Die niederländische Wissenschaftlerin Rochelle Niemeijer sichert sich mit ihrem portablen, KI-gestützten Testkit für den Nachweis bakterieller Infektionen den ersten Platz beim Young Inventors Prize
- Die 29-jährige Rochelle Niemeijer belegt unter drei Finalisten Platz eins bei dem im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024 vergebenen Young Inventors Prize.
- Das Europäische Patentamt (EPA) würdigt die junge niederländische Erfinderin für ihre Entwicklung eines schnellen, leistbaren und datengestützten Diagnosetools zur Erkennung bakterieller Infektionen, das bessere Behandlungen ermöglicht.
- Niemeijers Erfindung konzentriert sich in erster Linie auf Harnwegsinfekte, die häufigste Infektionsart, die jährlich 400 Millionen Menschen betrifft.
München, 9. Juli 2024 – Heute hat das Europäische Patentamt (EPA) bekannt gegeben, dass der erste Platz des im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024 vergebenen "Young Inventors Prize" an die 29-jährige niederländische Wissenschaftlerin Rochelle Niemeijer geht. Ihr KI-gestütztes, portables Mini-Chemielabor für den schnellen Nachweis bakterieller Infektionen wie etwa Harnwegsinfekte wird mit 20 000 EUR prämiert. Der ukrainische Erfinder Valentyn Frechka sicherte sich mit seiner nachhaltigen Papierherstellung den mit 10 000 EUR Preisgeld dotierten zweiten Platz. Der dritte Platz ging an ein Team junger tunesischer Frauen bestehend aus Khaoula Ben Ahmed, Ghofrane Ayari, Souleima Ben Temime und Sirine Ayari, die sich über 5 000 EUR für ihre innovative, intelligente Rollstuhlsteuerung freuen dürfen.
"Um neuartige und für Patientinnen und Patienten leicht zugängliche Diagnosetechnologien entwickeln zu können, braucht es Vertrauen und Unterstützung. Der Young Inventors Prize des EPA bringt uns einen großen Schritt nach vorn und schenkt uns den Vertrauensvorschuss, den es für diesen Wandel in der Krankheitsdiagnose braucht", freut sich Rochelle Niemeijer.
Mehr als 400 Millionen Menschen sind jedes Jahr von Harnwegsinfekten betroffen, wobei 50 % bis 60 % der Frauen mindestens einmal in ihrem Leben einen Harnwegsinfekt haben. Infolgedessen werden viele Behandlungen ohne angemessene Diagnose durchgeführt oder es kommt zu einem übermäßigen Einsatz von Antibiotika – ein weitverbreitetes Problem, dem Niemeijer die Stirn bieten möchte.
Verbesserung der medizinischen Versorgung dank KI
"Das Schreckgespenst einer Zukunft, in der sich Infektionen nicht mehr mit Antibiotika behandeln lassen, ist nicht mehr weit entfernt, wenn wir unser Verhalten nicht bald ändern. Bei den Antibiotika gehen Veränderungen nur langsam voran und die Entwicklung eines neuen Antibiotikums dauert länger als die Herausbildung resistenter Bakterien. Wenn wir die Wirksamkeit vorhandener und neuer Antibiotika erhalten wollten, müssen wir dafür sorgen, dass sie richtig eingesetzt werden – und das soll mit unserem Testverfahren einfacher werden", erklärt Niemeijer.
Nostics, Niemeijers Start-up-Unternehmen im Bereich Medizintechnik, hat zu diesem Zweck bisher 10 Millionen EUR an Zuschüssen für die Entwicklung schneller, erschwinglicher und datengestützter Diagnosetools in Form einer tragbaren Plattform für Ärztinnen und Ärzte erhalten. Dieses KI-gestützte Gerät erkennt Bakterien im Handumdrehen und ermöglicht eine präzise Abstimmung des zur Behandlung eingesetzten Antibiotikums auf die Art der Infektion. Dabei vereint es SERS-Chips (Surface-Enhanced Raman Spectroscopy – Lasertechnologie) mit KI-getriebener Software, die Bakterien innerhalb von 15 Minuten ohne umfangreiche Laborausrüstung oder Vorkenntnisse identifizieren kann.
Diese vielseitige Technologie ist unter Bedingungen mit beschränkten Ressourcen und für die patientennahe Sofortdiagnostik (POCT) geeignet und kann an unterschiedliche Bedürfnisse angepasst werden. Nostics plant die Ausweitung des Anwendungsspektrums auf sexuell übertragbare Krankheiten, Pilzinfektionen und Infektionen der Blutbahn.
Die Gewinnerinnen und Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2024 wurden heute bei einer Hybridveranstaltung in Malta bekannt gegeben. Die Veranstaltung können Sie online streamen.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die dahinterstehende Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
Die nächste Ausgabe des Young Inventors Prize findet 2025 in Island statt
Beim heutigen Festakt in Malta durfte das Europäische Patentamt (EPA) auch das neue Konzept für die Preisverleihung bekannt geben, das ab 2025 zum Tragen kommen wird. Vom nächsten Jahr an soll der Preis alle zwei Jahre vergeben werden, wobei sich die nächste Ausgabe vorrangig an junge Erfinderinnen und Erfinder unter 30 richtet, deren Erfindungen eines oder mehrere Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) abdecken. Dabei soll eine unabhängige Jury früherer Finalistinnen und Finalisten die Einreichungen beurteilen und auf diese Weisen ein faires und fundiertes Auswahlverfahren ermöglichen, das den Innovationsgeist und die Errungenschaften der nächsten Generation von Erfinderinnen und Erfindern Rechenschaft würdigt. Die erste Ausgabe dieses neuen, zweijährlichen Formats soll 2025 in Island stattfinden. Nominierungen für alle Technologiebereiche werden ab heute bis Ende September entgegengenommen.
In den dazwischenliegenden Jahren ab 2026 wird das EPA zum ursprünglichen Konzept des Europäischen Erfinderpreises in den klassischen Kategorien "Industrie", "Forschung", "KMU", "Nicht-EPO-Staaten", "Lebenswerk" und "Publikumspreis" zurückkehren.
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Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation / EPA-Sprecher
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Über die Erfinderin
Rochelle Niemeijers Wunsch, Ärztin zu werden, um anderen Menschen helfen zu können, verfestigte sich während ihres Freiwilligeneinsatzes in einem Krankenhaus in Samraong, Kambodscha, im Jahr 2012. Dort wurde sie immer wieder Zeugin eines verheerenden Mangels an Ressourcen, was sie dazu veranlasste, sich der Nanobiologie zuzuwenden, einer Kombination aus Technologie und Medizin.
Nach Abschluss ihres Bachelor- und Master-Studiums an der Technischen Universität in Delft arbeitete sie eine Zeit lang als Anwendungstechnikerin und entwickelte nachhaltige Geräte mithilfe von Nanopartikeln. Im April 2020 wurde sie Mitbegründerin und Chief Scientific Officer von Nostics, um innovative Diagnoseverfahren unter Verwendung von Nanotechnologie, Photonik und maschinellem Lernen zu entwickeln.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und würdigt Einzelpersonen oder Teams, die mit ihren wegweisenden Erfindungen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury aus früheren Finalistinnen und Finalisten ausgewählt. Gemeinsam beurteilen sie, welchen Beitrag die Vorschläge hinsichtlich technischen Fortschritts, sozialer und nachhaltiger Entwicklung und wirtschaftlichem Wohlstand leisten. Alle Erfinder müssen ein europäisches Patent für ihre Erfindung erhalten haben.
Das EPA
Mit 6.300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist ferner weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.