2. Europäische Eignungsprüfung
2.3. Beschwerden über den Ablauf der Prüfung – Pflichten der Prüfungskommission
Beschwerden von Bewerbern über den Ablauf der Prüfung müssen spätestens am Tag nach der betreffenden Prüfungsaufgabe vorgebracht werden (R. 19 (3) ABVEP; gemäß R. 19 (3) ABVEP 2009 mussten sie spätestens 30 Minuten nach dem Schlusssignal am letzten Prüfungstag übergeben werden).
In D 17/96, D 2/97, D 2/99, D 3/99 hat die BKD darauf hingewiesen, dass eine frist- und formgerecht vorgebrachte Beschwerde gemäß den damals geltenden Anweisungen an die Bewerber für den Ablauf der Prüfung (ABl. 1995, 145) und den früheren Anweisungen an die Aufsichtspersonen (ABl. 1995, 153; s. jetzt R. 19 (3) ABVEP) von der Prüfungskommission zu behandeln sei. Hierbei ist es die Pflicht der Prüfungskommission, dem Beschwerdeführer ihre vorläufige Meinung mitzuteilen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Kommt die Prüfungskommission dieser Verpflichtung nicht nach, so verletzt sie allgemein anerkannte Grundsätze des Verfahrensrechts (Art. 125 EPÜ), insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 113 (1) EPÜ).
Nach D 3/04 ließ die angefochtene Entscheidung nicht erkennen, dass das Prüfungssekretariat die Beschwerde des Beschwerdeführers über unangemessene Bedingungen während der Prüfung berücksichtigt hatte. Nach Ansicht der Kammer sollte die Prüfungskommission kurz begründen, warum ihrer Meinung nach die Umstände, auf die sich eine Beschwerde stützt, nicht die Vergabe zusätzlicher Punkte rechtfertigen. S. jetzt R. 19 (4) ABVEP und z. B. D 12/21 and D 26/21. Nach Auffassung der Kammer in D 39/22 stellte das Versäumnis der Prüfungskommission, den genauen Zeitverlust anzugeben, den sie in ihrer Ausgleichsberechnung berücksichtigt hatte, einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach R. 19 (4) ABVEP dar (s. auch dieses Kapitel V.C.2.2.2). Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die BKD in D 26/22. Der BKD zufolge hatte die Prüfungskommission es auch hier versäumt zu erklären, warum sie die in D 37/21 vorgeschlagene erste Berechnungsmethode verwendet hatte (siehe in diesem Kapitel V.C.2.2.2).
In der Sache D 3/10 brachte der Beschwerdeführer eine Beanstandung wegen Störungen während der Prüfung erst mit der Beschwerde vor. Die Kammer hielt eine Bewertung der angeblichen Störungen im Rahmen einer Beschwerde ohne vorangehende Entscheidung der Prüfungskommission für nicht zulässig. Durch die Unterlassung einer Beschwerde entsprechend den Vorschriften der R. 19 (3) ABVEP 2009 entzog er der Prüfungskommission die Möglichkeit, die genauen Umstände festzustellen und darauf zu reagieren, ggf. mit einer Entscheidung (s. R. 19 (4) ABVEP) oder die vorgebrachten Tatsachen in der Entscheidung über das Prüfungsergebnis gemäß Art. 6 (5) VEP zu behandeln (s. oben D 3/04).
Der in D 3/10 eingenommene Standpunkt wurde in D 11/19 bekräftigt. Die Kammer prüfte jedoch darüber hinaus, ob R. 19 (3) ABVEP 2009 für den vorliegenden Fall relevant war. Es ging um die besonderen Bedingungen eines Pilotprojekts, bei dem 15 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte EEP-Bewerber (zu denen der Beschwerdeführer nicht zählte) während der Prüfung auch einen Laptop mit einem Text-Editor verwenden durften. Die Kammer befand, dass das Pilotprojekt – da es räumlich getrennt durchgeführt wurde – nicht die Durchführung der Prüfung nach dem regulären Verfahren beeinträchtigte und für die übrigen Bewerber nicht feststellbar war. Daher kam die R. 19 (3) ABVEP 2009 vorliegend nicht zum Tragen. Im Übrigen erlangte der Beschwerdeführer erst nachträglich vom Pilotversuch Kenntnis, weshalb ein Vorbringen zu einem früheren Zeitpunkt als mit seiner Beschwerde gar nicht möglich und nach Treu und Glauben auch nicht zu erwarten war. Im Rahmen des Abhilfeverfahrens (Art. 24 (3) VEP) hätte die Prüfungskommission die Möglichkeit und die Pflicht gehabt, ihre Entscheidung über das Prüfungsergebnis im Lichte des Vorbringens des Beschwerdeführers zu prüfen. S. auch dieses Kapitel V.C.2.2.4.
In D 45/21 entschied die Kammer, dass die Beweislast dafür, dass eine fristgerechte Einreichung nach R. 19 (3) ABVEP 2009 beim EPA eingegangen ist, beim Beschwerdeführer liegt (s. T 1200/01, T 2454/11 und T 1587/17 in Kapitel III.G.4.3.7 sowie D 17/19).