Stärker, schneller, effizienter: Japanisches Forschungsteam gewinnt Europäischen Erfinderpreis für Material der Superlative
- Europäisches Patentamt (EPA) zeichnet Sumio Iijima, Akira Koshio und Masako Yudasaka in der Kategorie „Außereuropäische Staaten" für die Entdeckung von Kohlenstoffnanoröhren sowie die Entwicklung eines Herstellungsprozesses für deren Produktion aus
- Neuartige Strukturform von Kohlenstoff macht bestehende Technologien schneller, leichter und leistungsfähiger
- Nahezu unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten in der Luft- und Raumfahrttechnik, Automobilindustrie oder Biomedizin
- EPA-Präsident Battistelli: „Kohlenstoffnanoröhren sind ein Material der Zukunft"
Paris/München, 11. Juni 2015 - Sie sind winzig klein und besitzen riesiges Potenzial: Kohlenstoffnanoröhren. Die bis zu ihrer Entdeckung durch den Japaner Sumio Ijima unbekannte Strukturform von Kohlenstoff verfügt über einzigartige physikalische Eigenschaften, die leistungsstarke Computer noch schneller und Autokarosserien leichter und stabiler machen. Für die Entdeckung der Kohlenstoffnanoröhren sowie die Entwicklung eines Herstellungsprozesses mithilfe von Plasma wurde das Forschungsteam um Sumio Iijima, Akira Koshio und Masako Yudasaka des japanischen Konzerns NEC heute im Palais Brongniart, der histoischen Pariser Börse, mit dem Europäischen Erfinderpreis 2015 in der Kategorie „Außereuropäische Staaten" ausgezeichnet worden. Die Jury zeigte sich von den nahezu unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten der kleinen Moleküle überzeugt.
„Dank der Forschung von Sumio Iijima, Akira Koshio und Masako Yudasaka können Zukunftsvisionen wie der Fahrstuhl in den Weltraum oder die zielgerichtete Behandlung von Krankheiten mit Nanopartikeln Wirklichkeit werden", sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der feierlichen Preisverleihung vor 400 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Der prestigeträchtige Preis, der herausragende Erfinder für ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung, technischem Fortschritt und wirtschaftlichem Wachstums auszeichnet, ist vom EPA bereits zum 10. Mal verliehen worden. „Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Nutzen von Kohlenstoffnanoröhren ist aufgrund ihrer vielseitigen Anwendungsgebiete enorm. Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung, doch sie haben das Potenzial, Technologiebereiche wie die Luft- und Raumfahrttechnik oder die Biomedizin zu revolutionieren."
Ein Blick in die Zukunft
Das Element Kohlenstoff ist ein wahres Multitalent: Kohlenstoffverbindungen bilden die Grundlage für alles Leben auf der Erde und sind in Form von fossilen Brennstoffen nach wie vor die wichtigste Energiequelle. Aber auch in seiner reinen Form verfügt Kohlenstoff über zahlreiche nützliche Eigenschaften. Bis zur Entdeckung der Kohlestoffnanoröhren durch Sumio Iijima im Jahr 1991 waren nur drei Formen von reinem Kohlenstoff bekannt: Diamant, Graphit und hohle, wie Fußbälle geformte Fullerene. Der Physiker hatte zuvor jahrelang an atomaren Strukturen geforscht und dabei das erste hochauflösende Elektronenmikroskop entwickelt. „Die Entdeckung war Zufall, und dann auch wieder nicht. Ich habe so viel Erfahrung mit dem Mikroskop, dass die Entdeckung fast unumgänglich war", sagt der 75-Jährige rückblickend. Iijimas langjährige Arbeit und sein spektakulärer Fund gelten als Meilenstein in der Materialwissenschaft.
Wer die winzigen Röhren unter dem Mikroskop betrachtet, richtet seinen Blick gewissermaßen auf eine materialtechnisch vielversprechende Zukunft: Die wabenförmig angeordneten Kohlenstoffatome bilden eine röhrenförmige Struktur, die einem Stück Maschendrahtzaun gleicht, dessen Enden man miteinander verbindet. Diese Struktur verleiht ihnen physikalische Eigenschaften, die sie stärker als Stahl und zugleich federleicht machen. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch eine extrem hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit aus. Bereits heute können Materialien wie Polymere oder Metalle mit Kohlenstoffnanoröhren als Füllstoff deutlich verbessert werden: So werden Solarmodule effizienter, Computer schneller und Auto- und Flugzeugteile robuster.
Unbegrenzte Möglichkeiten
Die nächste Herausforderung nach der Entdeckung war die Entwicklung eines geeigneten Herstellungsverfahrens. Für die Produktion benötigte man anfangs Eisen als metallischen Katalysator. Der Nachteil: Das Eisen verunreinigt die Kohlenstoffnanoröhren und ist für Menschen giftig. Sumio Iijima, Akira Koshio und Masako Yudasaka erarbeiteten daher die Plasma-Methode: Bei diesem Herstellungsverfahren werden Kohlenstäbe in heißem Plasma verdampft. „Wir haben fünf Jahre lang geforscht. Schließlich hat es geklappt: Herausgekommen sind sehr reine Kohlenstoffnanoröhren in hervorragender Qualität", sagt Akira Koshio über die Leistung des Forschungsteams. Durch den Reinheitsgrad eröffneten sich völlig neue Einsatzgebiete: „Kohlenstoffnanoröhren könnten zukünftig in der Medizin eine wichtige Rolle spielen. Sie haben das Potenzial Medikamente zu Krebszellen zu transportieren, beim Aufspüren von Tumoren zu helfen und Krankheiten bei Bluttests schnell zu erkennen", so Masako Yudasaka über die Vorteile des Plasmaverfahrens.
Kohlenstoffnanoröhren gelten als bedeutende Zukunftstechnologie und die Kommerzialisierung läuft auf Hochtouren. Weltweit wird der Umsatz bis 2016 Schätzungen zufolge auf 913 Millionen Euro anwachsen.
Medien- und Servicepaket zu Sumio Iijima, Akira Koshio, Masako Yudasaka:
Der Blick auf das Patent: EP1464618
Video- und Fotomaterial zum Europäischen Erfinderpreis 2015 |
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