5. Antrag auf mündliche Verhandlung
5.5. Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung
Weder das EPÜ noch die Rechtsprechung schreiben vor, dass nur unbedingte Anträge auf eine mündliche Verhandlung zulässig sind; es entspricht üblicher Praxis, eine mündliche Verhandlung z. B. nur für den Fall zu beantragen, dass die bevorstehende Entscheidung negativ ausfällt (s. unter anderem T 870/93, T 1136/10). Nach der ständigen Praxis der Beschwerdekammern wird eine von einem Beteiligten hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung als Antrag auf mündliche Verhandlung ausgelegt, es sei denn, dass beabsichtigt wird, den Fall zugunsten dieses Beteiligten zu entscheiden (s. T 3/90, ABl. 1992, 737).
In T 902/04 stellte die Kammer fest, die lediglich von der Einsprechenden und außerdem nur hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung brauchte nicht durchgeführt zu werden, da dem Antrag der Einsprechenden entsprochen wurde. Siehe auch T 545/08, T 749/15, T 494/21. In T 606/22 befand die Kammer, dass der Hilfsantrag des Beschwerdeführers auf mündliche Verhandlung keine prozessuale Wirkung entfalte, da die Kammer der Beschwerde stattgab (siehe auch T 990/16).
In T 344/88 beantragte der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung für den Fall, dass die Einspruchsabteilung beabsichtigen sollte, das Patent ganz oder teilweise aufrechtzuerhalten. Die Einspruchsabteilung verwarf den Einspruch ohne mündliche Verhandlung als unzulässig. Die Beschwerdekammer stellte zu diesem Vorgehen fest, dass es zwar zutreffe, dass bei Verwerfung des Einspruchs als unzulässig formal nicht über die Aufrechterhaltung des Patents entschieden werde. Der Bestand des Patents sei aber die Folge dieser Entscheidung. Der Kammer zufolge darf deshalb bei einem Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung nicht ausschließlich vom Wortlaut des Antrags ausgegangen werden.
In zahlreichen Entscheidungen kamen die Kammern zu dem Schluss, dass ein Beteiligter durch eine Entscheidung, die Angelegenheit ohne Prüfung in der Sache zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen, nicht beschwert ist und somit keine Notwendigkeit besteht, eine hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung anzuberaumen (siehe u. a. T 147/84, T 42/90, T 47/94, T 1434/06, T 1367/12, T 1727/12, T 1205/13, T 1051/20). In T 924/91 stellte die Kammer klar, dass die Zurückverweisung zwar bedeutet, dass das Patent noch nicht erteilt wird, aber auch, dass die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Anmeldung nicht zurückgewiesen wurde (siehe auch T 222/87). Nach Ansicht der Kammer in T 47/94 ist es außerdem weder notwendig noch angemessen, eine mündliche Verhandlung allein zur Erörterung der Frage anzuberaumen, ob die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen ist oder nicht (siehe auch T 1051/20), zumal dies die endgültige Entscheidung weiter verzögern würde.