kammer in Ermangelung einer solchen jedoch nicht defizitär ist. Somit konnte die Große Beschwerdekammer nicht feststellen, dass die Begründung der Kammer einen Verstoß, geschweige denn einen schwerwiegenden Verstoß, gegen Art. 113 (1) EPÜ darstellte.
In R 19/12 vom 12. April 2016 date: 2016-04-12 stellte die Große Beschwerdekammer Folgendes fest: Berücksichtigt eine Beschwerdekammer Vorbringen zu einem erstinstanzlichen Verfahrensmangel angeblich unzureichend, kann dies nur dann eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs begründen, wenn der angebliche erstinstanzliche Verfahrensmangel entscheidungserheblich war.
In R 8/17 gab die Große Beschwerdekammer an, dass es höchst fragwürdig und widersprüchlich gewesen wäre, wenn die Kammer in der schriftlichen Begründung auf ein Argument eines Beteiligten inhaltlich eingegangen wäre, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung keine Diskussion darüber zugelassen hatte.
In R 14/22 vertrat der Antragsteller die Auffassung, dass die Kammer sein Vorbringen zur erfinderischen Tätigkeit auch in jedem weiteren Zusammenhang, in dem dieses Vorbringen für die Entscheidungen der Kammer relevant wurde, hätte berücksichtigen müssen. Die Große Beschwerdekammer war der Auffassung, dass es nicht Aufgabe der Beschwerdekammer sei, die Argumentation für den Antragsteller zu übernehmen, indem sie das Vorbringen des Antragstellers aus dem relevanten Kontext, in dem es vorgetragen wurde, herausgreift und es auf der Grundlage dessen, was für den Antragsteller offensichtlich und vorteilhaft wäre, weiter ausführt.