Massai-Unternehmer Richard Turere (22) gewinnt Young Inventors Prize für sein Leuchtsystem zum Schutz von Nutztieren, Wildtieren und menschlichen Existenzgrundlagen
- Richard Turere ist der Gewinner des im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises vergebenen Nachwuchspreises „Young Inventors Prize“
- Das Europäische Patentamt (EPA) zeichnet Turere für die Erfindung eines Leuchtsystems aus, das Löwen abschreckt und damit Vieh vor Raubtieren schützt
- Das einfache und dennoch innovative Blinklichtsystem wird bereits erfolgreich in Afrika, Indien und Lateinamerika eingesetzt
München, 4. Juli 2023 – Das Europäische Patentamt (EPA) hat heute bekannt gegeben, dass der Erfinder Richard Turere von der Volksgruppe der Massai beim Young Inventors Prize im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2023 den ersten Platz belegt. Turere wird dafür ausgezeichnet, dass er ein auf Leuchtsequenzen basierendes System entwickelt hat, das Löwen und andere Raubtiere davon abhält, Vieh zu reißen. So konnte er die Nutztiere seiner Dorfgemeinschaft schützen, ohne den Bestand der vom Aussterben bedrohten Löwen zu gefährden.
„Manche Leute denken heute sicher, mein Team und ich seien zu jung, um uns ernst nehmen zu können. Aber durch das, was wir erreichen, werden wir sie überzeugen, an uns zu glauben, und Anerkennungen wie der Young Inventors Prize sind sind Teil dieses Weges”, erklärt Turere.
Der World Wide Fund for Nature (WWF). geht davon aus, dass die Löwenpopulation in Afrika in den letzten 20 Jahren um 43 % zurückgegangen ist und nur noch etwa 20 000 Exemplare auf dem gesamten Kontinent umfasst. Viele Löwen werden getötet, weil sie das für die Menschen so wertvolle Vieh reißen. Für die Massai in Kenia ist das ein großes Problem.
Turere wird zum Gewinner der zweiten Auflage des Young Inventors Prize erklärt. Diesen Preis hat das Europäische Patentamt (EPA) als Ansporn für die nächste Generation von Erfinderinnen und Erfindern ins Leben gerufen. Ausgezeichnet werden damit innovative junge Menschen im Alter von bis zu 30 Jahren, die technische Lösungen zur Bewältigung globaler Probleme entwickelt haben und damit zur Erreichung der Ziele der Vereinten Nationen (SDGs) für nachhaltige Entwicklung beitragen. Tureres Erfindung leistet einen Beitrag zum UN-Nachhaltigkeitsziel 15 (Leben an Land), bei dem es um den Schutz, die Wiederherstellung und die Förderung der nachhaltigen Nutzung von Landökosystemen geht.
Schutz von Jägern und Gejagten
Im Nairobi-Nationalpark, in dessen Nähe Turere aufgewachsen ist, suchen Tiere, die ins Beuteschema von Raubtieren fallen, häufig Schutz auf dem Gelände von Dorfgemeinschaften. Dadurch locken sie aber Löwen in die menschlichen Siedlungen, und die Löwen nutzen die Gelegenheit, die dort gehaltenen Nutztiere zu jagen, die leichte Beute für sie sind. Das Vieh ist für die lokalen Gemeinschaften meist eine lebenswichtige Nahrungs- und Einkommensquelle. Versuche der Regierung, die Farmer für den Verlust ihrer Tiere finanziell zu entschädigen, erwiesen sich als zu teuer und nicht nachhaltig. Um das Risiko zu verringern, töteten die Menschen daher viele Löwen – mit erheblichen Auswirkungen auf den Löwenbestand und die Artenvielfalt in den betroffenen Regionen, und damit auch auf den Tourismus.
Turere suchte nach Lösungen und tüftelte so lange, bis er schließlich sein System Lion Lights™ entwickelt hatte. Es basiert auf der einfachen Idee, menschliche Präsenz vorzutäuschen, denn diese hält die Löwen fern. Das System arbeitet mit Leuchtvorrichtungen, die auf den Zäunen montiert werden und wechselnde Blinksequenzen erzeugen, sodass die Löwen sich nicht an wiederkehrende Muster gewöhnen können. Schon bald sprach sich herum, was Turere da erfunden hatte, und so wollten auch andere Mitglieder der Gemeinschaft das System auf ihrem Land einsetzen. Mittlerweile nutzen mehr als 2 000 Viehbesitzer in Kenia Lion Lights. Das System wird standardmäßig mit Sonnenenergie betrieben, kann aber bei fehlender Sonneneinstrahlung auch mit Windenergie gekoppelt werden. Die Erfindung hat international Aufmerksamkeit erregt und wird bereits in diversen weiteren Ländern eingesetzt, beispielsweise in Tansania, Botswana, Namibia, Argentinien und Indien, wo es dazu beiträgt, diverse Wildtiere wie Hyänen, Leoparden und Geparden abzuschrecken.
„Ich möchte, dass diese Geschichte junge Menschen inspiriert und ihnen zeigt, dass auch sie etwas bewirken können. Jeder kann es schaffen. Jeder kann die Welt verändern,” ist Turere überzeugt.
Die Gewinnerinnen und Gewinner des Young Inventors Prize wurden bei der hybriden Preisverleihungszeremonie des Europäischen Erfinderpreises 2023 bekannt gegeben, die heute in Valencia (Spanien) stattfand. Sie können die Zeremonie auf dieser Seite streamen.
Weitere Informationen zu den Auswirkungen der Erfindung und deren Technologie sowie die Geschichte des Erfinders finden Sie hier.
Pressematerial
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Fotos Preisverleihung (für Videos im MXF-Format wenden Sie sich bitte an press@epo.org)
Medienkontakte Europäisches Patentamt
Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation / EPA-Sprecher
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Über den Erfinder
Richard Turere hat das System Lion Lights im Alter von 11 Jahren erfunden. Als Massai-Junge war er mit der lebenswichtigen Aufgabe betraut, das Vieh der Familie zu hüten und vor Raubtieren zu schützen. So erkannte er die Notwendigkeit, eine Lösung zu finden, mit der man Löwen und andere Raubtiere davon abhalten konnte, das Vieh anzugreifen. Vor diesem Hintergrund entwickelte er das innovative Leuchtsystem, das mittlerweile weltweit
Anerkennung findet. 2013 gründete er das Unternehmen Lion Lights, für das inzwischen mehr als 50 junge Menschen seiner Heimatgemeinde tätig sind.
Auch die von Dr. Paula Kahumbu geleitete Organisation Wildlife-Direct, die sich für den Schutz der afrikanischen Tierwelt einsetzt, wurde auf Tureres Einsatz und seinen Einfallsreichtum aufmerksam. Sie verhalf Turere zu einem Stipendium für die Brookhouse School in Nairobi, wo er sein Abitur machte. Anschließend erwarb er an der African Leadership University einen BA „Global Challenges and Wildlife Conservation“. Seine Leistungen haben Turere bereits zahlreiche Auszeichnungen eingebracht, darunter auch eine besondere Erwähnung bei den „Africa Leadership Awards“. Bei den „Anzisha Prize Awards“ schaffte er es unter die Finalisten, und 2020 wurde ihm der Titel „National Geographic Young Explorer“ verliehen. Auch beim „Future for Nature Award“ gehörte er 2021 zu den Finalisten.
Über den Young Inventors Prize
Als Ansporn für die kommende Generation von Erfinderinnen und Erfindern hat das Europäische Patentamt 2021 den Young Inventors Prize ins Leben gerufen. Der Preis richtet sich an innovative junge Menschen im Alter von bis zu 30 Jahren aus der ganzen Welt und würdigt Initiativen, bei denen technische Lösungen eingesetzt werden, die zur Erreichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung beitragen. Der erste Platz ist mit 20 000 EUR dotiert, der zweite mit 10 000 und der dritte mit 5 000 EUR. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die aus ehemaligen Finalisten und Finalistinnen des Europäischen Erfinderpreises besteht. Die Auszeichnung wird im Rahmen der hybriden Preisverleihungszeremonie des Europäischen Erfinderpreises 2023 am 4. Juli verliehen. Anders als bei den traditionellen Kategorien des Europäischen Erfinderpreises ist die Erteilung eines europäischen Patents keine Teilnahmevoraussetzung. Weitere Informationen zu den Teilnahmebedingungen und Auswahlkriterien für den Young Inventors Prize finden Sie hier.
Über das Europäische Patentamt
Mit 6 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist außerdem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.