Energiespeicher der nächsten Generation für Offshore-Windparks: Maltesische Ingenieure als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2024 nominiert
- Tonio Sant, Daniel Buhagiar und ihr Team haben ein mechanisches Energiespeichersystem entwickelt, das Offshore-Windkraft zuverlässiger und planbarer machen könnte.
- Ihre Erfindung nutzt das Meer zur Wärmeableitung, womit sie die Mechanik des Speichers vereinfachen konnten, so dass dieser Energie schneller speichern und wieder abgeben kann.
- Das maltesische Team tritt in der Kategorie "Forschung" gegen ein deutsches und ein französisches Team an. Die Namen der Gewinnerinnen und Gewinner werden am 9. Juli in Malta verkündet.
- Ab heute kann für den Publikumspreis abgestimmt werden.
München, 16. Mai 2024 – Laut der Europäischen Umweltagentur (EUA) starben in den letzten 40 Jahren europaweit zwischen 85 000 und 145 000 Menschen bei aufgrund des Klimawandels verursachten extremen Unwettern. Zusätzlich dazu könnten sich die wirtschaftlichen Schäden durch den Klimawandel infolge der Nutzung fossiler Brennstoffe allein durch Hitzewellen und der Überflutung von Küstengebieten in naher Zukunft auf mehr als 1 Billion Euro pro Jahr belaufen. Erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne sind wesentliche Faktoren zur Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen geworden, doch ihre unregelmäßige und schwankende Verfügbarkeit stellt ein Problem dar. Dieser Strom muss effizient gespeichert und bedarfsgerecht wieder abgegeben werden können. Zwei Ingenieure aus Malta haben sich dieses Problems angenommen und das mechanische Offshore-Energiespeichersystem FLASC entwickelt, das Windenergie speichern und nach Bedarf wieder freisetzen kann. Hierfür wurden Tonio Sant, Daniel Buhagiar und ihr Team unter 550 Kandidatinnen und Kandidaten als Finalisten in der Kategorie "Forschung" des Europäischen Erfinderpreises 2024 nominiert.
Effizienzsteigerung durch das Meer
Das FLASC-System kann große Energiemengen sicher und nachhaltig speichern. Die meisten Komponenten sind direkt im Windpark unter Wasser angeordnet. Der von der Windkraftanlage erzeugte überschüssige Strom wird in Form von Druckluft gespeichert, wobei unter Druck stehendes Meerwasser als hydraulischer Kolben in Hochdruckbehältern fungiert. Das System nutzt das Meer selbst als Kühlkörper, wodurch eines der größten Probleme von Speichervorrichtungen dieser Art wegfällt. "Bei der Komprimierung der Luft in den Druckbehältern nimmt das Meerwasser die entstehende Wärme auf und verteilt sie effektiv, ohne messbare Temperaturzunahme. Wenn wir das sich ausdehnende Gas zur Stromerzeugung nutzen, stabilisiert das Meer die Temperatur unserer Luft, so dass sie sich gleichmäßig ausdehnen und die benötigte Menge Strom erzeugen kann", erklärt Sant. "Dadurch können wir die Technologie vereinfachen. Aktuelle Druckluftspeichersysteme benötigen zusätzliche Ausrüstungsteile zur Speicherung der erzeugten Wärme, um Energieverluste zu begrenzen. Wir brauchen keinen solchen Wärmespeicher, wir haben das Meer", fügt er hinzu.
Bei schwachem Wind kann dieser Prozess umgekehrt werden: Die in der Druckluft gespeicherte Energie treibt dann eine Turbine an, die Strom erzeugt. Laut den Erfindern ermöglicht das hocheffiziente Verfahren eine Rückgewinnung von 93 % des Gases, was einen hohen Gesamtwirkungsgrad ergibt.
Keine einfache akademische Übung
Das System wurde im Rahmen von Buhagiars Promotion an der Universität Malta entwickelt, betreut von Professor Tonio Sant vom Fachbereich Maschinenbau. Das anfängliche akademische Problem wurde zu etwas viel Größerem, als das Wissenstransfer-büro der Universität die Idee für gut genug befand, um sie patentieren zu lassen. "Als kleine Insel betrachten wir das Meer immer als Ressource. Die Idee war also einfach: Wie wäre es, ein Energiespeichersystem zu entwickeln, das in einem bereits bestehenden Offshore-Windpark installiert wird?", erläutert Buhagiar die Inspiration. "Beim Bau des Prototyps hatten wir keine Ahnung, dass dies ein Schritt zur Kommerzialisierung sein würde. Es war eher eine akademische Übung zur Validierung der Modelle", berichtet er weiter.
Die Universität Malta entwickelte zusammen mit dem FLASC-Team das Spin-off-Unternehmen FLASC B.V., mit dem Ziel der Hochskalierung. Das Team ist eines von drei Finalisten in der Kategorie "Forschung" des Europäischen Erfinderpreises 2024. Die anderen für ihre herausragenden Arbeiten in diesem Bereich anerkannten Finalisten sind die Deutsche Cordelia Schmid für ihre KI-Lösungen, die eine verbesserte maschinelle Wahrnehmung ermöglichen, die der menschlichen visuellen Interpretation ähnelt, sowie ein französisches Team unter Leitung von David Devos und Caroline Moreau für ihre innovativen Parkinson-Therapien. Das Europäische Patentamt (EPA) wird die Gewinnerinnen und Gewinner am 9. Juli 2024 im Rahmen einer per Livestream übertragenen Preisverleihung aus Sants und Buhagiars Heimatland Malta bekannt geben. Zusätzlich zu den einzelnen Kategorien wird das EPA dann auch die Sieger des per Online-Abstimmung ermittelten Publikumspreises bekannt geben. Die Stimmabgabe ist bis zum Tag der Preisverleihung möglich.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
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Luis Berenguer Giménez
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Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Mit dem 2006 vom EPA ins Leben gerufenen Preis werden Einzelpersonen und Teams ausgezeichnet, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises besteht aus Erfindern, die allesamt ehemalige Finalistinnen und Finalisten sind. Bei der Beurteilung der Vorschläge stützt sich die unabhängige Jury auf ihr umfangreiches Fachwissen in den Bereichen Technik, Wirtschaft und geistiges Eigentum. Im Jahr 2024 hat Wolfgang M. Heckl den Vorsitz der Jury inne. Alle Erfinder müssen für ihre Erfindung ein europäisches Patent erhalten haben. Weitere Informationen zu den verschiedenen Kategorien und Preisen, den für die Auswahl geltenden Kriterien und zur Preisverleihungszeremonie am 9. Juli 2024 in Malta, die im Livestream verfolgt werden kann.
Über das EPA
Mit 6 300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das Amt, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist zudem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.